Meinung Schwarz-gelbe Träume und die Groko-Realität

Mönchengladbach · Während die SPD in Mönchengladbach recht zufrieden mit der CDU in der GroKo regiert, verweigert sie im Land eine solche Koalition. Nun soll's Schwarz-Gelb mit einer Stimme Mehrheit werden. Das wäre übrigens auch genauso hier im Rathaus möglich ... Und Kämmerer Bernd Kuckels könnte dabei eine besondere Rolle spielen.

Hach, was war das für ein Wahlabend! Während der Wahlkreis im Norden der Stadt erwartungsgemäß an den CDU-Kandidaten Jochen Klenner ging, war das Ergebnis im Süden mit dem Sieg des Christdemokraten Frank Boss in dieser Klarheit doch eine Überraschung. Immerhin trat dort auf durchaus SPD-lastigem Terrain ein CDU-Landtagsneuling gegen einen erfahrenen und mächtigen Genossen an: Hans-Willi Körfges, bislang Vize-Chef der SPD-Fraktion im Landtag und enger Vertrauter von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Vielleicht wurde ihm aber genau das zum Verhängnis. Die Wechselstimmung im Land spiegelte sich auch in Mönchengladbach wider.

Und das nicht nur in der Bevölkerung, auch bei manchem Ratsherrn. Bei der CDU, die seit 2014 mit der SPD in einer GroKo die Stadt regiert, schwelgt nämlich der eine oder andere schon seit längerem in schwarz-gelben Träumen. Am Wahlabend wurde im Rheydter Rathaus denn auch vor den Monitoren ständig gerechnet: Ist die Linke auch wirklich nicht drin im nächsten Landtag? Denn nur so, das war recht schnell an diesem Abend klar, würde es für eine Koalition aus CDU und den Liberalen reichen. Inzwischen ist das, mit der knappen Mehrheit von einer Stimme, die einzig mögliche Koalition. Denn während sich die SPD in Mönchengladbach ganz glücklich in der Partnerschaft mit der CDU zeigt, lehnte sie eine solche auf Landesebene umgehend und kategorisch ab.

Doch was nicht jedem bewusst ist: Wie im Land wäre längst auch im Mönchengladbacher Stadtrat eine schwarz-gelbe Mehrheit möglich - und zwar ebenso knapp. Das hat sich nach und nach so ergeben: Zuerst ist im vergangenen Herbst der Ratsherr Reiner Gutowski von den Piraten zur FDP übergetreten. Seitdem sind die Liberalen mit vier Sitzen vertreten. Vor wenigen Wochen konnte auch die CDU einen Neuzugang verbuchen: Der Ratsherr Klaus Oberem, früher bei der Freien Wählergemeinschaft (FWG), ist zu den Christdemokraten gewechselt. Die haben jetzt 30 Sitze im Stadtrat. Macht zusammen 34 der insgesamt 68 Sitze für Schwarz-Gelb. Nimmt man noch die Stimme von Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners (CDU) hinzu, klappt es mit der hauchdünnen Mehrheit.

Jetzt ist es aber so, dass CDU-Fraktionschef Hans Peter Schlegelmilch sich in der Partnerschaft mit seinem SPD-Kollegen Felix Heinrichs ebenso wohlfühlt wie umgekehrt. Es funktioniert seit fast drei Jahren überraschend gut, man hat in komfortabler Mehrheit große Projekte und Veränderungen auf den Weg gebracht und ist sich in den Zielen weitgehend einig: qualitätsvolles Wachstum der Stadt - sowohl bei Einwohnern als auch bei Neubauprojekten -, ein solider Kurs bei den Stadtfinanzen, die Stadtverwaltung in eine möglichst effektivere Konzernstruktur umbauen.

Vielleicht wird Schwarz-Gelb aber attraktiver, wenn es sich im Land bewährt. Zumindest einer könnte dann eine zentrale Rolle in den Verhandlungen der CDU mit der FDP spielen: Kämmerer Bernd Kuckels. Er ist Mitglied der Liberalen, und nächstes Jahr steht die Verlängerung seiner Amtszeit an. Würde er von der CDU nicht wiedergewählt, bliebe wohl auch Schwarz-Gelb im Rathaus nur ein Traum.

(RP)
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