Mönchengladbach Reisende in Sachen Flüchtlingskrise

Mönchengladbach · Bei ihrem Besuch im Übergangsheim an der Brucknerallee verspricht die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özuguz, dass Asylanträge schneller bearbeitet werden. Eine Obergrenze für Flüchtlinge lehnt die SPD-Politikerin ab.

 Namori Kamara (2.v.l.) aus Guinea will von Aydan Özuguz (2.v.r.) wissen, warum er so lange auf eine Entscheidung über seinen Asylantrag wartet. Rechts neben ihm seine Mitbewohner Teame Hadish (Eritrea) und Bakary Sabally (Mali).

Namori Kamara (2.v.l.) aus Guinea will von Aydan Özuguz (2.v.r.) wissen, warum er so lange auf eine Entscheidung über seinen Asylantrag wartet. Rechts neben ihm seine Mitbewohner Teame Hadish (Eritrea) und Bakary Sabally (Mali).

Foto: Raupold

Aydan Özuguz hat schon viele Flüchtlinge kennengelernt. Aber nur wenige sprechen so gut Deutsch und fragen bei der Staatsministerin so genau nach wie Namori Kamara. "Ich will wissen, warum Sie hierher kommen", sagt der junge Mann aus Guinea in nahezu perfektem Deutsch, als Özuguz mitsamt der SPD-Bundestagsabgeordneten Gülistan Yüksel und Gefolge in seinem Schlafzimmer im städtischen Flüchtlingsheim an der Brucknerallee steht. Drei Betten, Tisch, Fernseher, Kochplatten, Metallschränke. Draußen auf dem Flur läuft die Waschmaschine, irgendwo kocht jemand. Der Seminarraum für die Deutschkurse ist gleich nebenan.

Es ist eine gute Frage, die Kamara der Beauftragten der Bundesregierung für Migration und Flüchtlinge stellt. "Ich fahre in die Städte, um herauszufinden, was wir besser machen können", antwortet sie. Kamara ist neugierig, er will noch mehr wissen, warum das so lange dauert mit seinem Asylantrag - und was er tun kann, damit es schneller geht. Özuguz (SPD) räumt ein: "Sie selbst nicht viel. Aber wir tun alles, um die Verfahren zu beschleunigen. Wir sind zu langsam gewesen. Manche gehen jetzt schneller, dafür brauchen andere länger." Im Schnitt sei man beim Bundesamt nun bei fünf Monaten Bearbeitungszeit, es sollen irgendwann nur noch drei sein. Kamara wartet seit eineinhalb Jahren, will Architekt werden, lernen, arbeiten. Er übersetzt die Worte der Gesandten des Bundes für seine Mitbewohner. Sein Zimmernachbar Teame Hadish aus Eritrea erklärt, er fühle sich wohl in der Einrichtung. "Besser als Hardter Straße."

Es sind viele Fragen, die Özuguz beantwortet bei ihrem Besuch gestern in Mönchengladbach. Sozialdezernentin Dörte Schall wollen etwa wissen, warum die Stadt keinerlei Verbesserung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge feststellt. "Im Februar 2015 sind viele Flüchtlinge vom Balkan nach Mönchengladbach gekommen. Davon ist kein einziges Verfahren bearbeitet." Schall und die städtischen Fachbereichsleiter Willi Houben (Soziales) und Reinhold Steins (Jugend) sprechen mehr als eine halbe Stunde mit der Staatsministerin hinter verschlossenen Türen. Hinterher sagt die Dezernentin: "Es ist gut, dass sie hier war. Denn nicht alle Probleme der Menschen hier vor Ort sind beim Bund bekannt."

2500 zugewiesene Flüchtlinge leben derzeit in der Stadt in 19 städtischen Einrichtungen und in Wohnungen. 60 davon an der Brucknerallee, vor allem Alleinreisende aus Eritrea, Guinea, Mali. Özuguz lobt die Unterkunft und die Atmosphäre als beispielhaft: "So würde man sich das immer wünschen."

Während die Bundesregierung noch immer händeringend versucht, auf jede solcher Fragen eine Antwort zu finden, während vielerorts der Frust auch der Asylbewerber im Wartestand wächst, hat Özuguz auf die Frage der Obergrenze der Aufnahme von Flüchtlingen, wie sie Österreich etwa gerade beschlossen hat, eine klare Haltung: "Es ist erschreckend, dass wir die ganze Europäische Union, unsere Werte und unseren Wohlstand so aufs Spiel setzen. Ein Europa der Grenzschließungen kann nicht die Antwort auf eine humanitäre Herausforderung sein."

Später diskutiert Aydan Özuguz mit Gülistan Yüksel, dem Landtagsabgeordneten Hans-Willi Körfges (SPD), Dörte Schall und René Hartmann vom Deutschen Roten Kreuz in der voll besetzten Aula des Gymnasiums an der Gartenstraße. Darin fordert auch Körfges wortgewaltig: "Wir können das schaffen, aber die Verfahren müssen schneller werden. Und wir müssen die Kommunen über alle staatlichen Ebenen hinweg noch stärker unterstützen."

(RP)
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