Mönchengladbach Sinfoniker laden Flüchtlinge ein

Mönchengladbach · Zum ersten Mal organisieren die Blechbläser der Niederrheinischen Sinfoniker ein Weihnachtskonzert.

Für den Laien sitzt jeder Ton, die Profis aber sind kritisch. In der ersten von acht proben geht noch einiges schief.

Für den Laien sitzt jeder Ton, die Profis aber sind kritisch. In der ersten von acht proben geht noch einiges schief.

Foto: hans-peter reichartz

Die Posaune hat eine komische Stimme, findet eine Musikerin. Und die Trompete sollte unbedingt mit der Tuba spielen. "Mehr phrasieren, dabei aber kein Tempo verlieren", sagt Berten Clayes. Während der Laie bei dieser Unterhaltung nur Bahnhof versteht, wissen die Blechbläser der Niederrheinischen Sinfoniker ganz genau, was die Kollegen meinen. Da werden auch schon mal vermeintliche Fehler auf dem Notenblatt wieder und wieder gespielt, um danach festzustellen, dass es doch keiner war.

Die Sinfoniker sind eben Profis, auch bei der ersten von acht Proben für das große Weihnachtskonzert "Festlicher Jubel", das sie am 9. Dezember im Theater Mönchengladbach spielen. Zum ersten Mal übrigens. Unter den Gästen sollen auch Flüchtlinge sein, für die das Ensemble 20 Tickets aus der eigenen Orchesterkasse gekauft hat. "Die Sinfoniker arbeiten eng mit dem SKM Rheydt zusammen", sagt Eva Ziegelhöfer vom Theater.

"Unser Programm stand schon, da kam uns die Idee, Flüchtlinge einzuladen", sagt Clayes. Weil die weihnachtlichen Songs wie "A Perlude and Fugue for Christmas" von Simon Wills einfach Klassiker seien, "und die anderen Stücke melodisch ganz einfach sind", findet Clayes. Für die Sinfoniker ist die Einladung eine kleine Geste, und sie haben sich ganz bewusst dazu entschieden, nicht ein Konzert ausschließlich für Flüchtlinge zu spielen. "So sind sie mittendrin, zusammen mit dem übrigen Publikum", sagt Andreas Meier-Krüger, der eine der Posaunen im Orchester spielt.

Das Weihnachtskonzert ist nicht die erste Veranstaltung, zu der die Sinfoniker Flüchtlinge eingeladen haben. Kontrabassist Holger Saßmannshaus erinnert sich noch gut an das Bild einer Familie, die von der Mitte des Saals zuschaute: "Ich sitze immer ein bisschen höher und sah, wie sie gestrahlt haben." Weil für die Musik der Bläser niemand Deutsch oder Englisch oder Farsi können muss. Weil Musik verbindet und alle irgendwie dazugehören, sind sich die Sinfoniker einig. Natürlich sollen die Muslime nicht zu kurz kommen, deswegen werden beim Weihnachtskonzert nicht nur Weihnachtslieder gespielt. "Das wäre auch zu süß", sagt Berten Clayes, der "Festlicher Jubel" zusammengestellt hat. Mit festlichen Stücken von Johann Sebastian Bach, Dimitrij Schostakowitsch und Roger Harvey. "Die haben viel gemeinsam, die Komponisten waren zwar alle keine Revolutionäre, haben aber alles bis zur Perfektion ausgearbeitet", sagt der Posaunist.

Das Besondere am Weihnachtskonzert ist, dass es ohne Dirigent gespielt wird. "Wir sind gezwungen zusammenzuarbeiten, können aber alles selber gestalten", sagt Clayes. Dafür soll es einen Moderator geben, der mit dem Publikum in Kontakt steht. "Das ist etwas Ungewöhnliches, und wir wissen auch noch nicht, in welches Sprache wir moderieren", sagt Clayes. Jetzt hofft er, dass die Flüchtlinge die Einladung annehmen. Dabei setzt er vor allem auf Maria Nickel vom SKM. Die Sozialarbeiterin wird für das Konzert werben, im Café Welcome zum Beispiel oder bei den Runden Tischen. Ehrenamtler sollen die Flüchtlinge übrigens begleiten, damit sie sich in der Stadt und im Theater in Mönchengladbach zurechtfinden. "Wer jemanden kennt, der gerne ins Konzert möchte, der kann sich bei mir melden", sagt Nickel.

(RP)
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