Mönchengladbach So jeck sind die Veedel (Teil 2)

Mönchengladbach · In Neuwerk, Hardt, Pesch und Wanlo waren gestern die Narren auf den Straßen unterwegs. Sie feierten bunt kostümiert und gut gelaunt.

 Fröhliche Gesichter beim Veedelszoch in Pesch.

Fröhliche Gesichter beim Veedelszoch in Pesch.

Foto: Ilgner

NEUWERK Sollten die Neuwerker Jecken Trendsetter sein, dann zählt das Zebrakostüm zu den ganz großen Hits der Session. Auch andere wärmende Tierkostüme gehörten bei den Zuschauern zu den Favoriten, um den eisigen Wind bei strahlender Sonne zu trotzen. Viele waren zum Veedelszoch gekommen, um das närrische Treiben im eigenen Viertel zu erleben und mit zu befeuern. Hier wollten die meisten Narren nicht einfach nur einen raschen Blick auf den bunten Lindwurm werfen, sondern nahmen sich auch die Zeit zum Feiern. So boten hier und da gut bestückte Klapptische die Zutaten für ein kleines Picknick am Straßenrand. Auf ihrem selbstgebauten Wagen hatten Frank Wiege und seine jecke Truppe neben geistigen Getränken auch die Musik zum Feiern inklusive Diskokugel gleich mitgebracht. Belohnt wurden sie alle mit einem fantasievollen Zug, der vom Haus Lütz durch die Straßen und am Krankenhaus vorbeiführte. "De Buure Gäng" bildete auf ihrem Wagen die Speerspitze - gleich nach der Feuerwehr. Ihnen folgten etliche Fußgruppen und einige von Traktoren gezogene Wagen, darunter das wehrhaft anmutende Schloss Krahnendonk der Neuwerker CDU. Herrlich anzusehen waren die Fußgruppe der Regenbogenfische mit schillernden Flossen und blauen Haaren sowie ein vielköpfiges Kartenspiel rund um König und Queen. Echte Hingucker waren ebenso die Mönchengladbacher Quatschköpp auf ihrem nett geschmückten Wagen mit Anhänger. Ihre bunten Clownskostüme aus ungezählten Flicken schienen alle Farben des Tages zu sammeln. Die Sportfreunde Neuwerk hatten sich in Trolle verwandelt, denen die blauen Haare zu Berge standen. Um reichlich Kamelle werfen zu können, plünderte eine Gruppe Vogelscheuchen den gut beladenen Anhänger vom Wagen vor ihnen. Von überall her schallte es "Halt Pohl und All Rheydt". Das Wurfmaterial wurde eifrig aufgesammelt. Da unter strahlend blauem Himmel das Lachen der Menschen um so ansteckender wirkte, rief eine hübsche Biene aus großem Schwarm gleich hinterher: "Die Sonne scheint extra für uns in Neuwerk".

HARDT Etwas enttäuscht stand Reiner Maßen in der Zugaufstellung des Hardter Rosenmontagszuges. "Wir haben in diesem Jahr nur rund 400 Teilnehmer. Im vergangenen Jahr waren es noch 700", sagte der Zugleiter. Der Grund für diesen Rückgang ist für die Karnevalisten nur schwer nachzuvollziehen. Mehrere Gruppen hätten gesagt, dass ihre Kinder jetzt aus dem Alter heraus seien, an einem Veedelszoch teilzunehmen. Die Erwachsenen haben sich gleich mit verabschiedet. Für Gesprächsstoff sorgte auch die Gruppe der "Grenzgänger". Sie sollten eigentlich auf einem Wagen fahren. "Als Jost Fünfstück vom MKV mit dem TÜV zur Abnahme der Wagen kam, war die Gruppe noch nicht fertig mit dem Wagenbau. Daher konnte der Wagen nicht freigegeben werden und darf nun aus Sicherheitsgründen nur als Motivwagen ohne Besatzung mit rollen", erklärte Maßen. Die "Grenzgänger" ärgerte das so sehr, dass sie aus dem Motivwagen einen Protestwagen machten, in dessen Mitte ein großes Plakat hing, auf dem "§-enreiter MKV" stand. An der Filiale der Stadtsparkasse ließ das Hardter Kinderprinzenpaar Marlon I. und Prinzessin Anna den Zug mit fünf Wagen und 19 Fußgruppen an sich vorbeiziehen, um sich am Ende selbst einzureihen. Obwohl der einst größte Kinderkarnevalszug am Niederrhein an mangelnder Beteiligung litt, war er sehenswert. Da zogen Indianer in Paddelbooten mit, das Krümelmonster war dabei, und Pippi Langstrumpf machte auch mit. Die größte Gruppe bildeten die Bewohner des Josefshauses. Die Kickerjecken kamen als Zug im Zug und waren als Eisenbahnwaggons verkleidet. Etwas kritisch wurde es am Start des Rosenmontagszuges, als sich die "Jecken Camper" auf den Weg machten. Um mit der Katholischen Landjugend abzuklatschen, fuhr der Wagen der Camper so nah an dem der Landjugend vorbei, dass die beiden beinahe kollidierten. Sehenswert waren dennoch beide. PESCH Im TV-Spot will sie jeder haben: das kleine rote und das kleine gelbe "m". Beim Pescher Veedelszoch waren die Beine der süßen Schokolinsen wesentlich länger und sportlicher als bei deren Werbeauftritt auf dem Laufband an der Kasse im Discounter. Denn in Pesch wurde ihr Dialog um die Frage, ob sie nun auf der Gästeliste stehen oder Teil der Speisekarte sind, von den Mitgliedern des TUS Jahn karikiert. Sie führten den Zug an, der an der Rohrstraße startete und die vierspurige Straße nach Pesch querte. Die Zahl der Jecken am Wegesrand war überschaubar, doch das tat dem Spaß an der Narretei keinen Abbruch. Die mitziehenden Narren riefen fröhlich das Mönchengladbacher "Halt Pohl", gaben Bützchen und schleuderten zielgerichtet ihr Wurfmaterial. Die Mitglieder der KJG-Pesch sammelten sich um einen Handwagen, den sie zum Zentrum der Katholischen-Jecken-Gemeinde umfunktioniert hatten. Die kräftigen Rot- und Blautöne ihrer Kostüme waren weithin sichtbar und sollen noch einmal heute im Veilchendienstagszug aufleuchten. Im sanfteren Burgund-Rot reihte sich das Gefolge des Pescher Kinderprinzenpaares ein. Der Karnevalswagen mit wogendem Schiff unter der Flagge von Alina II. und Justin II. auf hoher See schloss den Umzug durch die Straßen ab. Die Kutter-Crew im hoheitlichen Gewässer hatte ein Fenster dem Lügenbären Käpt'n Blaubär gewidmet.

