Serie Denkanstoss Reden ist Gold

Mönchengladbach · Es bleibt dabei, am Aschermittwoch ist nicht alles vorbei, sondern mit ihm fängt etwas an: natürlich die Fastenzeit! Zugegeben ist es aus der Mode gekommen, aus religiösen Motiven zu fasten, doch für die Fitness und Gesundheit ist man schon bereit, Verzicht zu üben. So ist die Zäsur des Aschermittwochs auch für Glaubens- und Kirchenferne durchaus ein markantes Datum. In diesem Jahr in besonderer Weise aber auch für das Bistum Aachen, denn unser Bischof Helmut Dieser hat in seiner Silvesterpredigt einen synodalen Veränderungsprozess ausgerufen. Unter dem Thema "Heute bei dir" sollen als erster Schritt neue Kommunikationsbrücken von der Kirche in "die Welt" geschlagen werden, damit wir im Gespräch einander mehr kennen- und damit besser verstehen lernen. Um Missverständnisse, Vorurteile, gar Ressentiments zu vermeiden, ist Reden immer Gold!

 "Kommunikation tut immer gut - in der Familie, im Freundeskreis und in der Nachbarschaft", sagt unser Autor.

"Kommunikation tut immer gut - in der Familie, im Freundeskreis und in der Nachbarschaft", sagt unser Autor.

Foto: Köhlen

An dieser Kommunikation will sich auch unser Pfarrgemeinderat beteiligen, und da Kirchenportale bei Reformprozessen schon früher eine besondere Rolle spielten, stehen an fünf Samstagen in der Fastenzeit (24.2. und 3./10./17./24.3.) von 10.30 bis 12.30 Uhr die Türen von St. Marien, Rheydt, weit offen, um ein Ort der Begegnung zu werden. An der Schwelle zwischen Welt und Kirche wollen unsere Pfarrgemeinderatsmitglieder sich mit den Passanten austauschen, damit Schwellenängste schwinden und im Dialog der Reichtum des jeweils anderen entdeckt werden kann. Das könnte vielleicht sogar zum Fastenzeitvorsatz 2018 von uns allen werden, mehr Kommunikation zu wagen; heuer nicht das Weniger, sondern das Mehr in den Fokus zu nehmen. Mehr Achtsamkeit für den Anderen führt zu einem Mehr an Begegnung und daraus kann ein Mehr an Kommunikation erwachsen. Denn sie kann nur dort gelingen, wo wir uns dem Du zuwenden, ihm zeigen, dass es uns wichtig ist. Deswegen tut Kommunikation immer gut, in den Partnerschaften und Familien, in der Verwandtschaft und im Freundeskreis, unter den Kollegen und in der Nachbarschaft, mit dem Nächsten in der Kassenschlange wie mit dem Kassierer, mit dem Banknachbarn im Park oder in der Kirche. Dabei darf Kommunikation nicht mit Geschwätzigkeit verwechselt werden, ein freundliches Winken, ein herzlicher Gruß, ein ermunterndes Wort reicht manchmal aus, ein anderes Mal wiederum kann es der Einstieg in ein gutes Gespräch sein. Kommunikation ist Wahrnehmung, ist Wertschätzung des Anderen. Aber sie ist auch unerlässlich für einen selbst! Wo immer wir miteinander kommunizieren, verschenken wir uns nicht an das Du, sondern beschenken das eigene Ich! Denn durch die anderen wird man bereichert, gewinnt man an Erfahrung, vergrößert man seine Möglichkeiten. In ihrem Gedicht "Es gibt dich" geht die Dichterin Hilde Domin noch viel weiter: "... Wo sich Augen treffen / entstehst du. ... Es gibt dich / weil Augen dich wollen, / dich ansehen und sagen / dass es dich gibt." Wir finden zur eigenen Existenz durch die Augenkommunikation mit dem Du. Natürlich ist es nicht falsch, in den kommenden Wochen vielleicht auf das ein oder andere Genussmittel zu verzichten. Aber wichtiger scheint mir, mehr Augenmerk auf die nahen und fernen Nächsten zu legen. Das miteinander Reden ist Gold, und wo wir uns darauf einlassen, da wird es uns verändern, und mit uns verändert sich dann auch unsere Gesellschaft. Und nicht nur der Liebe Gott weiß, dass dies wirklich bitter nötig ist; und deswegen freut er sich über jeden Augenblick in der vor uns liegenden Fastenzeit, den wir nutzen!

DER AUTOR IST PFARRER VON ST. MARIEN, RHEYDT, UND VOM TROSTRAUM ST. JOSEF GRABESKIRCHE

(RP)
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