Mönchengladbach Schüler fangen den Klang der Stadt ein

Mönchengladbach · 50 Schüler des Gymnasiums am Geroweiher zogen mit Aufnahmegeräten durch Mönchengladbach - für ein Projekt im Rahmen der Ensemblia. Die Klänge fließen ein in eine Auftrags-Komposition von Christian Banasik.

 Aileen, Clara und Luise (v.l.) lauschen den Worten von Komponist Christian Banasik.

Aileen, Clara und Luise (v.l.) lauschen den Worten von Komponist Christian Banasik.

Foto: Foto Isabella Raupold

"Mapping for Soundfields" - so wird die Komposition heißen, die im Kopf von Christian Banasik schon Gestalt angenommen hat. Fertig ist aber fast noch nichts von dem Stück Neuer Musik, das die Ensemblia am 22. April in der Citykirche eröffnen wird. Das spartenübergreifende Festival, das auf eine einzigartige Tradition und weit über die Region hinaus bedeutende Aufführungen zurückblickt, hat das Werk bei dem in Düsseldorf wirkenden Komponisten in Auftrag gegeben. Das zehnköpfige "Ensemble Stationen" wird diese Art klingenden Stadtplan uraufführen, in dem auch Material verwendet wird, das rund 50 Schüler des Gymnasiums am Geroweiher an einem freundlichen Mittwochmorgen in Mönchengladbach aufgenommen haben.

Fünf Mädchen aus dem sechsten und zehnten Jahrgang stiefeln mit einem handmikrofon-großen Aufnahmegerät über den Abteiberg. Sie sind auf der Suche - nicht nach Ostereiern, sondern nach Tönen und Geräuschen. "Die Citykirche klingt leise", ist ihre einhellige Meinung nach dem ersten Feldversuch im Kirchenraum. Was da wohl auf dem "Band" ist? - leise Stimmen in halliger Akustik wahrscheinlich. Da ist auf dem Weg durch den Museumspark schon mehr zu hören: Vogelgezwitscher, Schuhgetrappel auf Pflastersteinen, unten auf der Blumenberger Straße vorbeifahrende Autos. Die Mädels wollen unbedingt zum Spielplatz, das Quietschen der Schaukeln neben der Bleichwiese festhalten - allein: Es ist alles frisch geölt. Bleibt nur das matte Klirren der Kettenglieder.

Christian Banasik begleitet diesen einen von zehn Klangsucher-Trupps. Er setzt auf die Vorarbeit, die sein Kollege, der Field-Recording-Spezialist Marcus Beuter, gemacht hat. In einem Workshop hatte Beuter den Schülern von Musiklehrerin Cordula Kanis gezeigt, was er so alles mit konkreten Klängen anstellt. Sie dienen nämlich als Grundbausteine für Klang-Improvisationen, bei denen ein Computer eine wesentliche Rolle spielt. Beuter mixt, verzerrt, verfremdet die Klänge konkreter Orte und schafft sich damit ein eigenes Instrument, mit dem er Musik machen kann. Musik? Ist denn das Musik? - Ja, diese Fragen kamen auch aus dem Kreis der Schüler, und sie wurden heiß diskutiert. Der Tonsuch-Trupp ist inzwischen am zweiten Fixpunkt seiner Exkursion angekommen, der Musikschule. Hier sollten doch musikähnliche Klänge einzufangen sein, trotz des Vormittags. Und wirklich, in einem Früherziehungskurs hauen Ein- bis Zweijährige mit großen Augen auf Triangeln und kleine Schellen ein, während die Lehrerin am Klavier "Bruder Jakob" intoniert. - Jetzt aber noch schnell ins Münster, dort soll um die Zeit jemand Orgel spielen.

"Das kleine C wird eine große Rolle spielen", verrät der Komponist zu seinem geplanten Werk. Der Ton steht (und klingt) mit seiner Frequenz von 130 Hertz für die 130 Nationalitäten, die in Mönchengladbach zusammenleben. Gespielt wird die fertige Komposition von zehn Musikern an zehn Orten in der Kirche, die für zehn Orte in der Stadt stehen. Und die Musik wird unterbrochen oder immer wieder abgelöst von den Klängen, die Beuter aus den Feldaufnahmen herstellt und Banasik in sein Stück einbaut. Außerdem wird bei "Mapping for Soundfields" eine Düsseldorfer Malerin live zur Musik malen - per Beamer auf die Kirchenwände. Ein typisches Stück Ensemblia allem Anschein nach, das ganz sicher etliche jugendliche Klangforscher vom Geroweiher live miterleben werden.

(ark)
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