Mönchengladbach Spurlos verschwunden

Marianne Decker verschwand, als sie 16 Jahre war. Ob sie noch lebt, weiß keiner. Seit 40 Jahren fehlt von ihr jede Spur. Etwa 370 Menschen werden pro Jahr als vermisst gemeldet. Die meisten tauchen wieder auf, manche jedoch nie.

Bei der Polizei sind die Fälle in der Akte "Langzeitvermisste" aufbewahrt: Marianne Deckers (damals 16 Jahre) verschwand vor 40 Jahren. Jong Sung Baeck (damals 29 Jahre) gilt seit 1994 als vermisst. Und Gabriele Bouembassa-Schmitz tauchte 1997 ab. Da war sie 31 Jahre.

Von den drei Mönchengladbachern gibt es keine Spuren mehr. Keine Lebenszeichen, keine Leichenfunde, nichts. Der koreanische Student Jong Sung Baeck tauchte noch einmal kurz im Sauerland auf, wo er in zwei Unfälle verwickelt war.

Gabriele Bouembassa-Schmitz' letzte Spur sind drei eingelöste Schecks in London. Und von Marianne Deckers hieß es irgendwann, sie sei in der Türkei und habe dort geheiratet. "Aber dafür hat es nie Beweise gegeben", sagt Ulrich Lehmann, Leiter des Kommissariats 12, dessen Mitarbeiter Vermisstenfälle, Sexualstraftaten und den Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität bearbeiten.

Ob die drei Langzeitvermissten noch leben, ob sie einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen oder eines natürlichen Todes gestorben sind, weiß keiner. Eine Seltenheit bei der Mönchengladbacher Polizei. Von den 370 Vermisstenfällen pro Jahr klären sich die allermeisten relativ schnell. "Spätestens nach einer Woche kehren fast alle Ausreißer zurück", sagt Lehmann, "vor allem wenn es sich um Jugendliche handelt. Kinder sind in der Regel nach wenigen Stunden wieder da."

Doch manchmal löst sich ein Vermisstenfall auch erst nach Jahren. Wie zum Beispiel der eines jungen Mannes. Acht Jahre nach seinem Verschwinden fand ein Hund einen Knochen in einem Gladbacher Grüngürtel. Dem Hundehalter war sofort klar, dass es sich hier nicht um die Überreste eines verendeten Tiers handelte. Er ging zur Polizei. Die stellte fest, dass der Knochen zu dem Vermissten gehörte.

Der junge Mann hatte sich das Leben genommen. "Um DNA-Spuren zu sichern, bewahren wir immer Zahnbürsten, Kämme oder andere Dinge von Vermissten auf", sagt Lehmann. Die brauchte man nicht, als 2001 eine 18-Jährige verschwand. Einen Tag vor dem Anschlag auf die Twin Towers war sie in die USA geflogen.

"Wir hatten einen Fluggast ausgemacht, der im Flieger neben ihr saß. Doch dann verlor sich jede Spur. Und wir befürchteten, die junge Frau sei bei dem Attentat gestorben", berichtet der Erste Kriminalhauptkommissar. Doch ein Jahr später tauchte die 18-Jährige wieder in Gladbach auf.

Sie hatte ein Jahr in Philadelphia verbracht. "Wie sie dort unbemerkt eingereist ist, ist uns bis heute ein Rätsel", sagt Kriminalhauptkommissarin Ursula Brügge, stellvertretende Dienststellenleiterin.

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