Kolumne Trifft Sportevent auf Einzelhandel ...

Meinung | Mönchengladbach · Es ist schön, wenn in einer Stadt viel los ist. Ob Marathon, Triathlon oder Tour de France. Ob Großkonzert, Stadtfest oder verkaufsoffener Sonntag. Schwierig wird es nur, wenn zu viel zeitgleich zusammentrifft. Schließlich ist alles eine Frage des richtigen Timings.

Auch wenn man real bei einer Veranstaltung nicht dabei sein kann, lässt sie sich virtuell - Online-Seiten und Sozialen Medien sei Dank - von nahezu jedem Ort der Welt aus gut verfolgen. Wer das am vergangenen Wochenende beim Santander-Marathon in Mönchengladbach tat, stieß auf viel Begeisterung. Die Sonne schien, die Stimmung war gut, die Läufer wurden von Tausenden Zuschauern am Streckenrand bejubelt. Auch reichlich Stadtprominenz war mit am Start. Die Fotos auf Facebook und Co. zeigten verschwitzte Menschen, die es glücklich ins Ziel geschafft haben, jubelnde Fans. Alles super?

Nun ja. Auch diese Medaille hatte natürlich eine andere Seite, die bald die virale Euphorie trübte: Lange Staus, weil weite Teile der Innenstadt gesperrt waren, Anwohner, die nicht zu oder von ihren Häusern wegkamen, vor allem aber Verärgerung bei den Einzelhändlern. Denn - anders als in anderen Städten - lief der Marathon an einem Samstag mitten durch die Innenstadt von Mönchengladbach. Der Einzelhandel war teils abgebunden von seiner Kundschaft. Hinterher räumte man ein, dass bei der Organisation und Kommunikation einiges nicht so glatt gelaufen war, wie es hätte laufen sollen.

Was aber bleibt, ist die grundsätzliche Frage: Hat eine Stadt solche Einschränkungen zu ertragen, wenn es sich um ein Sportevent handelt, das viele Menschen begeistert? Ja, sie sollte. Aber die Verantwortlichen dürfen die anderen Interessen nicht aus dem Blick verlieren. Erstens: Ein Sonntag wäre für einen solchen Marathon geeigneter - und würde den Handel nicht einschränken. Er muss natürlich in den Kalender nationaler Marathon-Events passen. Wird es doch ein Samstag, sollte man über eine andere Strecke nachdenken. Zweitens: Informationen zu Sperrungen und Umleitungen können nie ausführlich genug sein. Im Vorfeld und während des Ereignisses muss noch stärker darauf hingewiesen werden. Drittens: Es ist abzuwägen, was zusammengehört - oder eben nicht. Vor allem der letzte Punkt ist mit Blick auf die Tour de France interessant. Denn die Stadt hat das Radrennen am 2. Juli zum Anlass für einen verkaufsoffenen Sonntag genommen. Der Einzelhandel, der sonst Sonntagsöffnungen forciert, hat mäßig begeistert bis ablehnend reagiert. Weshalb? Weil dieser (weniger umsatzstarke) Sommer-Sonntag sie wohl um einen verkaufsoffenen Adventssonntag bringen wird, an dem die Handelskassen traditionell munterer klingeln.

Viel spannender aber ist, wie das Ganze zusammen funktionieren soll. Denn die Tour-Strecke, die über die Bismarckstraße (mit der ersten Sprintwertung), also mitten durch die Gladbacher Innenstadt führt, wird von 10 bis 18 Uhr gesperrt sein. Vom Hauptbahnhof kommt also niemand zu den Geschäften rund um die Hindenburgstraße und umgekehrt. Wer die City mit dem Auto ansteuert, sollte das vor 9 Uhr tun und damit rechnen, sie erst am Abend wieder verlassen zu können.

Ob da die große Shopping-Lust aufkommt, ist mehr als fraglich. Und wenn ja: Findet der Kunde tatsächlich einen weg, sie auszuleben?

Es wird an diesem Wochenende eine ausgefeilte Organisation nötig sein, soll nicht das ganz große Chaos ausbrechen. Denn Tour und Sonntagsöffnung sind nicht die einzigen Frequenzbringer. Am Vorabend feiern im Sparkassenpark Tausende die große Mallorca-Party "Olé", sie werden vermutlich auch am Tag drauf noch in der Stadt sein. Am Sonntagvormittag ist Trainingsauftakt bei Borussia. Es wird also voll in Mönchengladbach!

(RP)
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