Mönchengladbach Schwarz-Gold gibt dem Affen Zucker

Mönchengladbach · So geht Karneval! In der proppenvollen Rheydter Stadthalle zeigen die Schwarz-Gold-Karnevalisten viel Hausgemachtes. Die atemberaubenden "Geschwister Schmitz" jagen die Musik-Geschichte durch den Parodie-Mixer.

 Die beiden hübschen Jecken sind bester Laune: Dafür sorgten die Karnevalisten von Schwarz-Gold Rheydt mit einem tollen Programm.

Die beiden hübschen Jecken sind bester Laune: Dafür sorgten die Karnevalisten von Schwarz-Gold Rheydt mit einem tollen Programm.

Foto: Ilgner

Es gibt viele Gründe, sich die Große Narrensitzung von Schwarz-Gold Rheydt in der Stadthalle anzusehen. Das zugekaufte Programm ist mit viel Sinn und Verstand für Karnevalistisches und Kaufmännisches angerührt (das tolle Zwiegespräch von Harry und Achim und die großartige Tanzgarde "Die fidelen Sandhasen" etwa). Die hauseigene Kindergarde füllt die große Bühne locker.

Es tut gut zu wissen, dass und wie viele Kinder man auch heutzutage für Karneval begeistern kann, wenn man sich die Mühe macht. Die Showtanzgarde - mit Präsident Thomas Schmitz ganz vorne - ist ein Pfund, um das man die Rheydter nicht genug beneiden kann. Vergleichbares gibt es im mittleren Umkreis kaum. Auch dabei ist zu besichtigen, was den Karneval am Ende ausmacht: Spaß, Begeisterung, Mut und Fleiß, seine Talente auszuleben. Das gibt's nicht mehr an jeder Ecke und lässt sich durch ein großes Scheckbuch, um die TV-bekannten Künstler auf Durchreise zu bekommen, nicht ausgleichen.

Das sind verdammt viele gute Gründe für diese Sitzung. Doch der beste Grund kommt erst noch - und der alleine würde das Kommen lohnen, selbst wenn die restlichen Programmpunkte sterbenslangweilig wären. Das ist der Auftritt der "Geschwister Schmitz". Wenn die schwarze, mobile Umkleide am Rand der Bühne aufgeklappt wird, wissen die Erfahrenen: Lieber noch einen Schluck trinken und reichlich Luft holen. Dazu kommt man dann nämlich 25 Minuten nicht mehr.

Das Setting ist einfach. Zwei Dutzend Lieder, von Schlager über Rock bis Oper, die jeder kennt, hart ineinander übergeblendet. Genau so viele Perücken, Hosen, Röcke, Bärte, Schuhwerk, um sich binnen Sekunden in Andreas Bourani, Brings, Nana Mouskouri, Udo Jürgens oder Conchita Wurst zu verwandeln. Und dann machen Thomas Schmitz und seine Schwester Ruth Ahrweiler die Bühne zu ihrer, als gäbe es kein Morgen mehr. Sie tanzen (und zwar hervorragend), grimassieren (und zwar so, dass man mitunter Gesichtslähmung befürchtet), parodieren (und zwar mit großartigem Blick für Klamauk) und geben bei alldem dem Affen Lastwagen voller Zucker. Gerade erst hat man den grotesk aufgerissenen Mund von Thomas Schmitz als Nana Mouskouri bestaunt, da zuckt die Akropolis in Techno-Geschwindigkeit. Das Lied wird schneller und schneller, schriller und schriller, und Schmitz zuckt wie unter Starkstromschlägen. Es schüttelt seinen ganzen Körper über die Bühne. Doch nie verliert er auch nur für eine Sekunde die Synchronität des Playbacks. Und wenn man denkt, dieser Teil der Nummer dürfe nie vorbei gehen, kommt der nächste. Und ist noch besser. Noch verwegener. Dann kommt von irgendwo der Barbier von Sevilla daher, um Conchita Wursts üppiges Achselhaar zu frisieren. Oder Andrea Bocelli verfängt sich beim "Time to say goodbye" in der Perücke von Sarah Brightman. Oder oder oder.

Was immer dieses Geschwister-Paar einst im Kinderzimmer angestellt haben mag. Wo immer sie das große Einmaleins des Musik-Klamauks gelernt haben mögen. Woher immer sie diese unglaubliche Energie nehmen. Was ein Glück! Das ist der Unterhaltungsgehalt einer ganzen "Lachenden Köln-Arena" in einer halben Stunde kondensiert. Oder, wie ein Zuschauer am Ende bettelnd rief: "4000 Zugaben!"

(RP)
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