Mönchengladbach Prozess gegen Sven Lau gestartet: Der Prediger schweigt

Mönchengladbach · Salafist Sven Lau steht seit gestern im Hochsicherheitstrakt vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Der sonst so redefreudige Gladbacher will sich "schweigend verteidigen".

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Salafistenprediger Sven Lau beim Prozessauftakt in Düsseldorf

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Foto: dpa, fg pil

Er redete und redete: in Fußgängerzonen, erst in Eicken und vor dem alten Stadttheater, später auch andernorts. In zahllosen Internetvideos. Oder beim Verteilen von Koran-Exemplaren. Doch nun, im Prozess vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht, will der salafistische Prediger Sven Lau offenbar mit Worten geizen. Der 35-Jährige werde sich "schweigend verteidigen", kündigte jedenfalls Mutlu Günal an, einer seiner vier Anwälte. Das hat sofortige Auswirkungen: Der eigentlich für heute anberaumte zweite Verhandlungstag, an dem Lau hätte aussagen können, fällt deshalb aus.

Der Prozess findet unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt, bis Januar sind vorerst 30 Verhandlungstage terminiert. Schweigend und mit nahezu unbewegter Miene verfolgte Lau, zwischen zwei Wachtmeistern und hinter Panzerglas sitzend, den Prozessbeginn. Rund 15 Unterstützer aus der Islamistenszene hatten den Weg in den Hochsicherheitstrakt gefunden, bärtig und wortkarg, einer mit einem T-Shirt mit der Aufschrift "Allah XXL" - argwöhnisch beobachtet von Justizbeamten in schusssicheren Westen und Polizisten mit Maschinenpistolen. Für Laus Anhänger sprach Bernhard Falk, Ex-Linksterrorist, nunmehr Salafist: "Es geht um Solidarität für Bruder Abu Adam - Sven Lau", sagte Falk. Und er sagte auch, dass der Mönchengladbacher doch eigentlich nur habe helfen wollen, beispielsweise indem er um Blutspenden gebeten habe.

Aber offenbar nicht nur. Das wurde spätestens deutlich, als der Staatsanwalt die umfangreiche Anklage verlas. Der Anklagevertreter warf Lau vor, 2013 in vier Fällen eine terroristische Vereinigung im Ausland dabei unterstützt zu haben, Mord und Totschlag zu begehen. Er sei für die Organisation der verlängerte Arm aus Deutschland gewesen, so die Anklage. Lau soll Glaubensbrüder aus seinem Mönchengladbacher Umfeld dazu gebracht haben, sich am militanten Dschihad zu beteiligen und dabei den bedingungslosen Einsatz für den Islam eingefordert zu haben. Und im August 2013 soll er einem Stuttgarter bei der Ausreise nach Syrien geholfen und ihn mit einem Ticket ausgestattet haben. Aber Lau könnte auch als Mitglied einer terroristischen Vereinigung und nicht nur als Unterstützer bestraft werden: Offenbar belasten ihn ehemalige und in Deutschland verurteilte IS-Kämpfer als Kronzeugen. Er habe im Sommer 2013 bei einem seiner Besuche im Basis-Camp Einfluss auf die personelle Zusammensetzung einer dschihadistischen Kampfgruppe genommen. Aufgrund der Anklage droht ihm eine Verurteilung von bis zu 15 Jahren Haft.

Der Staatsanwalt warf dem Angeklagten außerdem vor, Kämpfer in Syrien im September 2013 mit 250 Euro und drei Nachtsichtgeräten im Wert von 440 Euro versorgt zu haben. Entweder habe er die Geräte selbst nach Syrien gebracht oder sie von Helfern überbringen lassen, so die Anklage. Ziel sei immer die Errichtung eines islamischen Kalifats mit Scharia im Großraum Aleppo gewesen. 2014 sorgte Lau für Aufsehen, als er mit seinen Anhängern als "Scharia-Polizei" durch die Wuppertaler Innenstadt patrouillierte.

Einer seiner Freunde berichtete vor laufenden Fernsehkameras, Lau leide seit Jahren an Depressionen und sei zeitweise stark medikamenten- und drogenabhängig gewesen. Der ehemalige Feuerwehrmann hatte seine Anhänger eingangs mit ausgestrecktem Daumen begrüßt, am Ende des Verhandlungstages bat er sie gestenreich, für ihn zu beten.

Lau war am 15. Dezember 2015 im Mönchengladbacher Polizeipräsidium festgenommen worden. Seitdem sitzt der Salafist in der JVA Aachen in Untersuchungshaft. Am 13. September wird der Prozess nun fortgesetzt.

(RP)
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