Tennis "Lieber Mittelfeld mit 1500 Zuschauern als Meister mit 400"

Mönchengladbach · Der Teamchef des Tennis-Bundesligisten Gladbacher HTC spricht über das zweite Jahr im Oberhaus und die Veränderungen im Kader.

Der GHTC steht vor seiner zweiten Saison in der Ersten Tennis-Bundesliga, die am 5. Juli mit einem Heimspiel gegen Blau-Weiß Neuss startet. Was haben Sie mitgenommen aus der Premierensaison?

Schmidt Das erste Jahr hat uns unglaublich viel Mut gemacht, weil wir gemerkt haben, wie viel Wertschätzung und Interesse uns in der Bundesliga entgegengebracht wird. Aber wir haben im ersten Jahr bei der Zusammenstellung des Kaders auch Fehler gemacht.

Welche waren das?

Schmidt Wir hatten zwar viele Spieler mit einem hohen Ranking im Kader, die aber hauptsächlich ihre Punkte auf Hard Court oder Rasen gemacht haben. Jerzy Janowicz war die Nummer 19 der Welt, als wir ihn verpflichteten, aber er hat noch nie ein Ascheturnier gewonnen. Ivo Karlovic hat sich dagegen nicht einmal bei uns blicken lassen. Michal Przysiezny und Xavier Malisse waren ebenfalls reine Hard-Court- und Rasenspieler. Der einzige Leistungsträger, den wir jetzt leider verloren haben, ist Dustin Brown, der nun in Köln spielt, weil das mittlerweile auch seine Wahlheimat ist.

Wie hat sich Ihr Kader demnach verändert?

Schmidt Wir setzen nun stärker auf reine Aschespieler. Bezogen auf die Ranglistenpositionen sieht der jetzige Kader vielleicht einen Tick schlechter aus als im Vorjahr, er ist aber in Wirklichkeit stärker geworden, weil wir viele gute Aschespieler haben und alle wirklich gerne Bundesliga für uns spielen. Vergangenes Jahr war es manchmal schwierig, die Wunschformation zusammenzubekommen. Jetzt muss ich eher mit den Spielern absprechen, wer wann nicht spielt. Eine weitere Veränderung ist, dass Malte Stropp zwar weiterhin als Spieler eingesetzt werden kann, er vornehmlich aber unserem Trainer Patrice Hopfe als Assistent-Coach zur Seite steht und wir damit immer auf beiden Plätzen einen Trainer auf der Bank haben.

Wer sind in der kommenden Saison die großen Stars der Mannschaft?

Schmidt Guillermo Garcia-Lopez, Andreas Haider-Maurer und Albert Ramos-Vinolas sind bezüglich der Öffentlichkeitswirkung unsere Topspieler. Haider-Maurer ist Österreichs Nummer eins und überall bekannt, weil er ein cooler und unheimlich sympathischer Typ ist. Garcia-Lopez ist ein Spieler, der jeden auf der Welt schlagen kann. Und unser Zugang Ramos-Vinolas ist ein langjähriger spanischer Davis-Cup-Spieler. Unser Publikumsliebling ist mittlerweile Oleksandr Nedovyesov, der vergangene Saison stark gespielt hat und auch sonst häufiger auf unserer Anlage ist. Und mit Jesse Huta Galung, der schon zehn Jahre in Neuss und Düsseldorf Bundesliga gespielt hat, haben wir einen Spieler, der einen Wiedererkennungswert in der Region hat.

Was ist mit Ihren Talenten Tim Sandkaulen und Daniel Altmaier? Wie nah sind sie dran an Bundesliga-Einsätzen?

Schmidt Daniel und Tim sind aktuell noch keine reifen Spieler für die Erste Bundesliga, aber sie haben seit dem letzten Jahr einen richtigen Sprung gemacht. Daniel spielt auf der ganzen Welt schon Männer-Turniere, und Tim spielt in seinem letzten Jugendjahr die ganzen Grand-Slam-Turniere und hat sich dort bisher toll dargestellt. Es ist also so, dass sie bei uns spielen und an einem guten Tag auch gestandenen Bundesligaspielern gefährlich werden können. Und wir wollen sie auch bewusst dieses Jahr einsetzen. Wir wollen ja nicht Deutscher Meister werden, sondern die Klasse halten. Da müssen wir vier, fünf Partien in Bestbesetzung spielen und punkten. Aber es gibt Spiele, wo wir den Jungs, die mal richtige Stammspieler in der Bundesliga werden sollen, die Möglichkeit geben können, sich auf höchstem Niveau zu messen.

Gibt es auch Veränderungen bei der Ausrichtung der Heimspiele?

Schmidt Wir haben jetzt ein großes Pagodenzelt für die VIP's und die Sponsoren. Wir haben nochmals in Lautsprechertechnik und Tribünen investiert. Wir veranstalten einen Kids-Day und haben zu jedem Heimspiel einen Partner-Klub aus der Region, der sich präsentieren kann und ein Showtraining mit unseren Spielern auf der eigenen Anlage zur Verfügung gestellt bekommt. Das alles ist uns sehr wichtig.

Inwiefern?

Schmidt Unser oberstes Ziel ist es nicht, irgendwann Deutscher Meister zu sein, sondern die Wertschätzung der Veranstaltung. Mir ist es wichtiger, wir sind eine Mittelfeld-Team mit 1500 Zuschauern pro Spiel als ein Deutscher Meister mit 400 Zuschauern im Schnitt. Dazu passt, dass wir zwar eine Budgetsteigerung im Vergleich zum Vorjahr haben, wir aber null Euro mehr für den Kader ausgeben. Alles an Mehreinnahmen haben wir in die Darstellung unserer Spiele gesteckt. Denn das ist das Entscheidende, um den Tennissport im Klub und in der Stadt voranzubringen. Wenn das in den kommenden drei bis fünf Jahren nicht passieren sollte, müssten wir uns infrage stellen. Doch die erste Saison hat ja bereits sehr viel Mut und vor allem Freude gemacht.

Sind die Ersten Herren mittlerweile das Aushängeschild des Vereins?

Schmidt Ich glaube, dass der GHTC immer noch eine größere Hockey-Tradition hat. Ich hoffe auch, dass der Hockeybereich mindestens auf Augenhöhe zum Tennis bleibt und sich aus eigener Kraft wieder hocharbeitet. Aber es ist so, dass die Tennis-Bundesliga in der Außendarstellung eine höhere Wertschätzung erfährt - sowohl in Sachen Sponsoring als auch beim Zuschauer-Interesse. Die Spieler sind regelmäßig im Fernsehen präsent, dass macht unsere Mannschaft auch für Nicht-Mitglieder oder Sponsoren interessanter. Tennis ist einfach die bekanntere Volkssportart. Da treten wir keinem Hockeyspieler auf die Füße.

Bei aller Vorfreude auf die Tennis-Bundesliga: Aktuell ist die gescheiterte Verschmelzung mit dem Rheydter SV auch ein großes Thema. Sie haben als GHTC-Vorsitzender bis zum Winter selbst an den Plänen zur Realisierung mitgewirkt.

Schmidt Ich finde das echt schade, denn ich bin da total für eingestanden. Ich habe bei meinem Rücktritt als Vorsitzender schon gedacht, dass alles in die richtige Richtung geht. Doch dann kamen im Februar noch ein paar Dinge auf den Tisch, mit denen wir nicht gerechnet haben. Das Thema war, eine Fusion auf Augenhöhe zu vollziehen, doch das war irgendwann nicht mehr gegeben.

THOMAS GRULKE UND KARSTEN KELLERMANN FÜHRTEN DAS GESPRÄCH

(togr)
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