Mönchengladbach Stadtführung mit dem Smartphone

Mönchengladbach · Mönchengladbach bietet Besuchern eine geführte Tour per mobilem Endgerät durch die Altstadt. Gastreporter Delf Gravert aus Itzehoe testet den Rundgang und lässt sich unterwegs online die Geschichte der Stadt erklären.

 Auf den Spuren der Geschichte: In der Krichelstraße beginnt Delf Gravert die Stadtführung, deren Verlauf der historischen Stadtmauer Gladbachs folgt.

Auf den Spuren der Geschichte: In der Krichelstraße beginnt Delf Gravert die Stadtführung, deren Verlauf der historischen Stadtmauer Gladbachs folgt.

Foto: Detlef Ilgner

Tag 2 des Reportertausch-Projektes, ich bin auf der Suche danach, was die Stadt Mönchengladbach ausmacht. Eine historische Stadtführung erscheint mir eine gute Idee. Es gibt nur keine klassische Führung am Dienstagmorgen. Die Marketinggesellschaft der Stadt bietet aber eine Smartphone-geführte Tour an. Ein solches Gerät habe ich natürlich, für Journalisten ist es inzwischen ein unverzichtbares Arbeitsgerät. Durch eine Stadt hat mich mein Telefon aber noch nie geführt. Ob das funktioniert?

Die Anleitung klingt einfach: Ich muss nur zu einem der angegebenen Punkte gehen, einen QR-Code scannen und dann geht es los. Ich starte in der oberen Hindenburgstraße. Nicht ganz wie von den Entwicklern der Tour geplant. Aber man kann an jedem Punkt einsteigen, und gerade das finde ich praktisch: Der Besucher kann abbiegen oder pausieren, wie er will. Interessiert ein Wegpunkt nicht, geht man halt zum nächsten.

Mönchengladbach: Stadtführung mit dem Smartphone
Foto: Grafik

Zunächst fühle ich mich wie ein Geocacher oder Pokémon-Jäger, wenn ich mit meinem Telefon herum fuchtele, damit die App den Code per Kamera richtig erfasst. Und manchen Code muss ich trotz Beschreibung im Internet erstmal suchen. Die Platzierung hat aber System. Den Dritten am Haus Erholung finde ich schon ohne die Beschreibung. Und die Dinger zu suchen, lohnt sich. Zu jedem Punkt öffnet sich eine Seite mit Text und Fotos, daneben wird eine Audiodatei abgespielt, die als Erzählung eines historischen Zeitzeugen daherkommt.

So erfahre ich, dass das Haus Erholung einst der Treffpunkt der reichen Kaufleute der Stadt war, die dort feierten und Geschäfte einfädelten. In der Aachener Straße sehe ich ihre opulenten Bürgerhäuser und lerne gleichzeitig Louise Gueury kennen, die einst den im Wollhandel erworbenen Reichtum ihrer Familie der Stadt für ein Krankenhaus im Hardter Wald vererbte.

Beim Wegpunkt am Gasthaus St. Vith wird mir die Bierbrauertradition Gladbachs näher gebracht. Leider ist es noch zu früh für eine Verkostung. Ich beschließe, noch einmal wiederzukommen. Der Alte Markt wird mir als historisches Zentrum vorgestellt, auf dem einst das wirtschaftliche Herz der Stadt während großer Jahrmärkte tickte. Diese Funktion hat er offenbar verloren. Mir fallen leerstehende Geschäfte ins Auge. Für Belebung dürfte der Weihnachtsmarkt sorgen, dessen Buden gerade aufgebaut werden. Mein Weg führt mich aber nicht zum Glühweinstand, sondern weiter Richtung Münster.

Dort angekommen, stecke ich das Smartphone in die Tasche und lasse mir die ehemalige Abteikirche der Benediktiner ganz altmodisch "Face-to-Face" erklären: Die ehrenamtlichen Münsterwächter Willibert Schiffer und Hermann-Josef Bücheleres von der St.-Josef- Schützenbruderschaft Geistenbeck führen mich herum und zeigen mir unter anderem die Schätze des Münsters in der Sakristei. Als sie hören, dass ich von der Zeitung bin, berichten sie von Nachwuchs-Sorgen bei den Wächtern. "Überalterung ist ein Problem", sagt Bücheleres. Erneut eine Parallele zu meiner Heimatregion in Schleswig-Holstein. Kaum ein ehrenamtlicher Bereich, der nicht händeringend jüngere Helfer sucht. Der demografische Wandel lässt grüßen.

Auch wenn mir die persönliche Führung im Münster sehr gut gefallen hat, ziehe ich ein positives Fazit am Ende "meiner" Stadtführung: Die interaktive Form ist praktisch, die Audiotexte machen das Ganze lebendig. Leider wird die Nutzung von GPS nicht unterstützt. Da wäre technisch noch Luft nach oben. Insgesamt ist die Tour aber empfehlenswert - nicht nur für Touristen, sondern auch für Gladbacher, die etwas über die Geschichte ihrer Heimatstadt erfahren möchten.

(RP)
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