Henrik Schmidt "Wir sind noch in der Genießer-Spirale"

Mönchengladbach · Der Teamchef des Tennis-Bundesligisten Gladbacher HTC spricht über die Rolle als Titelverteidiger, die neuen Spieler und den Start in Krefeld.

Größter Erfolg der GHTC-Tennisabteilung: Als die Deutsche Meisterschaft im vergangenen August perfekt ist, geht Henrik Schmidt in die Luft. Spieler und Trainer lassen ihren Teamchef hochleben.

Größter Erfolg der GHTC-Tennisabteilung: Als die Deutsche Meisterschaft im vergangenen August perfekt ist, geht Henrik Schmidt in die Luft. Spieler und Trainer lassen ihren Teamchef hochleben.

Foto: GHTC

Herr Schmidt, wie im Vorjahr zählt der Gladbacher HTC zu einem größeren Kandidatenkreis auf den deutschen Meistertitel. Inwieweit ist die Ausgangslage aber nun eine andere, da Ihr Team am Sonntag als Titelverteidiger in die neue Saison startet?

Schmidt Es ist sicherlich so, dass wir spätestens jetzt nicht mehr ein bisschen ernst, sondern komplett ernst genommen werden. Denn die Konkurrenz hat im vergangenen Jahr gesehen, dass wir in der Lage sind, an jedem Spieltag eine starke Mannschaft aufzustellen und zudem gut organisierte Heimspieltage auszutragen. Es ist richtig, dass wir erneut zu den fünf, sechs Mannschaften zählen, die um den Titel spielen werden, aber wir sind jetzt kein Geheimtipp mehr.

Wie verändert sich dadurch die Erwartungshaltung in der eigenen Mannschaft?

Schmidt Im vergangenen Jahr war es so, dass bis zum Saisonfinale keiner über den Meistertitel gesprochen hat. Jetzt kommen in unserer WhatsApp-Gruppe schon mal lustige Kommentare in Richtung Titelverteidigung. Wir haben eben eine motivierte Truppe, der es großen Spaß macht, neben den ATP-Turnieren auch noch Bundesliga zu spielen. Aber wir haben keinerlei Druck, sondern wir sind immer noch in der Genießer-Spirale. Denn wir können einschätzen, dass es 2016 besser gelaufen ist, als wir es uns erhofft hatten. Und auch jetzt ist es absolut realistisch, dass wir trotz einer guten Saison vielleicht nur Fünfter werden.

Ihr Kader ist in den oberen Positionen unverändert geblieben, insgesamt haben sie vier Spieler verloren, vier neue sind hinzugekommen. So richtig schmerzt aber nur ein Abgang, oder?

Schmidt Ja, das ist korrekt. Während wir Andrey Golubev, Andrea Arnaboldi und Marcin Gawron keinen neuen Vertrag gegeben haben, tat uns der Wechsel von Daniel Altmaier nach Berlin sowohl sportlich als auch menschlich weh. Doch wir haben uns im Positiven getrennt, und Daniel ist bei Rot-Weiß in der Zweiten Bundesliga gut aufgehoben, um den nächsten Schritt zu machen. Ich bin mir sicher, dass er noch mal Bundesligaspieler beim Gladbacher HTC sein wird.

Worauf haben Sie bei den Zugängen geachtet?

Schmidt Wir wollten dem Kader ein wenig frisches Blut hinzufügen und haben unsere Topspieler gefragt, welche befreundeten Kollegen sie ansprechen könnten. Der menschliche Aspekt war uns sehr wichtig. Denn wir sind davon überzeugt, dass unser unglaublicher Teamgeist und der vorbildliche Charakter unserer Spieler letztlich dafür verantwortlich waren, dass wir es aus dem Kreis der Kandidaten waren, die den Titel geholt haben. Im Bezug auf unsere sportliche Qualität dagegen wussten wir, dass wir nicht viel verändern mussten.

Was können Sie dennoch aus sportlicher Sicht zu den vier Neuen sagen?

Schmidt Im Slowaken Andrej Martin und dem Tschechen Jan Satral haben wir zwei Spieler dazubekommen, die sowohl im Einzel als auch im Doppel eingesetzt werden können. Roman Jebavy aus Tschechien ist hingegen unser erster Top-100-Spieler der Doppel-Weltrangliste, der für uns als Spezialist in diesem Bereich eine sehr gute Option ist. Das ist so ein wenig das i-Tüpfelchen auf unsere generelle Kader-Qualität. Und David Tesic ist unser aussichtsreicher Nachwuchsspieler, für den der Kaderplatz mit Sicherheit eine zusätzliche Motivation sein wird.

Kann Lokalmatador Tim Sandkaulen die Rolle von Daniel Altmaier übernehmen, der im Meisterjahr auch einige wichtige Punkte im Einzel geholt hat?

Schmidt Ja, ich denke schon, dass Tim die Rolle übernehmen kann. Er hat sich in seinem ersten College-Jahr im athletischen Bereich nochmals deutlich verbessert und spielt ein aggressives Power-Tennis, das in der Bundesliga auch vonnöten ist, um deinen Gegner zu bezwingen. Darüber hinaus ist Tim aber im Doppel fast noch stärker einzuschätzen und damit immer eine Option für einen Einsatz.

Im Grunde ist Andreas Haider-Maurer, der verletzungsbedingt die komplette Meistersaison verpasste, ein weiterer Zugang. Kann er auch schon wieder voll eingreifen?

Schmidt Andreas ist ein Spielertyp, der viele Matches braucht, um gutes Tennis zu spielen. Er ist jetzt seit drei Monaten wieder voll belastbar, aber wahrscheinlich wird er verstärkt in der zweiten Saisonhälfte bei uns zum Einsatz kommen - zumal dann wahrscheinlich unsere Topspieler Albert Ramos und Philipp Kohlschreiber aufgrund der Hartplatzsaison in den USA wohl kaum noch zur Verfügung stehen. So bleiben ihm noch ein paar Wochen, um noch Spielpraxis zu sammeln.

Wie steht es um die Form ihrer Topleute Ramos und Kohlschreiber?

Schmidt Albert Ramos spielt auf Asche wahrscheinlich die beste Saison seines Lebens. Er agiert voller Selbstvertrauen, was nicht zuletzt bei seinem Sieg über den Weltranglistenersten Andy Murray in Monte Carlo zu sehen war. Doch auch Philipp ist stark einzuschätzen, auch wenn er in der Weltrangliste zuletzt etwas zurückgefallen ist. Zudem ist er seit vielen Jahren ein tadelloser Bundesligaspieler, der bei uns im Meisterjahr auch eine 4:0-Bilanz aufzuweisen hat.

Wer am Sonntag zum Saisonstart alles dabei sein kann, steht noch nicht fest. Was erwarten Sie grundsätzlich von der Auftaktpartie beim HTC Blau-Weiß Krefeld?

Schmidt Das wird gleich ein richtiger Gradmesser, denn Krefeld ist vielleicht von allen Titelkandidaten am höchsten einzuschätzen. Auf jeden Fall werden beide Mannschaften alles dafür tun, in Bestbesetzung aufzulaufen. Denn wer diese Partie gewinnt, der trinkt wohl schon einen ordentlichen Schluck aus der nächsten Meisterpulle.

THOMAS GRULKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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