Lokalsport Mike Hanke will über Krefeld nach Berlin

Fußball · Der frühere Nationalspieler hat sich am Niederrhein eingelebt. Er spielt inzwischen bei der Weisweiler-Elf. Die tritt am 9. Januar beim Budenzauber an.

Es hätte auch Schalke sein können. Mike Hanke ist beim Ruhrpott-Klub Profi geworden, er machte dort sein erstes Bundesligaspiel, bei keinem Verein spielte er länger. Doch er hat sich nach seiner Karriere für Borussia entschieden - für die Weisweiler-Elf, das Traditionsteam der Gladbacher. Es gibt auch eines "auf" Schalke. "Aber mein Herz schlägt vor allem für Borussia. Ich hatte dort meine beste Zeit als Profi", sagt Hanke.

Im Januar 2011 wurde er Borusse, da war noch Michael Frontzeck Trainer. Hanke, der 2005 auch sein erstes Länderspiel im Borussia-Park gemacht hatte beim 2:2 gegen Russland, kam aus Hannover - als Helfer im Abstiegskampf. Borussia hatte eine katastrophale Hinrunde hinter sich, war Tabellenletzter. "Ich bin noch nie abgestiegen und dabei soll es bleiben", versicherte Hanke, der gleich in seinem ersten Spiel für Gladbach das 1:0-Siegtor von Roman Neustädter in Nürnberg vorbereitete. Er ist ein unumstößlicher Positivist - und behielt Recht. Mit dem neuen Trainer Lucien Favre schaffte Gladbach die Rettung.

Danach wurde es verblüffend: Borussia wurde Vierter, zog zum ersten Mal nach 16 Jahren in den Europapokal ein. Und Hanke war in Favres Team ein zentrales Element als Neuneinhalb. Den Stürmer, dem oft die Tore fehlten, hatte Favre umgewandelt in dieses Mischwesen zwischen Angreifer und Mittelfeldmann - und hatte Hanke damit den Druck genommen, Tore machen zu müssen. In Personalunion mit Marco Reus spielte Hanke großartig auf, das Duo war mit dafür verantwortlich, dass von "Borussia Barcelona" die Rede war.

2013 wurde Hankes Vertrag nicht mehr verlängert, es gab einen tränenreichen Abschied. 79 Spiele machte er in der Bundesliga für Gladbach, zwei davon in der Relegation, er schoss 13 Tore. Zudem machte er sieben Pokal- und neun Europapokalspiele (zwei Tore) mit. Vor allem aber wurde er zu einem Kultspieler der Kurve - Borussias Fans schlossen ihn ins Herz, so wie er den Klub. Kurios: Eines seiner tollsten Spiele machte er ausgerechnet gegen Schalke: Das 3:0 am 11. Februar 2012 war einer der ästhetischen Höhepunkte des Favre-Fußballs in Gladbach und auch der Schaffenszeit von Mike Hanke am Niederrhein.

Spieler wie er sind prädestiniert, für die Weisweiler-Elf am Ball zu sein. Mit Hanke kam ein anderer Offensivmann neu dazu: Andrej Voronin, der Ukrainer, der nach seiner Zeit in Gladbach unter anderem für den FC Liverpool spielte. Beide Offensivmänner werden auch mitspielen, wenn sich die Alt-Borussen beim Krefelder Budenzauber für das Masters in Berlin qualifizieren wollen.

Hanke und Voronin komplettieren das ohnehin schon beachtliche Offensivangebot des Gladbacher Traditionsteams. Allerdings - und das ist etwas, was Hanke auch bei Lucien Favre gelernt hat - Tore allein machen keinen Erfolg. "Wir haben vorn richtig tolle Spieler, aber wir müssen auch umschalten", sagt Hanke, sprich: nach hinten arbeiten. "Die Balance muss stimmen", weiß Hanke - wieder ein Favre-Dogma. Klar ist: "Wir wollen nach Berlin." Der Turniersieger reist in die Hauptstadt.

Dass die Gladbacher in der Vorrunde auf den 1. FC Köln treffen, gefällt Hanke. Der Westfale kennt die Bedeutung von Derbys aus seiner Schalker Zeit, wenn es gegen Dortmund ging. Und als er Borusse war, da hatten er und seine Kollegen in den Treffen mit dem Gladbacher Erzrivalen aus Köln immer viel, viel Spaß: 5:1, 3:0 (zwei Hanke-Tore) und 3:0 endeten die Derbys in Hankes Gladbach-Zeit. "Es wird spannend gegen die Kölner", da ist sich Hanke sicher.

Auch mit dem zweiten Gegner, dem VfL Bochum, verbindet Hanke besondere Erinnerungen. Er hat dort ein Jahr in der Jugend gespielt, von dort ging er zu Schalke. Und der VfL war 2011 Gladbachs Gegner in der Relegation. Im ersten Spiel schoss Igor de Camargo in letzter Sekunde das 1:0, Hanke war also mitten drin im vielleicht emotionalsten Moment der Gladbacher Vereinsgeschichte. Nach dem 1:1 im Rückspiel in Bochum gehörte Hanke zu den ganz großen Partybiestern, am Tag nach der Feier konnte er kaum mehr krächzen. Hanke war wesentlich daran beteiligt, dass die Borussen überhaupt in der Relegation dabei waren. "Wenn wir nicht gewinnen, sind wir tot", hatte Lucien Favre vor dem letzten Heimspiel der Saison 2010/2011 gegen den SC Freiburg klargestellt. Hanke schoss nach 80 Minuten das erlösende 1:0, Marco Reus legte später nach. "Ich liebe dieses Gefühl, wenn es in einem Spiel um alles geht und man sieht, wie die Fans austicken", sagte Hanke danach.

Er ist inzwischen ein westfälischer Rheinländer oder ein rheinsicher Westfale, so kann man es wohl sagen. Bei seinem Debütspiel für die Weisweiler-Elf in Nettetal war zu spüren, dass seine Entscheidung für die Weisweiler-Elf die richtige ist. Die Fans feierten ihn, nach dem Abpfiff kam Mike Hanke als letzter Borusse in die Kabine, weil er unaufhörlich Autogramme schreiben musste.

(RP)
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