Mönchengladbach Talstraße: Ackerfurchen leiten Wasser ab

Mönchengladbach · Versickerungsbecken, ein Mulden-Heckensystem, Regen-Auffangflächen: Alles das war für die Talstraße geplant, weil sie mehrfach unter Wasser stand. Nichts davon ließ sich verwirklichen. Es gibt nur eine Lösung: Die Bauern pflügen anders.

 Dieses Foto entstand im Jahr 2009, als die Odenkirchener Talstraße einmal mehr unter Wasser stand. Alle technischen Modelle, dies künftig zu verhindern, scheiterten. Nur Landwirte sorgten für eine Lösung.

Dieses Foto entstand im Jahr 2009, als die Odenkirchener Talstraße einmal mehr unter Wasser stand. Alle technischen Modelle, dies künftig zu verhindern, scheiterten. Nur Landwirte sorgten für eine Lösung.

Foto: Raupold

Herbert Rommerskirchen kennt die Talstraße wie seine Westentasche. Seit 80 Jahren wohnt er hier, nur zwei Jahre während des Zweiten Weltkriegs war er für längere Zeit nicht vor Ort. Ende Mai 2008 erlebte er etwas, das für ihn in dieser schlimmen Form neu war und ihn seither beschäftigt: Nach einem sogenannten Starkregen floss das Wasser in Sturzbächen die abschüssige Straße hinunter, drang in Gärten und Kellern ein und transportierte Schlamm von den oberhalb liegenden Äckern direkt in die Häuser. Es blieb nicht bei diesem einen Vorfall: Im Juli 2009 stand der Bereich erneut unter Wasser.

Nach den beiden Überschwemmungen suchen Anwohner, Politiker, städtische Experten, Landwirtschaftskammer und sogar Ministerialbeamte nach Lösungen, wie diese dauerhaft verhindert werden können. Es gab unterschiedliche Modelle und sogar ein ökologisches Konzept mit einem Mulden-Heckensystem zum Hochwasserschutz. Dieses und auch alle anderen technischen Lösungsansätze verschwanden wieder in den Schubladen der Planer - weil sie zu teuer waren, weil die Politiker die Unterhaltungskosten nicht zahlen wollten oder weil Grundstückseigentümer nicht bereit waren, ihr Land an die Stadt zu verkaufen. "Das haben wir mehrfach versucht. Aber immer vergeblich", sagt Hans-Günter Petry, Leiter des städtischen Fachbereichs Ingenieurbüro und Baubetrieb.

Am Ende blieb nur eine Möglichkeit übrig - und selbst bei dieser, ist im Endeffekt nicht klar, ob sie wirklich so umgesetzt wird, wie es vereinbart war. Den Hochwasser-Experten fiel nämlich auf, dass die Landwirte mit der Art und Weise, wie sie den Boden bearbeiten und mit was sie ihn bestellen, Schlammlawinen begünstigen. Hackfrüchte wie Rüben und Mais und Ackerfurchen, die senkrecht verlaufen, begünstigen die Überschwemmungen, weil das abfließende Wasser und mit ihm der Schlamm keine natürlichen Hindernisse mehr haben. Der frühere Süd-Bezirksvorsteher Karl Sasserath (Grüne) hatte deswegen eigens seinen Parteifreund, Landes-Umweltminister Johannes Remmel, angeschrieben. Er schaltete sich ein, und so kommt es seitdem zu Treffen vor Ort, an denen neben Behörden-Mitarbeitern auch die Landwirtschaftskammer als Vertretung der Bauern teilnehmen.

Seitdem sei vieles besser, heißt es. Die Landwirte würden jetzt auf problematischen Flächen vornehmlich Getreide anbauen, weil es das Wasser besser zurückhält. Und sie würden so pflügen, dass die Ackerfurchen um 90 Grad versetzt sind und Querrinnen entstehen. Vergleichbare Überschwemmungen wie 2008 und 2009 mit den bösen Folgen für die Anwohner der Talstraße habe es nicht mehr gegeben, betonen Politiker, Landwirte und Stadt. Immerhin weist der städtische Experte Petry darauf hin, dass es keinen vergleichbaren Jahrhundert-Regen mehr im Bereich der Odenkirchener Talstraße gegeben habe: Am 29. Mai 2008 fiel innerhalb von 40 Minuten so viel Niederschlag wie normalerweise sonst in einem Monat.

Herbert Rommerskirchen traut dem Braten dennoch nicht. Er ist inzwischen selbst Hochwasserschutz-Experte und erkennt die Schwächen in diesem System: "Die Bauern halten sich nicht ganz an das, was vereinbart ist. Und auch die Stadt könnte viel mehr tun."

(RP)
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