Mönchengladbach Täter im Fall Daniel D. erneut angeklagt

Mönchengladbach · Weil er sich von einer Dozentin Studienbescheinigungen gegen Sex erschlich, steht der verurteilte Sportlehrer bald erneut vor Gericht. Er war wegen Totschlags an seinem Cousin verurteilt worden.

Fall Daniel D.: das Urteil
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Für die Eltern des getöteten Daniel D. bedeutet diese Nachricht Genugtuung - ein bisschen jedenfalls: Wegen Anstiftung zur Falschbeurkundung im Amt hat die Wuppertaler Staatsanwaltschaft Anklage gegen Daniels Cousin Ulf G. erhoben. Der vom Landgericht Düsseldorf bereits rechtskräftig wegen Totschlags Verurteilte muss jetzt mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren rechnen. Das Strafgesetzbuch sieht für die Anstiftung zur Falschbeurkundung einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft vor. "Weil die Gesamtstrafe in jedem Fall zehn Jahre übersteigt, ist das Landgericht zuständig. Dorthin werde ich die Klage jetzt geben", sagt der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert.

Hinter dem Anstiftungsvorwurf steckt nicht nur eine Studienlüge, sondern möglicherweise auch ein Tötungsmotiv. Davon jedenfalls sind Hilde und Klaus D., Daniels Eltern und zugleich Tante und Onkel des Angeklagten, fest überzeugt. "Warum sonst sollte unser Neffe unseren Sohn umgebracht haben?", sagt Klaus D. "Der Daniel ist dahintergekommen, was der Ulf so trieb."

Chronik: Der Fall Daniel D.
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Foto: ANC-News

Ulf G., der in Korschenbroich Garten an Garten mit seinem späteren Opfer aufwuchs und Daniel D. am Abend des 11. Dezember 2013, am Rande der K 37 bei Büttgen, erschlug, arbeitete als Aushilfslehrer am Willicher St.-Bernhard-Gymnasium und studierte Sport und Geschichte auf Lehramt, Letzteres allerdings nicht besonders erfolgreich. Auf seinem Computer fanden die Ermittler nicht nur Nacktfotos von Schülerinnen, sondern auch eindeutige Hiweise darauf, dass sich der Langzeitstudent gefälschte Studienbescheinigungen erschlich.

Eine 47 Jahre alte Dozentin der Universität Wuppertal hatte sie dem 29-Jährigen gegen Sex beschafft. Ende 2011 habe er sich recht geschickt an die Erziehungswissenschaftlerin herangemacht. "Er hat zunächst Kontakt als hilfesuchender Student aufgenommen, dann eine erotische Beziehung aufgebaut und schließlich um Hilfe bei der Zulassung zum Examen gebeten. Angeblich befand er sich in einer Lebenskrise."

Die Dozentin, sagt der Staatsanwalt, habe sich von Ulf G. umgarnen lassen und die Bescheinigungen, mit denen dieser sich - zusammen mit von ihm selbst gefälschten Dokumenten - schließlich beim Prüfungsamt in Düsseldorf bewarb, aus gutem Willen ausgestellt. Offenbar war G. auch in den Besitz intimer Fotos gelangt. "Weil sich die Frau komplett geständig gezeigt hat und ich ihr Handeln für menschlich nachvollziehbar halte, wurde das Verfahren gegen sie gegen Zahlung von 10 000 Euro Geldauflage eingestellt", sagt Baumert. Ihren Job an der Uni ist die 47-Jährige indes los.

Ob das zu scheitern drohende Studium oder die Fotos von Schülerinnen das Motiv für den Tod von Daniel waren, bleibt derweil weiter Spekulation. Der Totschlagsprozess konnte die Frage nicht klären, Ulf G. schweigt sich dazu bis heute aus. Auch die Dozentin, die dazu befragt wurde, habe diesbezüglich keine Hinweise liefern können, sagt Baumert. Wann genau Ulf G. erneut auf der Anklagebank Platz nimmt, steht noch nicht fest. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen Urkundenfälschung und Missbrauchs von Schutzbefohlenen eingestellt - teils, weil die zu erwartenden Strafen im Verhältnis zu den bereits verhängten zehn Jahren gering waren, aber auch, weil in den mutmaßlichen Missbrauchsfällen Beweise und gesprächsbereite Zeugen fehlten.

Auch Oberstaatsanwalt Baumert hätte das so handhaben können. "Ich bin aber der Meinung, dass dieser Mann mit erheblicher krimineller Energie gehandelt hat", sagt er. "Deshalb habe ich Anklage erhoben - ganz bewusst."

(RP)
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