Säugling in Mönchengladbach getötet Diese Tat schockt selbst erfahrene Ermittler

Mönchengladbach · In Mönchengladbach hat ein 26-Jähriger seinen 19 Tage alten Sohn gequält und dann getötet. Die Mutter griff nicht ein. Dabei beteuern die Eltern, der Kleine sei ein Wunschkind gewesen. Selbst erfahrene Ermittler sind von der Tat geschockt.

Der kleine Leo wurde nur 19 Tage alt. Bei seiner Geburt am 2. Oktober wog der Junge 3870 Gramm und war 54 Zentimeter groß, und war, wie die Eltern bei der Polizei aussagten, ein Wunschkind. Vier Tage wurde er im Krankenhaus umsorgt, doch dann zu Hause musste der Säugling ein Martyrium durchleben - so schlimm, dass selbst die erfahrensten Ermittler um Fassung ringen mussten.

Mehrere Tage lang soll der Vater (26) seinen Sohn in der Mönchengladbacher Wohnung misshandelt haben: Er fasste ihn zu hart an, quetschte ihn und verbrühte ihm den Mund mit heißer Milch. Am Mittwoch eskalierte die Situation: Der Vater sollte das Baby füttern. Es schrie. Der 26-Jährige quetschte und schüttelte es, setzte sich schließlich auf den Säugling, erschlug ihn, und dann kam es auch noch zu einem sexuellen Missbrauch. "Was wir in den vergangenen beiden Tagen gehört und erfahren haben, hat uns alle schockiert. Mein Team und ich sind ziemlich fertig", sagt Ingo Thiel, der die Mordkommission leitet und seit 36 Jahren bei der Polizei ist.

Aufgefallen war die Kindesmisshandlung niemandem, außer der Mutter (25). "Sie muss es mitbekommen haben", sagt Thiel - davon ist er überzeugt. Die Nachbarn aber haben nichts gemerkt, auch nicht die Besucher der Familie. Das Paar galt als unauffällig, beide sind nicht vorbestraft. Die Mutter hatte eine Lehre als Friseurin angefangen. Bis zum 12. Oktober (da war Leo zehn Tage alt) arbeitete der Vater als Lagerist. Dann wurde er entlassen.

Säugling in Mönchengladbach getötet: Diese Tat schockt sogar erfahrene Ermittler
Foto: Hans-Peter Reichartz

In wenigen Tagen sollte das Paar Besuch vom Jugendamt erhalten. Es ist ein übliches Angebot der Stadt für alle Eltern von Neugeborenen. Ein Termin war schon vereinbart. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen: Am Mittwochmorgen um 8.51 Uhr hatte der Vater den Notarzt angerufen und gemeldet, dass sein Kind nicht mehr atme. Da war Leo schon mehrere Stunden tot. Die Polizei geht von einer Tatzeit um 3 Uhr aus. Wie Kommissar Thiel sagt, habe der Vater das Kind im Wissen, dass es nicht mehr lebe, wieder ins Bettchen gelegt, dann sei er selbst schlafen gegangen.

Als die Polizei am Mittwochmorgen in der Wohnung auftauchte, "waren zuerst keine besonderen äußeren Verletzungen zu sehen, die auf ein Tötungsdelikt hinwiesen", sagt Thiel. Erst eine Computertomographie des kleinen Leichnams brachte Unregelmäßigkeiten ans Licht. Daraufhin entschlossen sich die Ermittler, die Obduktion, die eigentlich für den folgenden Tag geplant war, vorzuziehen. Und dabei kam heraus: Das Baby wurde über mehrere Tage schwerst misshandelt. "Es wurden alle Symptome von Gewalteinwirkung gefunden, die man sich denken kann", sagt Thiel.

Erst als die Ermittler dem 26-Jährigen die Befunde vorlegten, gestand er. Jedes Detail soll er erzählt haben, jede einzelne schreckliche Misshandlung. Der Vater kam gestern wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen, wegen schwerer Kindesmisshandlung und schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in Untersuchungshaft. Dort ist auch seine Frau: Ihr wird Tötung durch Unterlassung vorgeworfen

Dass ein bislang unauffälliger Mann zu einem solchen Gewaltexzess gegenüber einem Neugeborenen fähig ist, sei sehr selten, sagt die Vorsitzende des deutschen Psychiaterverbandes, Christa Roth-Sackenheim. "Er muss mit der Situation völlig überfordert gewesen sein", sagt die Psychiaterin. Schlafmangel, Eifersucht auf den Jungen, das Gefühl, allein gelassen zu sein - all das könne zu einer extremen Reaktion führen. "Junge Paare stellen es sich wunderschön vor, wenn ihr Baby auf die Welt kommt", sagt Roth-Sackenheim. Sie sehen sich als heile, kleine Familie, glauben, das Kind sei pflegeleicht wie eine Puppe. Die Realität sieht oft anders aus. "Das Kind schreit, man bekommt wenig Schlaf - die Welt gerät aus den Fugen." Das könne eine labile Beziehung stören und dazu führen, dass ein Elternteil seine Aggressionen an dem Kind auslässt. In diesem Fall deute viel auf eine katastrophale Eskalation hin. Der Jobverlust könnte eine zusätzliche psychosoziale Stresssituation gewesen sein.

Die Mutter, die offenbar nichts unternommen hat, um das Kind zu beschützen oder Hilfe zu holen, stehe laut der Psychiaterin wahrscheinlich in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Haupttäter. "Vielleicht hatte sie Angst, vielleicht hat sie gehofft, dass es vorbeigeht, vielleicht war es ihr auch nicht bewusst, wie schlimm die Misshandlungen waren", sagt Roth-Sackenheim.

Auch Kornelia Fazel sieht in der Tat einen Ausdruck für "absolute Verzweiflung". Sie leitet die Caritas-Schwangerenberatung "esperanza" in Wuppertal. Bei solchen Stellen bekommen Familien, die sich während der Schwangerschaft oder nach der Geburt hilflos fühlen, Unterstützung. Zudem gibt es die Möglichkeit, ein Neugeborenes in einer Babyklappe abzulegen, oder eine vertrauliche Geburt, bei der das Kind in der Klinik bleibt. "Wichtig ist, sich Hilfe zu suchen", sagt Fazel.

(RP)
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