Serie: Was macht eigentlich? Liane Schoofs — hauptberuflich ehrenamtlich

Mönchengladbach · Sie hat früh ihren Beruf aufgegeben, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Liane Schoofs (81) hat sich fast ein Leben lang aber auch für alle Kinder und christliche Werte in der Erziehung eingesetzt: mutig, lautstark und erfolgreich. Sie ist ein wenig altmodisch – und stolz darauf.

Liane Schoofs
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Sie hat früh ihren Beruf aufgegeben, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Liane Schoofs (81) hat sich fast ein Leben lang aber auch für alle Kinder und christliche Werte in der Erziehung eingesetzt: mutig, lautstark und erfolgreich. Sie ist ein wenig altmodisch — und stolz darauf.

"Am liebsten würde ich meine Eltern als Hähnchen gegrillt am Weihnachtsbaum hängen sehen." Dieser Satz ist Liane Schoofs bis heute in übler Erinnerung. Er ist einer von etlichen schockierenden Sprüchen aus dem Lesebuch "Drucksachen", das 1974 für das 5. und 6. Schuljahr eingeführt wurde und für heftige Diskussionen quer durch die Republik sorgte.

Dieses Schulbuch war 1975 ein Auslöser für die Gründung eines Vereins: Katholische Elternschaft Deutschlands, kurz KED in der Region Mönchengladbach des Bistums Aachen. Einer der führenden Köpfe wurde Liane Schoofs, zuerst in der Region, dann mit der Erweiterung auf das Bistum auch darüber hinaus. Die KED hatte es 1975 zwar bereits gegeben, doch die Region Mönchengladbach war die erste bundesweit, die als eingetragener Verein (e. V.) unabhängig vom Bistum auftrat.

"Wenn mir etwas nicht richtig erscheint, dann muss ich den Mund aufmachen", sagt Liane Schoofs. Und sie hat so manches gesehen, das ihr nicht richtig erschien, hat oft den Mund aufgemacht. "Und dann wird man schnell gebeten, sich zu engagieren", hat Liane Schoofs bald erfahren. Sie engagierte sich, machte "Karriere", aber immer ohne Salär. "Ich bin hauptberuflich ehrenamtlich. Und das kann man nur mit heißem Herzen", beschreibt sie ihre Tätigkeit plakativ. Sie hat damals bald und nachhaltig gelernt, wie man öffentlichkeitswirksam auftritt: "Wie man Artikel schreibt, wie Zeitung gemacht wird und wie man Leute motiviert."

Es gab einiges Mitte und Ende der 70er Jahre, das — nicht — nur katholischen Eltern überhaupt nicht gefiel. Die "Drucksachen" waren lediglich ein Aufreger. Auf dem bundesweiten Katholikentag 1974 in Mönchengladbach gab es wegen der bildungspolitischen Auseinandersetzungen in Nordrhein-Westfalen intensive Diskussionen. Lehrermangel und das Reizwort Kooperative Schule (Kurzform: KOOP) standen neben dem Inhalt von Schulbüchern im Blickpunkt. "Auch der Zweite Familienbericht der Landesregierung war ein großer Aufreger: Der Staat wollte über die Familien und die Kinder bestimmen", erregt sich Liane Schoofs noch heute.

All dies stieß die Gründung der KED in der Region Mönchengladbach im Jahr 1975 an. Und die durfte nicht viel später einen großen Erfolg feiern — im Kampf gegen die Kooperative Schule, die nach einigem Hin und Her im November 1977 vom NRW-Landtag beschlossen worden war. Die Kritiker sahen in der KOOP den Versuch einer schleichenden Einführung der damals von vielen Bürgern abgelehnten Gesamtschule. "Zehn Eltern- und Lehrerverbände, darunter die KED, initiierten ein Volksbegehren gegen das Gesetz", erinnert sich Liane Schoofs. Die sehr engagiert geführte Aktion hatte Erfolg: Die Landesregierung schlug dem Landtag die Zurücknahme des Gesetzes vor, um nicht einen Volksentscheid zu riskieren. Die Reform wurde im April 1978 gestoppt.

