Mönchengladbach Singen und Glauben - das ist einfach cool

Mönchengladbach · Seit fünf Jahren gibt es in Mönchengladbach den Gospelchor "Family of Peace Gospel Singers". Inzwischen machen rund 80 begeisterte Sängerinnen und Sänger mit. Bei einer Probe für den Weihnachtsgottesdienst kam tolle Stimmung auf.

 Die "Family of Peace Gospel Singers" bei einer Probe für ihren Auftritt im Gottesdienst am zweiten Weihnachtstag in der Lutherkirche Giesenkirchen. Dabei wird auch Pfarrer Albrecht Fischer an der Gitarre begleiten.

Die "Family of Peace Gospel Singers" bei einer Probe für ihren Auftritt im Gottesdienst am zweiten Weihnachtstag in der Lutherkirche Giesenkirchen. Dabei wird auch Pfarrer Albrecht Fischer an der Gitarre begleiten.

Foto: Mario Winkler

Der Chor hat Stühle halbkreisförmig um einen Serviertisch gruppiert, auf dem ein Beamer steht. Wozu? Das wird erst im späteren Verlauf dieser Chorprobe der "Family of Peace" klar. Dann wirft der PC Liedtexte an die Wand, falls die Gospelfreunde noch nicht alles auswendig können. Friedensbewegt, das sind sie, die rund 80 Sängerinnen und Sänger des Mönchengladbacher Gospelchores, der sich jeden Donnerstag um 20 Uhr im Gemeindehaus der evangelischen Lutherkirchengemeinde in Giesenkirchen trifft. "Drei Generationen kommen bei uns zusammen", sagt Pfarrer Albrecht Fischer stolz, "die Altersspanne geht von 15 bis 75 Jahren."

Los geht's mit Atemübungen, die fast Aerobic-Qualität haben. Auf der Stelle hüpfend äußern die Sängerinnen und Sänger Vokalfolgen wie "Hoho, Haha, Hihi", dazu trommeln sie sich mit den Fäusten aufs Brustbein, wie es ihnen Gabriel "Gabby" Vealle, der charismatische Chorleiter, der permanent im Blickkontakt mit der Sängerschar bleibt und ständig seinen Standort wechselt, energisch vormacht.

"Lasst euren Atem strömen", fordert der beim Dirigieren am liebsten auf und ab tänzelnde 40-jährige Chorleiter auf, lässt die Choristen Zischlaute erzeugen und gibt per Fingerzeig exakt an, wann und wie oft ein "sch" oder ein "pf" zu ertönen hat. Dabei kontrollieren die Chormitglieder die Funktion ihres Zwerchfells, das sie erspüren müssen. Lustig wird's, als alle rhythmisch markant den Kanon "Tomatensalat" skandieren.

"Wir haben ja bald Weihnachten, da will man etwas geben", erklärt Vealle. Um sogleich in seinem Rucksack zu kramen und eine große Tüte Marshmallows zutage zu fördern. Mmmh! Die meisten greifen zu und kauen gut gelaunt die Süßigkeiten. Das ist nicht gerade etwas Alltägliches auf einer Chorprobe. Schelmisch begründet Gabby seine Spendier-Laune damit, dass er sich zum Weihnachtsfest bald auch ein Geschenk vom Chor erhofft - ein Filou mit offenem, breitem Strahle-Lächeln, dem man einfach nichts übelnehmen könnte.

"Singen ist etwas, an dem der ganze Körper beteiligt ist", betont Vealle. Und so werden Händeklatschen, Fingerschnipsen und Fußstampfen gern eingesetzt, um ein Grundgefühl fürs Rhythmische zu entwickeln.

Fast 20 Liedtitel weihnachtlicher Provenienz stehen auf der Songlist dieses Probenabends. Ein Teil davon soll im Gottesdienst am zweiten Weihnachtstag (26. Dezember) gesungen werden. Der beginnt um 9.45 Uhr, wie Pfarrer Albrecht Fischer noch einmal verkündet. Die Stücke hat die Chorgemeinschaft gut intus, doch Vealle feilt noch an Partien, die zwei- bis vierstimmig gesetzt sind. Die große Musikalität des Gospelmeisters wird zum Beispiel erkennbar, wenn Gabby zum Chorus solistische Improvisationen einflicht. Oder wenn er jeder der vier Stimmgruppen ihre je eigene Partie ein paarmal vorsingt und die Melodie von den Sängern nachsingen lässt. So lange, bis die Passage "sitzt". Dann eine 180-Grad-Wende - und die Bässe oder Tenöre gegenüber kommen dran. Sodann werden beide Stimmlinien verbunden, bis schließlich der vierstimmige Satz rhythmisch und in der Intonation sicher, sauber und klanggewaltig ertönt. "Halleluja!"

Bei "Auld Lang Syne" zeigt Vealle der Soprangruppe mit der flachen Hand die ungefähren Tonhöhen an. "Noten brauchen unsere Sänger nicht zu beherrschen", erläutert Cornelia Lange, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit der vor fünf Jahren gegründeten Family of Peace Gospel Singers kümmert.

"I'm Dreaming of a White Christmas" gewinnt vor allem dadurch besonderen Charme, dass ein Chormitglied, der Tenor Lars Basinski, übers Mikro die Strophen solistisch vorträgt. Das klingt großartig, fast könnte man annehmen, dass der legendäre Bing Crosby aus dem Jenseits herbeigebeamt worden wäre. Bei "I'm Going up Yonder" spielt Pfarrer Fischer auf der E-Gitarre gekonnt ein kleines Solo mit Wah-Wah-Pedaleinsatz. Durchgehend stützt ein Trio, dem auch der professionelle Keyboarder Hans-Peter Fassbender und der Schlagzeuger Max Lintner angehören, den Chor mit peppigen Jazzbeats und swingenden Bass-Linien.

Und was gibt das Singen mit Gabby den Laiensängern? Cornelia Lange: "Für viele Menschen ist Glaube etwas Spießiges geworden, leider. Das ist bei Gabby völlig anders. Er vermittelt Glauben aus tiefer Freude heraus, die sich im gesungenen Gebet ausdrückt. Dabei ist er absolut cool!" Eine Bestätigung dieser Überzeugung - Glauben ist cool - haben die Chorsänger wieder und wieder selbst erfahren. Und Gabriel Vealle ergänzt, wobei er ganz kurz einen ernsten Gesichtsausdruck annimmt: "Der Erfolg des Chores hängt auch davon ab, wie stark der Glaube die Leute beseelt", fasst er zusammen. Erfolg? Seit etwa zwei Jahren schafft es dieser Gospelchor, Kirchen bis zum letzten Platz zu füllen, zum Beispiel das Münster St. Vitus, zuletzt im Herbst die evangelische Hauptkirche Rheydt.

(RP)
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