Mönchengladbach Sozialholding-Chef: Mehr Hilfe für Demenzkranke

Mönchengladbach · Demenzerkrankungen sind jetzt stärker im Blick. Und es gibt Vorteile für Versicherte, die in den 32 Alten- und Pflegeheimen in der Stadt leben. Das Pflegestärkungsgesetz II bekommt positive Kritik.

 Das Foto zeigt ältere Menschen, die mit Sport einer Demenzerkrankung vorbeugen wollen.

Das Foto zeigt ältere Menschen, die mit Sport einer Demenzerkrankung vorbeugen wollen.

Foto: Purestock

Vor einigen Tagen trat die weitreichendste Reform seit Einführung der Pflegeversicherung in Kraft: das Pflegestärkungsgesetz II. 2,4 Milliarden Euro fließen zusätzlich ins die Pflege. Davon profitieren die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich.

 Helmut Wallrafen: "Es fließt mehr Geld ins System."

Helmut Wallrafen: "Es fließt mehr Geld ins System."

Foto: Tietze

Im Vergleich zum bisherigen Zustand finden sich zwei entscheidenden Änderungen. Zum einen werden Demenzerkrankungen bei der Einstufung in die jetzt Pflegegrade genannten Kategorien erstmals berücksichtigt. So wurden aus den bisherigen Pflegestufen 0 bis 3 die neuen Pflegegrade 1 bis 5. Die Überleitung erfolgt automatisch. Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, also diejenigen, die an Demenz erkrankt sind, überspringen zwei Stufen und finden sich jetzt beispielsweise statt in Pflegestufe 1 in Pflegegrad 3.

"In den neuen Begutachtungskriterien wird endlich der Demenz Rechnung getragen", lobt Helmut Wallrafen, Geschäftsführer der Sozialholding. Es stehen weiterhin Pflegegeld, Pflegesachleistung und Beträge für die Tagespflege sowie ein Entlastungsbetrag für die Angehörigen zur Verfügung. Aber bei den Pflegesachleistungen kann man flexibler vorgehen. "Man kann sie variabel nutzen", sagt Wallrafen. "Sie sind nicht mehr ausschließlich an Pflegeleistungen durch ambulante Dienstleister gebunden, sondern können auch verwendet werden, um hauswirtschaftliche Leistungen einzukaufen." Durch die Veränderungen wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Menschen mit Demenz zwar körperlich nicht unbedingt eingeschränkt sind, wohl aber Unterstützung im Alltag benötigen.

Auch im stationären Bereich gibt es Veränderungen, die die rund 2300 Menschen in Mönchengladbach betreffen, die in den 32 Alten- und Pflegeheimen in der Stadt leben. "Von nun an bleibt der Eigenanteil der Versicherten immer gleich, egal, welchen Pflegegrad sie haben", beschreibt der Geschäftsführer der Sozialholding die Unterschiede. Bisher gab es oft Streit mit den Angehörigen, weil eine Einstufung in eine höhere Pflegestufe gleichzeitig eine Erhöhung des Eigenanteils bedeutete. Dadurch musste die Finanzierung des Heimaufenthalts neu überdacht werden, die Angehörigen wurden unter Umständen zusätzlich herangezogen oder die Anträge mussten neu gestellt werden. Das ist jetzt vorbei.

Die Einstufung in eine höhere Kategorie liegt damit im Interesse der Pflegebedürftigen und ihrer Familien, denn es stehen mehr Leistungen zur Verfügung, es muss aber nicht mehr bezahlt werden. Gleichzeitig wird Besitzstandsschutz gewährt: niemand, der bereits im Heim lebt, muss mehr bezahlen. Eventuelle Differenzen übernimmt die Pflegekasse. Wer bisher mehr gezahlt hat, zahlt jetzt aber weniger. Für die Versicherten also eine sehr komfortable Situation.

Sozialholding-Chef Helmut Wallrafen findet die Gesetzesänderungen grundsätzlich positiv, auch für die Betreiber der Altenheime. "Es fließt mehr Geld ins System", sagt er, "das ist gut." Es ergeben sich auch Vorteile für die in der Pflege Beschäftigten: Wenn die Träger Tariflohn zahlen und dies belegen, übernehmen die Kassen die zusätzlichen Kosten. "Bisher zahlt nur die Sozialholding in Mönchengladbach Tariflohn, jetzt werden wohl andere nachziehen", sagt Wallrafen.

Mit einem Punkt im neuen Gesetz ist er aber doch unzufrieden. "Man weiß zwar, dass man endlich einen Personalschlüssel festlegen müsste, hat dies aber bis 2020 aufgeschoben", stellt er fest. Durch einen Personalschlüssel würde pro Pflegegrad der Zeit- und Arbeitsaufwand festgelegt, alle Heime hätten dann die gleiche Anzahl Mitarbeiter pro Pflegebedürftigen vorzuhalten. Aber bis es soweit ist, dauert es noch einige Jahre.

(arie)
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