Die Gesamtschule ist trotzdem gekommen. "Die KOOP war eine Billigausgabe. Und vor allem wären alle drei anderen Schulformen der Sekundarstufe I, also Hauptschule, Realschule und Gymnasium, verschwunden", erklärt Liane Schoofs den Widerstand. "Mir geht es in allererster Linie um die Kinder. Und vor allem entscheidend ist der Elternwille. Die stimmen inzwischen mit den Füßen ab für die Gesamtschule, nicht zuletzt, weil sie Ganztagsbetreuung bietet. Wichtig ist uns in der KED, dass es die Bekenntnisschule weiter als Angebot gibt."

Aufsehen sogar bis nach München erregte Anfang der 80er Jahre der "Flattermann"-Prozess. In der gleichnamigen Schülerzeitung der SPD-Jugendorganisation "Falken" entdeckte Liane Schoofs "übelste Polemik" gegen die Kirche: "In einem Artikel unter dem Titel ,Hokuspokus im Poncho' hieß es wörtlich ,die Katholiken saugen Blut und fressen Fleisch'", empört sich die KED-Ehrenvorsitzende. "Wir haben Strafanzeige erstattet." In dem von der Staatsanwaltschaft erweiterten Verfahren wurde auch Franz-Josef-Strauß, der CDU-Kanzlerkandidat 1980 und bayerische Ministerpräsident, der unter anderem als Kriegstreiber attackiert worden war, in einer eigens nach München verlegten Sitzung des Gerichts gehört. Nach vier Gerichtsverfahren wurde der Herausgeber des Flattermann wegen Beschimpfung von Bekenntnissen in Tateinheit mit übler Nachrede gegen Personen des politischen Lebens und der Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Sich engagieren, den Mund auftun, Mitstreiter finden: Das kann Liane Schoofs. Es fing im Kindergarten ihres ältesten Sohnes Andreas an der Liebfrauenschule an, wo sie einen Elternbeirat anstieß, setzte sich in der Katholischen Grundschule Marktfeldstraße in der Klassenpflegschaft und dann in der Schulpflegschaft ("Wir wollen nicht nur bei Toilettenfragen oder dem Martinszug mitreden") fort, später am Math. Nat. Gymnasium und der Bischöflichen Marienschule — eine der Schulen in Freier Trägerschaft, für deren Erhalt sie sich einsetzt.

Liane Schoofs war 1975 auch Gründungsmitglied des "Verein der Freunde und Förderer der Musikschule der Stadt Mönchengladbach", kämpfte erfolgreich als Vorsitzende gegen den Plan der Stadt, das Musikschulgebäude an der Lüpertzenderstraße in eine Gesamtschule zu verwandeln.

"Kind und Familie: Darum geht es bei mir in der Regel", sagt sie. "Für anderes bin ich nicht kompetent genug." Liane Schoofs weiß, dass ihr Bild von der Familie heute vielen nicht zeitgemäß erscheint. Sie hat ihren gut dotierten Beruf als Angestellte der Bundespost — 1954 wurde sie abgeordnet ins spätere Nato-Hauptquartier Rheindahlen als englisch- und französischsprachige Fernschreiberin und Technische Assistentin — aufgebeben, als sie 1962 zum ersten Mal Mutter wurde. Zwei weitere Kinder folgten innerhalb vier Jahren. Liane Schoofs blieb bei ihrer Familie, fand in der Pfarre St. Barbara und als engagierte Mutter genügend Aufgaben, die sie ausfüllten.

Sie sieht mit Unbehagen, wohin sich die Familie heute nicht nur in Deutschland entwickelt: "Ich frage mich, ob Deutschland so arm ist, dass es seinen Müttern nicht ermöglicht, so lange bei ihren Kindern zu bleiben, bis sie drei, vier Jahre alt sind, statt möglichst schnell in den Beruf zurückzukehren. Meine jüngste Tochter Ulrike ist Ärztin, lebt in der Schweiz, und setzt mit ihrem Beruf aus, um sich um ihre Kinder zu kümmern", erzählt sie. "Ich weiß, dass meine Einstellung altmodisch ist. Aber ich bin stolz darauf. Und ich frage mich, woher künftig Menschen kommen sollen, die ein Ehrenamt übernehmen."

(RP)
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