Fußball Viel Lob für Pilotprojekt von Wickrathhahn und Wickrathberg

Fussball · Beide Klubs, einst erbitterte Rivalen, realisieren gemeinsam einen neuen Kunstrasenplatz als Investition in eine sicherere Zukunft.

 Der neue Kunstrasenplatz wird schon eifrig genutzt.

Der neue Kunstrasenplatz wird schon eifrig genutzt.

Foto: Verein

Für Sascha Horn ist es eine Herzensangelegenheit. Sein Ur-Großvater Alfred Schläger hat 1906 schließlich den Sport-Verein Wickrathberg mitgegründet. Und nun, als der kleine Klub am Mitgliederschwund zu sterben drohte, sagte sich Horn: "Ich kann den Verein nicht kaputtgehen lassen." So übernahm er trotz fehlender Erfahrung als Funktionär den Posten des 1. Vorsitzenden, mit 29 Jahren ist er einer der Jüngsten seiner Art in der Mönchengladbacher Vereinslandschaft. Seit 2013 ist Horn Chef des SVW, er und seine Vorstandskollegen Günter Schmidt (63) und Christoph Kramer (30, "Nein, nicht der Borusse!") plus die Beisitzer Benjamin Willems (34), Daniel Röhrig (30), Thomas Buchcik (23) und Karl-Heinz Reinhard (60) haben seitdem vorerst den Exitus des Klubs verhindert. Es gibt sogar einen leichten Anstieg der Mitgliederzahl, aus 70 sind etwas mehr als hundert geworden.

Ein entscheidender Faktor in der Reanimierungsaktion ist der neue Kunstrasenplatz in Beckrath, der im vergangenen November fertiggestellt wurde. Der SV hat bei diesem Projekt mit Blau-Weiß Wickrathhahn kooperiert. Die beiden Vereine, die früher erbitterte Rivalen waren, haben die Zeichen der Zeit erkannt und machen seit Ende 2012 gemeinsame Sache. "Beide Klubs haben damit ihre Zukunft gesichert", sagt Harald Weuthen, Fachbereichsleiter Schule und Sport bei der Stadt. Es sei ein richtiges Signal auch an andere Klubs.

Im Sportstättenentwicklungsplan der Stadt wird deutlich auf die negative Demografie und die sinkende Mitgliederzahl der Vereine verwiesen. "Wir haben sehr viele kleine Vereine in der Stadt, sie alle müssen sich bereit machen für die Zukunft. Das, was Wickrathberg und Wickrathhahn gemacht haben, ist eine vernünftige und beispielhafte Lösung", sagt Bert Gerkens, Präsident des Stadtsportbundes. Sascha Horn spricht von einem "Pilotprojekt, das hoffentlich andere Vereine, die in unserer Situation sind, anregt". Der SV Dohr beispielsweise entschied sich im vergangenen Jahr gegen eine Zusammenarbeit mit dem Rheydter SV und löste sich auf.

Entscheidend ist, dass in Wickrathberg und Wickrathhahn verkrustetes Vereinsdenken aufgebrochen wurde - aus der Not heraus, natürlich, vor allem in Wickrathberg. Der dortige Sportplatz ist derart marode, dass sein Zustand mit "katastrophal" wohlwollend beschrieben ist. Keiner wollte mehr dort spielen, weil die Verletzungsgefahr zu groß war, die Kicker gingen nach und nach weg. Auch das Wickrathhahner Spielfeld ist in keinem guten Zustand. Die Blau-Weißen sind indes weitaus vitaler als der Partner. Sie haben mehr als 450 Mitglieder, zehn Jugendmannschaften, drei Senioren- sowie eine Alt-Herren-Mannschaft und bieten auch Kinderturnen, Aerobic, Jazztanz und Rückenschule an. Doch auch hier wurde erkannt, dass gemeinsam besser ist als gegeneinander. "Statt zwei Plätze aufwendig zu modernisieren, wurde ein schöner neuer gebaut", sagt Sascha Horn.

100 000 Euro haben beide Vereine zusammen eingebracht in den Bau der Anlage in Beckrath. "Natürlich waren für einen Klub, der nur noch 70 Mitglieder hat, die 50 000 Euro viel Geld, aber es war eine gute Investition", sagt Horn. Offiziell spielt sein Verein jedoch nicht auf dem neuen Geläuf. Im Frühjahr 2013 wurde das eigene Team abgemeldet, 22 Wickrathberger Fußballer kicken seit der Saison 2013/2014 für Blau-Weiß, sind aber weiter passive Mitglieder des SVW. Der hat nur noch eine Hobby-Mannschaft, die unter seinem Namen kickt. Es gibt auch Events wie das traditionelle Elfmeterturnier. "Man kann es so sagen: Wir sind operativ vorhanden, aber praktisch auf Eis gelegt. Trotz des reduzierten Vereinslebens lebt der Klub aber. Und wir sind gleichberechtigte Partner in der Kooperation", sagt Horn. Besser eine kleine Zukunft, als gar keine.

Wie es weitergeht, wird derzeit besprochen. "Aus Sicht des SV Wickrathberg wäre eine Spielgemeinschaft zur weiteren Festigung der bestehenden Kooperation erstrebenswert. In diesem Zusammenhang gibt es aber noch einige verwaltungstechnische Herausforderungen zu lösen", sagt Horn. Die Gespräche mit dem Fußballkreis und mit dem Fußballverband Niederrhein laufen. Auf Sicht, sagt Thomas Klingen, Vorsitzender des Kreisfußball-Ausschusses, seien Spielgemeinschaften gerade für kleine Vereine ein probates Zukunftsmodell. Die Zusammenarbeit zwischen Wickrathberg und Wickrathhahn "läuft gut", findet Klingen. "Das gemeinsame Sportplatzprojekt hat die Vereine zusammengeschweißt, für beide ist es ein Neuanfang", sagt er.

Als Sascha Horns Ur-Großvater einst den SV Wickrathberg mit aus der Taufe hob, waren solche Ansätze undenkbar. "Aber wir müssen heute neue Wege gehen und ums Überleben des SV kämpfen", sagt Horn. Schließlich ist es für ihn eine Herzensangelegenheit.

(RP)
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