Mönchengladbach Salafisten: Land will Aussteigern helfen

Mönchengladbach · Wie können Bürger Extremisten enttarnen? Wie schützen sie Jugendliche, nicht auf menschenverachtende Parolen hereinzufallen? Wie wirken Verbote? Dazu nahm NRW-Innenminister Ralf Jäger bei einer Podiumsdiskussion Stellung.

 Über die Gefahren, die von Salafisten und Rechtsextreme ausgehen, berichtete NRW-Innenminister Ralf Jäger (unten) bei einer Veranstaltung des Bündnisses "Aufstehen! Für Menschenwürde – Gegen Rechtsextremismus".

Über die Gefahren, die von Salafisten und Rechtsextreme ausgehen, berichtete NRW-Innenminister Ralf Jäger (unten) bei einer Veranstaltung des Bündnisses "Aufstehen! Für Menschenwürde – Gegen Rechtsextremismus".

Foto: Ilgner (2), Reuters

Seit 2010 ist die Stadt eine Aktionsplattform für Salafisten: so auch am 8. Februar, wenn die religiösen Fanatiker eine Kundgebung auf dem Eickener Marktplatz machen. Zu diesem Termin kommen dann wieder "Gäste", die in der Stadt nicht gerne gesehen sind: Rechtsextreme und Rechtspopulisten. Wie können Bürger darauf reagieren? Wie können sie sich wappnen, damit sie selbst und vor allem junge Menschen nicht auf die vereinfachten Antworten der Rechten und auf Fanatiker hereinfallen. Wie begegnet man menschenverachtenden und verfassungsfeindlichen Parolen?

Das Aktionsbündnis "Aufstehen! Für Menschwürde — Gegen Rechtsextremismus" versuchte am Mittwochabend Antworten auf diese und weitere Fragen zu geben. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) kam eigens zu der Veranstaltung, behandelte in einem Vortrag das Thema "Extremismus — eine Gefahr für unsere Demokratie" und stellte sich dann Fragen in einer Podiumsdiskussion. Weitere Teilnehmer dieser Runde waren Martin Heinen (CDU), Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko (Linke) und Shariar Parvizi (Grüne). RP-Redakteur Dieter Weber moderierte die Diskussion.

Helfen Verbote? Kann so zum Beispiel die Kundgebung der Salafisten verhindert werden? "In einer Demokratie muss man damit leben, dass auch ihre Gegner ihre Rechte wahrnehmen", sagte dazu NRW-Innenminister Ralf Jäger und fügte hinzu: "Wir werden den Korridor für Repressionen gegen Extremisten nutzen. Aber Koranverteilungen können wir nicht verbieten." Demonstrations-, Religions- und Meinungsfreiheit seien hohe Güter. Das Verfassungsgericht habe deshalb auch hohe Hürden gesetzt, wenn es um die Einschränkung von Grundrechten gehe.

Jäger wies in einem Impulsvortrag auf eine Studie hin, die die Lebensläufe von 140 gewaltbereiten Extremisten untersucht hat. "Es sind Menschen, vor allem junge Männer, die um Orientierung ringen", sagt Jäger. Man dürfe diese jungen Leute nach ihrer Radikalisierung nicht aus dem Auge verlieren. "Wir haben ein Aussteiger-Programm, das Hilfestellung bietet", erklärt der Innenminister. Dies wende sich nicht nur an Menschen, die auf rechte Propaganda hereingefallen sind und eine Möglichkeit suchen, den Absprung zu schaffen. Auch für den salafistischen Bereich werde ein solches Programm derzeit aufgebaut.

Shahriar Parvizi von den Grünen warnte davor, eine Religion zu kriminalisieren, weil es "ein paar Idioten" gebe. "Extremisten haben Zulauf, wenn Menschen keine wirtschaftliche Perspektive haben und unzufrieden sind", meinte der gebürtige Iraner. Klare Worte fand Martin Heinen: "Die Salafisten sind gewalttätig, das haben wir in den vergangenen Jahren gesehen."

Und zum CDU-Vorstoß, dass Stadt beziehungsweise Polizei die Kundgebung verbieten solle, sagte er: "Wir sollten nur die Veranstaltungen akzeptieren, die Richter genehmigen." Mönchengladbach, betonte Heinen, sei aber in keiner Weise islamophob. Bei diesem Thema meldete sich der anwesende Oberbürgermeister Norbert Bude zu Wort: "Wir müssen auf der Basis der Rechtsstaatlichkeit unseren Job machen und korrekt arbeiten. Wir wollen wehrhaft bleiben, betonen aber, dass außer den Salafisten jeder andere muslimische Mitbürger in dieser Stadt erwünscht ist."

Auf die wehrhafte Demokratie, die dank ihrer Gesetze zwar auch Vereine und Parteien verbieten könne, verwies NRW-Innenminister Jäger. Er sagte aber auch: "Der Widerstand gegen Extremisten muss aus der Mitte der Gesellschaft kommen." In dieser gesellschaftlichen Mitte etablieren sich jedoch auch Parteien, bei denen die Gefahr besteht, dass sie sich in Richtung Rechtspopulismus entwickeln. Die Alternative für Deutschland (AfD) wurde beispielhaft genannt. "Sie sind noch nicht rechtspopulistisch oder gar rechtsextrem, aber sie können sich leicht in diese Richtung entwickeln", sagte Ferdinand Hoeren, der Sprecher des Aktionsbündnisses, zum Schluss.

(arie)
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