 In Wanlo flog die Kamelle: Die Jecken strömten aus auch den Nachbarorten zu Fuß ins närrische Dorf.

In Wanlo flog die Kamelle: Die Jecken strömten aus auch den Nachbarorten zu Fuß ins närrische Dorf.

Foto: Reichartz
 In Neuwerk wurden diese flotten Bienen gesichtet. Überhaupt waren ziemlich viele Tiere unterwegs.

In Neuwerk wurden diese flotten Bienen gesichtet. Überhaupt waren ziemlich viele Tiere unterwegs.

Foto: Ilgner
 Beim Hardter Veedelszoch zeigten sich wahre Schönheiten. Und dazu schien die Sonne vom Himmel.

Beim Hardter Veedelszoch zeigten sich wahre Schönheiten. Und dazu schien die Sonne vom Himmel.

Foto: Hans-Peter Reichartz

WANLO Große und kleine Jecken strömten bunt kostümiert aus den Nachbarorten zu Fuß nach Wanlo. Dort war alles auf den Beinen: Die Anwohner hatten Tische und Lautsprecher an die Straße gerückt und mit Getränken, Brezeln und Berlinern bestückt. Die Kinder warteten aufgeregt auf den Zug. Die Balkone waren mit Luftballons geschmückt, an offenen Fenstern wurde gefeiert. "Der Karneval in Wanlo ist kinder- und familientauglich", sagte Andrea Mertens, die in einer fröhlichen Runde am Straßenrand stand. "Man kennt sich, man trifft sich, der Zusammenhalt ist groß", bestätigte Friedhelm Böhmer. "Die Kinder machen bei den Tanzgruppen mit und wollen alle irgendwann Prinz und Prinzessin werden." Keine Nachwuchsprobleme also beim Karneval in Wanlo. Und dann kam der Zug: hausgemachter Karneval vom Feinsten. Wagen und Fußgruppen, bunt, fantasievoll und aufwendig kostümiert und dekoriert - und mit ordentlich Kamelle ausgestattet. Die Jungschützen waren mit einem Olympiawagen dabei, die kleine Garde mit einer Bimmelbahn, das Kinderprinzenpaar grüßte das Narrenvolk. Die Fußgruppen begeisterten mit ungewöhnlichen Kostümen: Die einen ließen die Puppen in Form von riesigen Handspielpuppen tanzen, die anderen waren arktisch unterwegs - mit Iglu und in Eskimo- und Pinguinkostümen. Gäste waren auch dabei: die Landjugend Broich ebenso wie die Showfanfaren aus Odenkirchen. Der jecke Umzug schlängelte sich auf wohldurchdachter Route durch den Ort. Wenn die Kinder es geschickt anstellten, konnten sie dem Zug mehrfach zujubeln und Kamelle aufsammeln. Zum Schluss wurde weitergefeiert - auf der Straße und in der Mehrzweckhalle. "So lange bis wir keine Lust mehr haben", sagte KG-Präsident Heinz-Gerd Biewer.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort