Mönchengladbach So modern waren die Medien des Volksvereins

Mönchengladbach · Zum 125. Jubiläum der Gründung des Volksvereins für das katholische Deutschland präsentiert das Museum Schloss Rheydt die Ausstellung "Buch und Bild fürs Volk". Zu sehen sind beispielsweise 100 Glasdias zu Otto von Bismarck.

 Dr. Karlheinz Wiegmann (v. l.), Julia Reifenrath, Guido Weyer, Marion Engbarth und Klaus Möhlenkamp zeigen die Ausstellung, die ab Sonntag im Museum Schloss Rheydt zu sehen ist.

Dr. Karlheinz Wiegmann (v. l.), Julia Reifenrath, Guido Weyer, Marion Engbarth und Klaus Möhlenkamp zeigen die Ausstellung, die ab Sonntag im Museum Schloss Rheydt zu sehen ist.

Foto: Detlef Ilgner

Im zweiten Jahr seines Bestehens gründete der Volksverein eine Bibliothek, die nun der Aufhänger zur Ausstellung ist. Denn die sozialwissenschaftliche Sammlung vermittelt eine eindrucksvolle Vorstellung vom Kern der Arbeit im Volksverein: Der setzte auf Bildung und nutzte für seine Zeit überraschend moderne Medien.

"In den Vitrinen werfen wir Schlaglichter auf Themen wie Bestseller des Volksvereins und Elisabeth Foerster, die bis zu dessen Auflösung Bibliothekarin war. Die Besucher können interaktiv am PC stöbern, aber auch in alter Manier mit Leihschein einige ausgewählte Exemplare ausleihen", erklärt Museumspädagoge Dr. Klaus Möhlenkamp. Bildfahnen erinnern an große Köpfe des Volksvereins, wie zum Beispiel an Ferdinand Rabeneck, der 1920 von Berlin zur Zentralstelle in Mönchengladbach kam, um dort die Bibliothek und das Vereinsarchiv zu betreuen. Ein alter Tisch und Stuhl, Mobiliar aus Museumsbeständen, laden ein, Platz zu nehmen und sich beim Lesen in die damalige Zeit einzufühlen. Dazu passt die historische Vitrine mit einer Auswahl aus dem Mönchengladbacher Bestand: Der umfasst circa 94.000 Bände, davon über 22.000 Zeitschriften und Zeitungen. Der Besucher kann ebenso neue Medien nutzen und an zwei Laptops scrollen und recherchieren. Auch damit würde er im Sinne des Volksvereins agieren. Denn der setzte für die Weiterbildung ebenso auf eine Lichtbilderei, Film und sogar Schallplatten. "Die Medien wurden damals noch skeptisch beäugt", betont Marion Engbarth vom Fachbereich Bibliothek dazu. In einer Vitrine sind beispielhaft für die etwa 300 vorhandenen Diaserien 100 Glasdias zu Otto von Bismarck zu sehen. Obwohl hochempfindlich, fehlt hier nur die Nummer 50. Zu sehen ist auch das Beiheft, wie es zu jeder Serie eine schriftliche Einführung und Erklärung gab. Julia Reifenrath vom Fachbereich Bibliothek hat für die Ausstellung 300 Bände aus dem Bestand digitalisiert.

Fachbereichsleiter Guido Weyer von der Stadtbücherei unterstreicht die Bedeutung des Volksvereins, der mit 800.000 Mitgliedern über die katholische Kirche hinaus wirkte. "Das war keine rein katholische Bibliothek. Man hatte auch bewusst gegnerische Schriften, war breit aufgestellt", betont er. "Das war keine Bibliothek mit wertvollen Folianten, sondern eine Bibliothek für den Gebrauch", erklärt wiederum Museumsleiter Dr. Karlheinz Wiegmann, um zu belegen, dass der Volksverein nicht elitär gewesen sei, sondern Bildung an alle Schichten weiter geben wollte.

Die Gladbacher wussten den Wert der Bibliothek zu schätzen. 1935, zwei Jahre nach Auflösung des Volksvereins durch die Nationalsozialisten, wurde der Bestand per Ratsbeschluss für 65.000 Reichsmark gekauft. Das belegt der aufgeschlagene Eintrag ins Ratsprotokoll.

(anw)
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