Karl-Heinz Hahn "Ein Boxer hat keine Wut im Bauch"

Mönchengladbach · Der Vorsitzende der Faustkämpfer Mönchengladbach spricht anlässlich des 90-jährigen Bestehens über die Geschichte des Vereins, große Momente mit Ina Menzer im Rampenlicht und den Wandel seines Sports in den vergangenen 20 Jahren.

 Guten, sauberen Amateurboxsport wollen die Faustkämpfer ihren Sportlern vermitteln.

Guten, sauberen Amateurboxsport wollen die Faustkämpfer ihren Sportlern vermitteln.

Foto: Daniel Breuer

Herr Hahn, welche Faktoren sind entscheidend dafür, dass die Faustkämpfer über 90 Jahre hinweg existieren konnten?

Hahn Ein früherer Vorsitzender des Vereins in den 60er Jahren, Max Hütten, hat einst gesagt: "Auch bei vielen Höhen und Tiefen gab es im Verein immer neue Leute, die das Ruder in die Hand genommen und dem Verein neue Impulse gegeben haben." Gott sei Dank hat sich das bis heute so bewahrheitet. Wir sind der einzige Verein in der Region, der Amateurboxen schult. Man kann schon sagen, dass die Bindung der Mitglieder zum Verein über zwanzig, dreißig Jahre andauert. Auch wenn wir eine harte Sportart betreiben, geht es bei uns sehr kameradschaftlich zu. Das schafft eine besondere Atmosphäre im Verein.

 Karl-Heinz Hahn, Erster Vorsitzender der Faustkämpfer Mönchengladbach hat einiges erlebt.

Karl-Heinz Hahn, Erster Vorsitzender der Faustkämpfer Mönchengladbach hat einiges erlebt.

Foto: Stefan Schlüter

Gerade Sie sind eine der Hauptpersonen im Verein: Wie hat ihr Engagement im Verein begonnen?

Hahn Ich bin dem Boxsport seit 1966 verbunden und habe zehn Jahre aktiv geboxt. Danach war der Vorstand schwach besetzt, dann ging es nahtlos weiter: Seit 1982 bin ich der Vorsitzende, dazu Ringrichter und habe den Trainerschein gemacht. Ich bin also komplett ausgestattet (lacht). Dazu gibt es mit unseren Trainern Oleg Ginkel und Waldemar Altergott oder auch unserer Schatzmeister Jochen Kempin Leute, die gemeinsam für den Verein leben.

Auch wenn Sie betont haben, Boxen sei keine Modesportart, haben Sie mit Ina Menzers Karriere sicherlich einen Schub bekommen. Welche Rolle spielt solch eine "Botschafterin" für Ihren Verein?

Hahn Ina Menzer hatte eine großen Einfluss auf unseren Verein: Sie hat hier das Boxen gelernt und hat es in den Profi-Bereich geschafft. Dadurch rückte auch der Verein mehr in den Fokus, medial und auch in der Öffentlichkeit. Ja, das hat dem Verein einen Schub gegeben.

Neben Ina Menzer haben zahlreiche talentierte Boxer aus ihrem Stall eine Vielzahl von nationalen Titeln geholt. Wo liegt der Schlüssel zu der diesen Erfolgen?

Hahn Talent alleine reicht nicht aus. Boxen ist sehr trainingsintensiv, unsere leistungsorientierten Sportler trainieren drei- bis viermal in der Woche. Der Schlüssel liegt in erster Linie in der hervorragenden Arbeit unserer Trainer und dem gesamten Team drum herum. Sie schulen die wichtigsten Fähigkeiten, Technik und Taktik, die mehr wiegen als pure Kraft. Mit Wut im Bauch gewinnt man sowieso keinen Kampf. Wenn unsere Sportler in den Ring steigen, erkennen die Funktionäre, dass sie aus Mönchengladbach kommen.

Wie sehen die Zukunftsaussichten aus? Verleiten die Erfolge dazu, den Verein wachsen zu lassen und zu professionalisieren?

Hahn Wir wollen bei unseren Wurzeln bleiben. Neben dem Leistungsboxen bieten wir ja Fitness- und Jugendboxen an. Bestrebungen, uns auf den Profibereich zu spezialisieren, sind völlig unrealistisch. Profi- und Amateurboxen sind zwei verschiedene Sportarten. Titel sind natürlich schön, müssen aber nicht um jeden Preis her.

Welche Art von Boxer, welcher Typ Sportler kommt heutzutage in den Verein?

Hahn Boxen hat sich in den letzten zwanzig Jahren gewandelt. Der typische Boxsportler ist nicht jemand mit einem vernarbten Gesicht und einer Menge Wut im Bauch. Diese Zeiten sind vorbei. Heutzutage ist der Zulauf sehr viel breiter: Menschen aus allen Altersklassen und der breiten Gesellschaft finden den Weg zu uns. Hier trainieren, LKW-Fahrer, Flüchtlinge oder Geschäftsmänner gemeinsam.

Sie haben bereits erwähnt, dass viele Flüchtlinge in ihren Verein kommen. Wie gelingt die Integration im Verein, und was können Sie für diese Menschen leisten?

Hahn Wir haben mittlerweile Menschen aus 15 verschiedenen Nationen bei uns. Der Sport ist für die Integration sehr wichtig. Probleme untereinander gibt es so gut wie nie, weil alle wissen, dass wir niemandem aus dem Weg gehen und der Sport uns verbindet. Trotzdem stoßen wir mit unseren 180 Mitgliedern an die Grenzen unserer Kapazitäten.

Wenn sie zurückblicken, gibt es einen Moment, an den Sie sich in der Vereinshistorie sofort gerne erinnern?

Hahn Tatsächlich. Das waren die Feierlichkeiten nach Ina Menzers WM-Titel 2005 in Halle. Wir haben die ganze Nacht gefeiert. Übrigens auf Kosten ihres Boxstalls.

SEBASTIAN EUSSEM FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(seu)
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