Mönchengladbach Schlosskonzert: Wenn Cello und Klavier pfeifen und quietschen

Mönchengladbach · Der Mann mit dem klangvollen Namen Matias de Oliveira Pinto ist ganz offensichtlich auf zwei Kontinenten zu Hause. Der in Sao Paulo geborene Cellist spricht ein akzentfreies Deutsch und fühlt sich auf seinem Instrument bei Ludwig van Beethoven und Claude Debussy genau so wohl wie bei Heitor Villa-Lobos oder Astor Piazzolla. Davon durfte sich im dritten Rheydter Schlosskonzert ein beeindrucktes Publikum überzeugen.

Matias de Oliveira Pinto und Risa Adachi

Matias de Oliveira Pinto und Risa Adachi

Foto: Jörg Knappe

Auch wenn die Unterscheidung zwischen E- und U-Musik inzwischen in die Jahre gekommen ist und zu Recht als problematisch gilt: Die beiden Werke des ersten Teils, Beethovens Sonate op. 102 Nr. 2 D-Dur und Debussys Sonate für Violoncello und Klavier, lassen sich getrost als ernste Musik bezeichnen. Bei allen Unterschieden: Beide Kompositionen sind Spätwerke, beide haben ihre Ecken und Kanten, Brüche und inneren Gegensätze. Und die wurden im Schloss Rheydt deutlich.

Oliveira Pinto spielt nicht mit einem interpretatorischen Einheitsstil; er versteht sich darauf, Tonbildung und Phrasierungen zu differenzieren. So fasste er beispielsweise den Beginn des zweiten Satzes der Beethoven-Sonate nicht als wohlklingende Kantilene auf, sondern achtete auf die Elemente von Entfremdung, die das Werk enthält. Ausdruck hatte Vorrang vor vordergründigem Wohlgefallen. Harte und verstörende Klänge kamen auch in Debussys Sonate zu ihrem Recht.

Zugute kam dem Cellisten, dass er als Partnerin mit Risa Adachi eine vorzügliche Pianistin gefunden hatte, die ebenfalls stilistische Unterschiede zu machen verstand und musikalisch glänzend mit Oliveira Pinto harmonierte.

Wie weiche, elegante Kantilenen auf dem Cello zu spielen sind und sich zartes Wellenspiel auf dem Klavier impressionistisch andeuten lässt, war mustergültig im zweiten Teil zu hören. Zugleich boten vier kurze Stücke eine Stichprobe der kompositorischen Entwicklung von Villa-Lobos. Mondäne Einflüsse seines Paris-Aufenthaltes spiegelten sich darin ebenso wieder wie die Folklore seiner brasilianischen Heimat. Und es fehlte nicht an Humor. Das Publikum kam aus dem Schmunzeln nicht heraus, als mit "O Trensinho do Caipira" eine alte Schmalspurbahn parodiert wurde. Wie da mit Hilfe von Cello und Klavier Anfahrt, Pfeifen der Dampflok und das Quietschen verrosteter Bremsen durch den Kakao gezogen wurden, das war schon umwerfend komisch.

Für den begeisterten Beifall bedankte sich das sympathische Duo mit zwei eingängigen Tier-Zugaben, einmal europäisch mit Saint-Saëns' "Der Schwan" und einmal südamerikanisch mit "Der Spatz im Mais".

(-tr)
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