Mönchengladbach Seit 20 Jahren Karneval aus der Vogelperspektive

Mönchengladbach · Begeistert steht Annemarie Bußmann am Fenster und ruft "Halt Pohl" in die vorbeiziehende Menge. "Ich wohne seit 55 Jahren hier, dass ich den Zug aus dem Fenster gucken kann, ist wirklich toll", sagt die 82-Jährige.

 "Halt Pohl"! Annemarie Bußmann und Josef Münten haben Spaß daran, sich den Zug aus ihrer Eickener Wohnung anzuschauen.

"Halt Pohl"! Annemarie Bußmann und Josef Münten haben Spaß daran, sich den Zug aus ihrer Eickener Wohnung anzuschauen.

Foto: Carolin Skiba

Früher habe sie an Karneval immer viele Freunde und Bekannte aus dem Kegelclub da gehabt. "Aber die sind leider schon alle tot." Alleine muss sie dennoch nicht schauen. Vor 20 Jahren ist Josef Münten bei ihr eingezogen. Seitdem bilden die beiden eine Wohngemeinschaft. Bußmann: "Unsere Ehepartner sind im selben Jahr gestorben. Ich wollte nicht aus meiner Wohnung raus, also hat Josef sein Haus verkauft und ist hier eingezogen."

Seitdem schauen die beiden jedes Jahr gemeinsam den Zug. Früher ist Bußmann selbst als Funkenmariechen im Zug mitgelaufen. Doch seitdem habe sich viel verändert: "Damals, 1954, ging der Karneval ja erst los. Heute sind die Funkenmariechen ja richtige Tänzerinnen und viel professioneller." Generell sei einiges anders. Auch die Kostüme wären heute viel aufwendiger als damals. "Es hatte ja niemand Geld, da hat man sich aus alten Säcken was genäht", erzählt Bußmann.

Nur eins sei immer gleich geblieben: die tolle Stimmung. "Ich bin ein Mensch, der selber gerne lacht. Ich liebe das Leben. Ich sag' mir immer: Ich bin auf der Welt, um zu leben - tot bin ich noch lang genug", sagt die gebürtige Odenkirchenerin, reckt wieder ihren Arm in die Luft und ruft laut "Halt Pohl". Die 82-Jährige strahlt. Das kommt auch bei den Jecken auf dem Motivwagen an. Hin wieder versucht einer, den beiden Senioren etwas hoch in die dritte Etage zu werfen.

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Das ein oder andere Mal fliegt ein Schokoriegel durchs Fenster. "Viel kommt hier aber nicht an, dafür sind wir zu hoch", sagt sie. Münten fügt hinzu: "Wenn was ankommt, schmeißen wir es meistens den Kindern runter." Ihnen ginge es schließlich nicht um Kamelle, sondern einfach nur darum, den Zug zu sehen und für ein paar Momente die Fröhlichkeit des Karnevals zu erleben.

(RP)
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