Serie Was Macht Eigentlich? Der Star der Schwimm-Weltmeisterschaft

Mönchengladbach · Fünf Starts, fünf Titel: Karl-Heinz Knops war der erfolgreichste Teilnehmer bei der Senioren-Weltmeisterschaft 1990 in Rio de Janeiro. 65 war er damals. Und ein Spätstarter: Seine Frau Elisabeth war in den 40er Jahren Deutsche Meisterin und damals viel schneller als er.

Drei Minuten und 16,91 Sekunden: Das war die Zeit, die Karl-Heinz Knops Anfang August 1990 bei der WM in Rio de Janeiro über 200 Meter Brust schwamm - Weltrekord, für seine Altersklasse! Eine Minute und fünf Sekunden langsamer als die 2:11,53, die Mike Barrowman zwei Wochen vorher hingelegt hatte - ebenfalls ein Weltrekord. Der Unterschied, abgesehen von der Zeit: Der Amerikaner war 21 und damit 44 Jahre jünger als der Mönchengladbacher. Barrowman gewann zwei Jahre später in Barcelona bei den Olympischen Spielen die Goldmedaille über die 200 Meter Brust. 1997 wurde er in die Ruhmeshalle des internationalen Schwimmspors aufgenommen. 1990 war er als "Weltschwimmer des Jahres" gekürt worden. Und Karl-Heinz Knops mit fünf Titeln in der Klasse ab 65 der erfolgreichste aller deutschen Teilnehmer der Senioren-WM.

Es sollten nicht die einzigen WM-Siege für Karl-Heinz Knops bleiben. 1992 in Indianapolis (USA), 1994 in Montreal (Kanada) und 1996 im britischen Sheffield folgten vier weitere Weltmeistertitel. Auf einer großen Tafel daheim in Odenkirchen sind all seine ganz großen Medaillen aufgehängt. 16 als Europameister, einige in Silber und Bronze kommen hinzu. Alle die von Deutschen Meisterschaften auf einer ganzen Wand zu zählen, erforderte viel Zeit. Im Kopf aber hat der Mann, der im Juni 90 Jahre wird, noch seine 35 Weltrekorde, 49 Europarekorde und 57 deutsche Bestleistungen. Übrigens: Seine 3:16,91 Minuten von 1990 sollten neun Jahre Weltrekord bleiben, bis sie übertroffen wurden. "Keine Frage: Rio de Janeiro, das war meine erste WM, mit den größten Erfolgen", sagt er.

Was sind das für Menschen, die sich wie Knops im hohen Alter ("Der Älteste, den ich bei einer WM gesehen habe, war 1992 in Indianapolis 101 Jahre!") schinden und quälen? Knapp 40 Konkurrenten hatte der Rheydter 1990 in Brasilien in seiner Konkurrenz der ab 65-Jährigen. Und zumindest die Spitze ist topfit. "Wahnsinn, was die in ihrem Alter bringen", sagt Christian Hornung, ebenfalls ein Mönchengladbacher "Masters"-Schwimmer. "Bei der WM sind auch frühere Olympia-Teilnehmer dabei. Und haben gegen die ehrgeizigen Alten, die viel mehr trainieren, Probleme." Karl-Heinz Knops schlug als Weltmeister sogar einen Olympiasieger.

Damals, zu seiner WM-Zeit als 65- und knapp über 70-Jähriger, hat Karl-Heinz Knops jedes Jahr im Januar und Februar täglich vier Kilometer geschwommen: "Für die Kondition. In Grevenbroich-Neurath, weil es dort auch im Freibecken warmes Wasser gab." In der Zeit danach ging es auf Tempo: "Zum Abschluss des täglichen Trainings zehnmal 50 Meter Brust und 10 mal 50 Meter Schmetterling - hintereinander." Im Jahr kamen so von 1985 bis 1999 rund 10 000 Trainings-Kilometer zusammen - pro Jahr.

Und all das als reiner Amateur. Seine Reisen haben Knops nach Süd- und Nordamerika, kreuz und quer durch Europa geführt. "Und ich habe alles aus eigener Tasche bezahlt. Nur anfangs hat es für uns Sportler einige Male einen kleinen Zuschuss von der Stadt Mönchengladbach gegeben."

Bei der war Karl-Heinz Knops als Schwimmmeister und später im Amt für Wohnungswesen angestellt. Sein Berufswunsch als Sohn einer Schuhmachermeister-Familie, orthopädischer Schumacher zu werden, hatte sich im Krieg nicht erfüllen lassen. So ging er 1943 mit 17 zur Marine und stieg 1945 zunächst bei der Versicherungsagentur ein, die seine Frau gegründet hatte.

Elisabeth Knops war ebenfalls Schwimmerin - und zunächst deutlich erfolgreicher: "Else war Deutsche Staffelemeisterin, über 200 Meter 20 Sekunden schneller als ich." Er selbst hatte zunächst in der Jugend Union Rheydts Fußball gespielt. Dann sah er auf dem Heimweg von einem Spiel in Odenkirchen beim Training im Freibad Bellermühle zu - und war fasziniert. In der Niers brachte er sich selbst das Schwimmen bei, ging in den Verein Sanitas Rheydt. "Sonderlich erfolgreich war ich aber nicht", gibt er zu. "Einen Trainer habe ich nie gehabt, nur meine Frau hat mir gesagt, was ich anders machen sollte."

Er blieb aber bei der Stange, war dabei, als sich Sanitas nach dem Krieg der Schwimm-Sport-Vereinigung (SSV) Rheydt anschloss, wurde Schwimmmeister in den Bädern Bellermühle und Stresemannstraße, spielte Wasserball, trainierte deren Spieler und die Schwimmer der SSV und im Bezirk Düsseldorf.

Und dann nahte die Zeit, wo er, mit 60, in Rente gehen wollte. "Ich habe mit meinem Freund Hans-Ulrich Scheulen, den wir Ulla nannten, zusammengesessen, habe gefragt, was wir den als Rentner machen sollten: Im Rheer Eck Bier trinken? Wir haben uns für Schwimmen entschieden. Und sind dies ehrgeizig und zielstrebig angegangen."

Der erste Erfolg stellte sich noch 1984 ein, als die SSV-Staffel in Berlin bei der Deutschen Meisterschaft der Senioren Dritter geworden. Da habe ich gedacht, ich kann das, bin auch im Einzel-Wettbewerb gestartet und ebenfalls Dritter geworden. Als ich nach Hause kam, habe ich zu einer Frau gesagt: ,Else, jetzt will ich Deutscher Meister werden.'".

Es war der Auftakt einer späten Karriere mit neun Weltmeister-Titeln. Die 1999 endete, als der Arzt dies dringend riet.

(RP)
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