Mönchengladbach Tausende Mails zu Fahrerflucht

Mönchengladbach · 38 000 Menschen verfolgen online den Fall des getöteten Radfahrers. Der Vater berichtet über den Unfall seines Sohnes im Internet und erhält täglich bis zu 2000 E-Mails. Auch die Polizei bekommt ungewöhnlich viele Hinweise.

Rainer Seiffert kann es noch nicht begreifen. "Das haut einen um. Das ist ein Gefühl wie ein großer schwarzer Krater, in dem man eingesogen wird", sagt er. Rainer Seiffert ist der Vater des am vergangenen Mittwoch getöteten 26 Jahre alten Radfahrers. Als er die Nachricht vom Unfalltod seines Sohnes Bernd erhielt, konnte und wollte er nicht tatenlos dasitzen. Er wollte, dass der Täter, der seinen Sohn auf der Gladbacher Straße anfuhr und anschließend lebensgefährlich verletzt am Straßenrand zurückließ, gefasst und zur Rechenschaft gezogen wird.

Über Twitter, der Internetplattform für Kurznachrichten, verschickte er Links zum Fahndungsaufruf der Mönchengladbacher Polizei und bat um Mithilfe bei der Suche nach dem Mann, der seinen Sohn tötete. In Windeseile verbreitete sich die Meldung über den tragischen Unfalltod. 38 000-mal wurde die Nachricht von Internetnutzern aufgerufen. Rainer Seiffert ist überrascht und zugleich überwältigt von der Resonanz. "Ich habe eine riesige Welle der Solidarität erlebt", sagt er. So viele wollten helfen und drücken ihr Mitgefühl aus. Noch immer erreichen ihn täglich bis zu 2000 E-Mails.

Große Betroffenheit

Auch die Polizei hat erlebt, dass der Fall eine ungewöhnlich große Betroffenheit auslöste. Noch nie gingen so viel Hinweise zu einem Unfall mit Fahrerflucht ein. Selbst Menschen, die sich sonst lieber von der Polizei fernhalten, gaben Tipps. Den Hinweisen aus der Bevölkerung ist es auch entscheidend mit zu verdanken, dass die Ermittler am Samstag den dringend Tatverdächtigen Michel M. aus Rheindahlen festnehmen konnten. Der 27-Jährige sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung, weil Michel M. den Radfahrer angefahren haben soll, und versuchter Mord, weil der Rheindahlener anschließend weiterfuhr, um zu vertuschen, dass er ohne Führerschein unterwegs war, erklärt Staatsanwalt Stefan Lingens.

Rainer Seiffert ist dankbar, dass die Polizei so gute Arbeit leistete und den Mann schnell fasste. Und er ist dankbar für das Mitgefühl, dass er und seine Familie erleben. "Es ist so schrecklich, den Tod seines Kindes zu erleben. Bernd war gesund, verantwortungsbewusst und wollte eine Familie gründen", sagt der Vater. Auch für Bernd Seifferts drei Geschwister sei es schwer. Die Todesnachricht kam einen Tag vor der Abiturprüfung eines Bruders. "Er war nicht in der Lage hinzugehen und hat erst einmal abgebrochen", sagt der Vater.

Rainer Seiffert bittet im Internet weiterhin um Unterstützung der Mönchengladbacher Polizei. Denn der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Die Ermittler fragen nun: Wo hat sich Michel M. am 27. April und später aufgehalten? Wer kann Angaben zum Verbleib des Unfallfahrzeuges zwischen Mittwoch und Samstag machen? Und wo und von wem wurden die Reparaturarbeiten an dem dunkelgrauen Mercedes Sprinter durchgeführt?

(RP)
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