Serie: Was macht eigentlich...? Oberstaatsanwalt, Bürgermeister, Frohnatur

Mönchengladbach · Klaus Schäfer war 30 Jahre Kommunalpolitiker, mit Herz und Verstand. Zweimal kandidierte er als Oberbürgermeister, beide Male ging's schief.

Das ist Klaus Schäfer
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Er hat Schlimmes gesehen: "Zum Teil furchbare Bilder", mit denen er sich als Oberstaatsanwalt, zuständig unter anderem für Gewalt gegen Kinder und Frauen, beschäftigen musste. Oder mit Jugendkriminalität, Rauschgift und, ebenfalls besonders belastend, mit Verfahren gegen Bedienstete der Justiz. "Doch ich habe meine Fälle zum Glück nie gedanklich mit nach Hause genommen", sagt Klaus Schäfer, 71. "Dabei hat mir mein Naturell als rheinische Frohnatur geholfen."

Als die kennt man ihn in Mönchengladbach, seiner Heimatstadt, seit Jahrzehnten. Als Staatsanwalt und auch einmal als Richter stand er nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit, dafür aber umso mehr als Politiker. Fünf Jahre war er Bezirksvertreter, 25 Jahre Ratsherr, 20 davon, von 1984 bis 2014, als Bürgermeister, Stellvertreter der Stadtoberhäupter Heinz Feldhege, Monika Bartsch und Norbert Bude.

Ein Mann, der das savoir vivre, die französische Lebensart, schätzt, sich aber im Rheinland total wohlfühlt. Der im Festzelt der Schützen und auf närrischer Bühne auf Augenhöhe mit dem Brauchtum verkehrt, aber auch im Ratssaal oder bei Empfängen mit offiziellen Reden auf Englisch, Französisch und auch mal auf Niederländisch eine gute Figur macht.

Einer, den man sich gut als Oberbürgermeister hätte vorstellen können. Wie 1999, als der erstmals nicht mehr ein Ehrenamtler sein musste, sondern hauptamtlich und nicht mehr vom Rat, sondern direkt gewählt wurde. "Ich bin als Verwaltungschef kompetenter", hat Klaus Schäfer dann auch 1999 gesagt. Selbstbewusst, aber nicht überheblich. Nicht als Herabsetzung seiner Gegenkandidatin Monika Bartsch: "Ich habe sie immer sehr geschätzt, und wir haben bis heute ein gutes Verhältnis zueinander." Sondern mit dem sachlichen Argument "Das liegt allein schon an meiner Vorbildung. Ich habe den Umgang mit Gesetzen und Vorschriften gelernt."

Monika Bartsch hatte das als Lehrerin nicht, als sie 1999 antrat, als erste hauptamtliche Oberbürgermeisterin Nachfolgerin des Oberstadtdirektors Dr. Jochen Semmler zu werden. Doch den meisten Wählern im damals noch eher CDU-geprägten Mönchengladbach war die fachliche Kompetenz des männlichen Kandidaten egal: Er war in der SPD, Monika Bartsch in der CDU. Bartsch hatte im ersten Durchgang gegen Schäfer die absolute Mehrheit mit 48,18 Prozent ganz knapp verfehlt, so dass eine Stichwahl der beiden erforderlich wurde. Klaus Schäfer steigerte sich dabei beachtlich von 29 auf 39,1 Prozent, doch Monika Bartsch bekam nun satte 60,9 Prozent.

Es war schon das zweite Mal, dass Klaus Schäfer sein Ziel verfehlte. "Doch das war nun okay, Monika hat fair und mit offenem Visier gekämpft", sagt er. Ganz anders, als es fünf Jahre zuvor bei der da noch im Rat der Stadt erfolgten Wahl des ehrenamtlichen OB gelaufen war. Damals hatten SPD und Grüne nach einer für die CDU schwach ausgegangenen Wahl 32 Sitze im Rathaus, fünf mehr als CDU, FDP und FWG zusammen. Also klare Verhältnisse für den nun gemeinsamen Kandidaten von SPD und den Grünen - dachte nicht nur Schäfer.

Doch dann der Schock bei der - geheimen - Abstimmung im Ratssaal: Klaus Schäfer bekam statt der 32 nur 27 Stimmen, CDU-Mann Heinz Feldhege war wiedergewählt. In der geschockten SPD wurde über eine angeblich abtrünnige "Fünferbande" spekuliert: die Ratsmitglieder Günther Waldhausen, Winfried Eßer, Dieter Lenßen, Hans-Günter Steins und Felicitas Voosen - die nicht viel später mit ihren Ratsmandaten die neue Fraktionsgruppe "Unabhängige Sozial-Demokraten", kurz USD, gründeten und mit der CDU koalierten. "Diese Wahl war die größte Enttäuschung in meinen drei Jahrzehnten als Politiker, sagt Klaus Schäfer. "Und bis heute hat sich keiner dazu bekannt, mich nicht gewählt zu haben - keiner von den Fünfen und auch sonst niemand."

Klaus Schäfer ist damit fertig geworden, hat weitere 15 Jahre Kommunalpolitik gemacht - als Bürgermeister, ehrenamtlich. Verbunden mit teilweise erheblichem Stress, auch wenn er von seinen Pflichten als Oberstaatsanwalt zu 25 Prozent befreit war: "Ich bin öfter morgens nach Duisburg gefahren, habe meine Akten durchgearbeitet. Mittags zu einem Termin wieder nach Gladbach, anschließend zurück nach Duisburg und am nicht mehr so frühen Abend nach Hause", erzählt der 71-Jährige, der 2007, mit 63 Jahren, in den Ruhestand getreten ist.

Doch er hat die Doppelbelastung über so viele Jahre gerne auf sich genommen. Nicht nur, weil er etwas für die Bürger tun konnte, sondern auch, weil es Spaß machte. Und das soll nicht verschwiegen werden, weil es Anerkennung bringt. Nicht immer, aber meist jedenfalls.

Wo dieser Schritt enden würde, das haben Klaus Schäfer und seine Frau Hannelore sich nicht vorgestellt, als sie am 19. Juli 1978 gemeinsam in die SPD eintraten. Angeregt worden waren sie von einer gemeinsamen Freundin: Nicht nur zuzuschauen und zu kritisieren, sondern sich einzumischen. Und warum die SPD? "Ich bin eigentlich ein ziemlich konservativer Mensch", sagt Klaus Schäfer. "Aber mich hatte zum Beispiel schon als Schüler der Eindruck gestört, dass für die Lehrer der Beruf des Vaters eine gewichtige Rolle für die Einordnung des Schülers spielte, so mancher keine faire Chancen bekam und die Studienräte sich dabei auch schon mal abstimmten. Nicht nur deswegen erschienen mir die Sozialdemokraten als passende Partei," In der er bis heute ist, sich nicht mehr einmischt, doch gerne einen Rat gibt oder Kontakte herstellt, wenn man ihn darum bittet.

(RP)
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