Mönchengladbach Sparen, sparen, sparen

Mönchengladbach · Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer fielen 2015 niedriger aus. Und 2016 drohen noch Rückzahlungen. Die IHK warnt vor einer Kettenreaktion und mahnt.

Mönchengladbach: Sparen, sparen, sparen
Foto: Nico hertgen

Zwei Lehrsätze bekommt jeder angehende Kämmerer mit auf seinen Ausbildungsweg. Erstens: Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind großen Schwankungen unterworfen, und können sogar noch in den letzten Wochen eines Jahres aus dem Ruder laufen. Zweitens: Selbst wenn die Einnahmen fest verbucht und ein Jahr abgeschlossen ist, können Rückzahlungen drohen und ein vermeintlich gutes Ergebnis doch noch verhageln.

Der Stadt ergeht's so, und ihr Kämmerer Bernd Kuckels zitiert die Lehrsätze aus dem Kämmerer-Einmaleins. Denn fest steht: Mönchengladbach hat im vergangenen Jahr nicht die prognostizierten 150,5 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen, sondern rund zehn Millionen weniger.

Die Insider, die sich daran erinnern, dass Kuckels im Laufe des vergangenen Jahres von einem erwarteten Minus von fast 20 Millionen Euro gesprochen hatte, könnten sich nun nach dem rheinischen Grundsatz "Ett hätt noch emmer joot jejange" beruhigt zurücklehnen. Das Gegenteil ist aber der Fall: Die für 2015 angekündigte Rückzahlung von zuviel gezahlter Gewerbesteuer von eben diesen 20 Millionen Euro steht für dieses Jahr an. Das ist zwar ein sogenannter Einmaleffekt, aber die Stadt wird die in der Prognose genannten 150 Millionen Euro Gewerbesteuer wohl kaum erreichen. Daraus lässt sich die Frage ableiten: Was passiert dann?

Denn Fakt ist und bleibt: Das große, unveränderliche Ziel ist der Haushaltsausgleich im Jahr 2018. Dann müssen Einnahmen und Ausgaben übereinstimmen. Stadtkämmerer Kuckels wird nicht müde, auf die erreichten Erfolge hinzuweisen. So hat die Stadt erstmalig 2015 die Einsparvorgabe zu 100 Prozent erfüllt. Es gibt sogar ein Plus von rund 1,2 Millionen Euro. Und weil in der Kämmerei gewissenhafte Rechner arbeiten, können sie sofort die dazu passenden Zahlen präsentieren. Etwa die: 63,21 Prozent der Gesamtkonsolidierungsvorgabe wurden erreicht, bis zum Haushaltsausgleich 2018 müssen aber noch 143,4 Millionen Euro eingespart werden.

Diese Erfolgsbilanz ist trügerisch. Darauf weist die IHK Mittlerer Niederrhein hin. Ihre Experten haben sich eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) angeschaut und festgestellt, dass die Ausgaben der Stadt im Vergleich zu anderen Großstädten mit einer ähnlichen finanziellen Grundstruktur zu hoch sind. Professor Dr. Roland Döhrn, beim RWI Leiter des Kompetenzbereichs "Wachstum, Konjunktur, Öffentliche Finanzen", hat sich den Gladbacher Haushaltssanierungsplan (HSP) angeschaut und findet: "Der für das Jahr 2018 eingeplante Überschuss erscheint zu knapp, um für unerwartete gesamt- und finanzpolitische Störungen, zum Beispiel konjunkturelle Einbrüche, gewappnet zu sein." Das heißt nichts anderes als: Die Stadt sollte noch öfter den Rotstift ansetzen.

Da nehmen die RWI-Forscher vor allem die Personalkosten der Verwaltung in den Blick. "Die Personalintensität ist aktuell mit 12,2 Beschäftigten auf 1000 Einwohner bemerkenswert hoch", sagt Döhrn. Hier schließt sich der Kreis. "Für die regionale Wirtschaft sind Kommunen mit einer soliden Finanzlage sehr wichtig", sagt Dr. Norbert Miller, Vizepräsident der IHK Mittlerer Niederrhein und verweist darauf, dass Städte mit defizitären Haushalten und hohen Schulden notwendige Investitionen für die Zukunft nicht finanzieren können.

Wie können sich Kommunen dagegen wappnen? Sie sparen - was die Stadt tut, was aber laut RWI nicht ausreichend ist. Und wenn das Sparvolumen nicht ausreicht, drohen Steuererhöhungen. "Immer mehr Kommunen versuchen, über höhere Steuern ihre Haushalte auszugleichen", sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Mönchengladbach habe die Gewerbesteuer seit 2012 in zwei Stufen um insgesamt knapp neun Prozent erhöht. Damit steht die Stadt nicht alleine da. Denn, so Steinmetz: "Kurzfristig sorgen Steuererhöhungen zwar für höhere Liquidität, langfristig wirken sie negativ. Ansiedlungsorientierte Unternehmen entscheiden sich für Standorte mit niedrigen Steuersätzen." Kuckels prägte einmal den Begriff der "konditionierten Eventual-Steuererhöhung". Einfacher: Wenn's am Ende partout nicht reicht, müssten Steuern steigen. Es sei denn, die Stadt beugt vor - und spart noch mehr.

(RP)
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