Mönchengladbach SMS stoppt Umzug und legt Neubau auf Eis

Mönchengladbach · Der Maschinen- und Anlagenbauer SMS Group behält seinen Hauptsitz nun doch in Düsseldorf, die 1000 Mitarbeiter bleiben dort. Der geplante Neubau am Ohlerkirchweg ist zumindest aufgeschoben. Grund ist die schwache Stahlnachfrage.

 Das Firmengelände aus Richtung Ohlerkirchweg gesehen: Links liegt das Gelände von SMS Meer, rechts das ehemalige von Schlafhorst, im Hintergrund verläuft die Landgrafenstraße.

Das Firmengelände aus Richtung Ohlerkirchweg gesehen: Links liegt das Gelände von SMS Meer, rechts das ehemalige von Schlafhorst, im Hintergrund verläuft die Landgrafenstraße.

Foto: Michael Rennertz/SMS Meer

Eine große Summe im Lotto gewonnen - und dann festgestellt, dass man den Spielschein verloren hat? So fühlten sich gestern etliche Mönchengladbacher, die seit der Ankündigung der SMS Group im September 2014, mehrere ihrer Tochterbetriebe in der Vitusstadt zu konzentrieren, auf einen massiven Aufschwung für den Wirtschaftsstandort gehofft hatten. Gestern nun wurde bekannt, dass der Maschinen- und Anlagenbauer von diesen Plänen Abstand nimmt, obwohl sie erst kürzlich in einem Gespräch mit der Industrie- und Handelskammer konkretisiert worden waren. Auch der geplante Neubau für rund 1200 Mitarbeiter, die aus anderen Städten an den Ohlerkirchweg wechseln sollten, wird "bis auf Weiteres" nicht umgesetzt. Als Grund für den Kurswechsel wurde die Investitionszurückhaltung vieler Kunden genannt; die Entwicklung der weltweiten Stahlindustrie mit ihren aktuellen Überkapazitäten sei zu unsicher. Der SMS-Vorstand informierte gestern darüber Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners persönlich.

 Erst kürzlich präsentierte Torsten Heising, Mitglied der Geschäftsführung der SMS Group (Mitte),

Erst kürzlich präsentierte Torsten Heising, Mitglied der Geschäftsführung der SMS Group (Mitte),

Foto: Andreas Baum

Der Hauptsitz von SMS, der von Düsseldorf nach Gladbach verlegt werden sollte, bleibt nun doch in der Landeshauptstadt. Nach Gladbach wechseln soll nunmehr lediglich ein Servicebereich; er soll in Bestandsimmobilien untergebracht werden, die bisher anderweitig vermietet sind. Auch ein Elektronik-Testfeld soll kommen. Zudem wechseln etliche Mitarbeiter aus Aachen nach Gladbach - der Umzug dieser Sparte sei abgeschlossen, sagte ein SMS-Sprecher. "Wir rechnen dadurch mit rund 150 zusätzlichen Mitarbeitern für Mönchengladbach", sagte Reimund Strauß, Erster Bevollmächtigter der IG Metall.

Noch vor Wochenfrist hatte die IHK nach einem Gespräch mit Torsten Heising, Mitglied der Geschäftsführung der SMS Group, mitgeteilt, dass sich die Mitarbeiterzahl am Standort von SMS Meer durch den Umzug der Düsseldorfer Zentrale bis Ende 2017 von 1400 auf 2800 verdoppeln werde. Acht Standorte des Herstellers von Stahl- und Walzwerken sollten in Gladbach zusammengefasst werden - neben vieren aus Düsseldorf noch Duisburg, Hilden, Aachen und Langenfeld. Vor diesem Hintergrund ist die neue Entscheidung des Konzerns ein harter Schlag für Gladbach. Für den Industriestandort, aber auch für die Stadt - weil man sich auf zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen, viele Neubürger und eine Signalwirkung für die Außendarstellung gefreut hatte.

Dem Vernehmen nach schwächelt derzeit speziell der Standort Hilchenbach (Siegerland), wo SMS eine zweite Zentrale unterhält. "Auch in Gladbach ist die Auftragslage nicht prickelnd, aber sicher nicht krisenhaft", so Strauß. Das für das Unternehmen so wichtige Russlandgeschäft leide unter der derzeitigen politischen Großwetterlage.

SMS hält jedoch an der Fusion seiner Sparten Meer und Siemag fest. Dieser Schritt ist Teil eines Restrukturierungsprogramms, das jährliche Einsparungen von rund 250 Millionen Euro bringen soll - ein Drittel davon bei Personalkosten. Aufgrund der Lage in der Stahlindustrie seien in den letzten Jahren im Durchschnitt nur knapp über drei Milliarden Euro Auftragseingang erzielt worden. "Wir brauchen in der Regel aber 3,8 bis vier Milliarden Euro pro Jahr, um die Kapazitäten auszulasten", hatte SMS-Chef Heinrich Weiss im Herbst im RP-Interview gesagt. 200 Stellen sollten durch Umzüge wegfallen. Ob der Arbeitsplatzabbau nun reduziert wird, ist unklar. Betriebsbedingte Kündigungen wollte Weiss im Oktober jedenfalls "nicht vollständig ausschließen".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort