Mönchengladbach Sozialdienst lotst durch Hilfe-Dschungel

Mönchengladbach · Die Sozialarbeiterinnen der Krankenhäuser stehen vor immer mehr Aufgaben. Das liegt an der demografischen Entwicklung, aber auch an der Gesundheitspolitik und der kürzeren Verweildauer von Patienten in Krankenhäusern.

Mönchengladbach: Sozialdienst lotst durch Hilfe-Dschungel
Foto: dpa

Bisher hat die 80-jährige Patientin allein im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses gelebt. Jetzt soll sie nach einem Oberschenkelbruch mit anschließender Operation aus dem Krankenhaus entlassen werden. Aber das Bein ist erst nach sechs Wochen voll belastbar. Was nun? Nach Hause kann sie erst mal nicht zurück. "Da wäre die Pflege nicht gewährleistet", sagt Maria Marx, Teamleiterin des Sozialdienstes der Kliniken Maria Hilf. "In einem solchen Fall kümmern wir uns um die Unterbringung in einer Kurzzeitpflege." Nach vier Wochen in der Kurzzeitpflege ist dann erkennbar, ob die Patientin wieder allein zu Hause leben kann oder besser in ein Altenheim wechselt. Ein typischer Fall für die Arbeit der Sozialdienste, die es in allen Gladbacher Krankenhäusern gibt.

Die Sozialdienste unterstützen bei allen Belangen rund um die Entlassung eines Patienten. Sie beantragen ebenso das Pflegebett oder nehmen Kontakt zu Pflegediensten auf wie sie nach einem Heimplatz suchen oder beim Ausfüllen von Anträgen helfen.

Weil die Patienten immer älter werden, nimmt die Arbeit der Sozialdienste zu. Auch weil die Angehörigen aus unterschiedlichsten Gründen die anstehenden Aufgaben nicht mehr bewältigen. "Alte Menschen leben oft allein oder mit einem ebenfalls schon betagten Partner zusammen", sagt Brigitte Zerres vom Bethesda-Sozialdienst. "Die Kinder sind voll berufstätig und können die Pflege nicht übernehmen. Oder sie sind selbst schon alt." Wie im Fall einer 94-jährigen Patientin, deren 72-jährige Tochter sich jahrelang um die Mutter gekümmert hat, jetzt aber körperlich am Ende ist. Wie kann es weitergehen? Der Sozialdienst hilft bei der Suche nach einem Heimplatz, so dass sichergestellt ist, dass die Mutter nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus gut versorgt ist. Mit einem Platz allein aber ist es aber im Allgemeinen nicht getan, das Ganze will auch finanziert sein. Die Sozialdienste beraten und helfen auch bei der Beantragung von Leistungen der Pflegeversicherung, vermitteln an den Rentenversicherungsträger weiter oder erklären, wann es sinnvoll ist, das Krankengeld noch weiter zu beziehen. Oder sie organisieren die ambulante Pflege zu Hause und die Bereitstellung der Hilfsmittel wie Rollatoren. Nicht nur die demografische Entwicklung trägt dazu bei, dass die Sozialdienste vor wachsenden Aufgaben stehen, auch die Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre führt zu einem spürbar zunehmenden Druck, denn die Verweildauer der Patienten in den Kliniken ist deutlich kürzer geworden. "Wir beginnen eigentlich schon bei der Aufnahme der Patienten damit, die Entlassung vorzubereiten", erklärt Astrid Hensel vom Elisabeth-Krankenhaus in Rheydt. Schließlich bleiben viele Patienten höchstens eine Woche in der Klinik. Nicht viel Zeit, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. "Wir sind auf ein gutes Netzwerk angewiesen", erklärt Brigitte Zerres.

Auch untereinander tauschen sich die Sozialarbeiterinnen der Gladbacher Krankenhäuser aus. Einmal im Monat tagt der Arbeitskreis, in sich die Sozialdienste zusammengeschlossen haben. Dann geht es um Informationsaustausch oder die Besuche neuer Einrichtung. Und um Fortbildung, denn im Bereich des Sozialrechts ist nichts so verlässlich wie der Wandel. Zum 1. Januar 2017 zum Beispiel tritt das neue Pflegestärkungsgesetz in Kraft, das die bisherigen drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt. Mit diesen Veränderungen müssen sich die Mitarbeiterinnen der Sozialdienste auseinandersetzen, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. "Wir sehen uns auch als Lotsen", sagt Gabriele Scholz vom Sozialdienst des Krankenhauses Neuwerk. Als Lotsen durch die vielfältigen und teils unübersichtlichen Hilfsangebote.

Die Patienten und ihre Angehörigen, die sich im Allgemeinen in einer Ausnahme- und Krisensituation befinden, sind jedenfalls froh, dass ihnen der Sozialdienst mit Rat und Tat zur Seite steht. "Viele haben gar nicht geahnt, dass es uns gibt", sagt Marx.

(RP)
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