Analyse Borussia-Spielplan macht Amateuren Sorgen

Fussball · Der Amateurfußball verliert zunehmend - Geld, Personal, gesellschaftliche Bedeutung. Im Schatten der Profis machen sich Vertreter der Kleinen für einen finanziellen Ausgleich stark. "Wir sind die preiswertesten und größten Kindergärten der Nation", heißt es.

 Unter Ausschluss der Öffentlichkeit: So wie Bezirksligist Blau-Weiß Meer geht es vielen Amateurvereinen im Kreis. Von den wenigen Zuschauern, die sie haben, zieht es viele in Richtung großer Fußballbühne und Borussia-Park.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit: So wie Bezirksligist Blau-Weiß Meer geht es vielen Amateurvereinen im Kreis. Von den wenigen Zuschauern, die sie haben, zieht es viele in Richtung großer Fußballbühne und Borussia-Park.

Foto: WiechMann

"Was erlauben DFB?" könnte man in Anlehnung an Giovanni Trapattonis legendäre Wutrede von 10. März 1998 fragen. Denn die Amateur-Vereine, so könnte man weiter fortfahren, sind inzwischen "wie Flasche leer". Das betrifft ihre Kassen, die Zahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter, die Zuverlässigkeit von Spielern und die gesellschaftliche Bedeutung.

Der Deutsche Fußballbund (DFB) und mit ihm seine Landesverbände tummeln sich allzu gerne auf der großen Fußballbühne, auf der sich alle publikumswirksam in Szene setzen können. Der Kontakt zu den Niederungen des Fußballs muss darunter zwangsweise leiden, obwohl von unten gerne Erfolgsgeschichten transportiert und gehört werden. Bezirksligist Lürrip scheint da noch eine Ausnahme zu sein. Er ist der Klub im Ortsteil, der noch auf zahlreiche Mitarbeiter zurückgreifen kann und der mit großem Einfallsreichtum seine Kasse aufbessert (z. B. mit einem Sammelalbum).

"Aber wir müssen schon kämpfen. Vor allem leiden wir unter den Spielen der Borussia. Da fehlen schon einmal Spieler beim Training, weil sie nicht auf ein Champions-League-Spiel verzichten wollen. Dazu haben wir erhebliche Einnahmenverluste, wenn Borussia parallel zu uns spielt. Wir rechnen bei jedem Besucher, dass er pro Spiel acht Euro ausgibt", sagt Fußballobmann Andreas Zimmermann.

Eine noch wesentlich größere Leidensfähigkeit wird Blau-Weiß Meer abverlangt. Der Klub verfügt über keine attraktive Platzanlage, bietet aber vielen Nationalitäten eine Heimat. "Fußballobmann Rolf Fränzen hält den Klub wie eine Familie zusammen. Aber er wird dem Klub auch nicht ewig zur Verfügung stehen", sagt Trainer Erhan Kuralay. Zudem muss der Verein jeden Cent mehrmals umdrehen, bis er ihn ausgeben kann. "Wenn wir dann gegen Lürrip spielen und ein Schiedsrichter aus Kleve angesetzt wird, kostet das 66 Euro. So viel nehmen wir bei einem Spiel kaum ein", sagt Fränzen.

Borussias Spielplan wird den Amateurklubs in der Stadt auch in den kommenden Wochen viele Probleme bescheren. Innerhalb von drei Wochen muss der Bundesligist sechs Spiele absolvieren. Viele Amateurspieler und Funktionäre haben Jahreskarten für die Spiele der Gladbacher. Wegen der verbreiteten Borussen-Verbundenheit in der Rgion werden auch die Amateurklubs wegen Zuschauermangels mitleiden, vor allem finanziell. "Es wäre eine freundliche Aktion der Borussia, wenn sie pro Saison den circa 39 Amateurvereinen des Kreises eine Ausgleichsumme zur Verfügung stellten", schlägt Andreas Zimmermann vor.

Vielleicht sollte der DFB mit seinen Landesverbänden in dieser Hinsicht seinen Einfallsreichtum bemühen. Die Amateurvereine sind immer noch die größten und preiswertesten Kindergärten der Nation, weil sie im Jugendbereich alle Kinder aufnehmen, egal wie gut sie den Ball nun treffen. Die Klubs erhalten jedoch dafür keine Belohnungen, sondern es werden Strafgebühren an den Verband fällig, wenn Klubmitarbeiter bei technisch anspruchsvollen Tätigkeiten Fehler unterlaufen.

"Ich habe fertig", hat Giovanni Trapattoni seine Wutrede beendet, aber gehofft, dass sie Wirkung zeigt: Der DFB und seine Spitzenvereine sollten sich etwas erlauben, was auch den Amateuren spürbar hilft ...

(RP)
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