Mönchengladbach Sozialbetrug in Schlachthöfen

Mönchengladbach · Weil er in deutschen Schlachthöfen ausländische Metzger beschäftigte, aber keine Arbeitnehmeranteile zahlte, muss sich ein Mönchengladbacher Arbeitgeber vor Gericht verantworten. Der Prozess beginnt in dieser Woche.

 Gewissenskonflikte entbinden gläubige Menschen nicht unbedingt von beruflichen Aufgaben, entschied das Freiburger Arbeitsgericht.

Gewissenskonflikte entbinden gläubige Menschen nicht unbedingt von beruflichen Aufgaben, entschied das Freiburger Arbeitsgericht.

Foto: ddp, ddp

Der 44-jährige Angeklagte wurde in Italien festgenommen und sitzt seit April in Untersuchungshaft. Der Mönchengladbacher ist Inhaber von mehreren polnischen und litauischen Einzelunternehmen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, in den Jahren 2005 bis 2007 Urkunden gefälscht und gebraucht zu haben. Laut Anklage soll der 44-Jährige in deutschen Schlachthöfen polnische und litauische Metzger und Zerlegearbeiter beschäftigt und dabei Subunternehmer eingesetzt haben.

Dabei soll der Angeklagte das so genannte Entsendegesetz ausgenutzt haben. Werden die Sozialversicherungsbeträge im eigenen Land gezahlt, sind die Arbeiter später in den EU-Ländern von der Versicherungspflicht befreit. Als Nachweis muss der Arbeitgeber jedoch E-101-Bescheinigungen vorlegen.

Straßenverkehrsgefährdung

Dieses Problem soll der Angeklagte gelöst haben, indem er diese Bescheinigungen fälschte. An ihren deutschen Einsatzorten sollen die offensichtlich ahnungslosen ausländischen Mitabeiter die unechten Urkunden den Chefs der Schlachthöfe übergeben haben. Offensichtlich war der Angeklagte überzeugt, die vorenthaltenen Sozialvesicherungsbeiträge für immer einsparen zu können. Laut Anklage ist die Rede von 220 000 Euro, die den Kassen als Arbeitnehmeranteilen entgangen sein sollen.

Der Mönchengladbacher, der sein Archtitekturstudium nicht beendete, musste in der Vergangenheit bereits eine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung verbüßen.Im vergangenen Jahr wurde der 44-Jährige außerdem wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung vorbestraft. Insgesamt drei Firmen, ein polnische, eine litauische und eine tschechische, will der Arbeitgeber bisher aufgebaut haben.

Zurzeit sei er allerdings ohne Einkommen, soll der Mann im Ermittlungsverfahren erklärt haben. In einigen Fällen soll der Angeklagte mit einem anderen Unternehmer gemeinschaftlich gehandelt haben. Der Mitbeschuldigte muss sich demnächst ebenfalls vor Gericht verantworten.

In elf deutschen Schlachthöfen sollen die polnischen, litauischen, tschechischen, aber auch ungarischen und slowakischen Metzger eingesetzt worden sein. Bereits im Ermittlungsverfahren soll der Mönchengladbacher ein Geständnis abgelegt und die Fälschungen zugegeben haben. Einer Zeugin soll sich der 44-Jährige offenbart haben: Sie wisse nicht, was man mit einem Computer alles machen könne.

Für den Prozess vor der 8. Großen Strafkammer des Mönchengladbacher Landgerichts wurden sechs Zeugen geladen. Außerdem sollen insgesamt acht Urkunden den Richtern vorgelegt werden, um den dreisten Fälschungsfall aufzuklären.

(RP)
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