Mönchengladbach TÜV-Pflicht für private Gasanlagen

Mönchengladbach · Immer wieder kommt es zu Gasexplosionen mit zum Teil verheerenden Folgen. Trotzdem sehen Experten Erdgas als sichere Energiequelle. Allerdings verschleißen auch Gasleitungen. Sie müssen regelmäßig gecheckt werden.

Zwei Tote nach Explosion von Wohnhaus in Ludwigshafen
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Zwei Tote nach Explosion von Wohnhaus in Ludwigshafen

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9. März 2008: Am Siepensteg gibt es eine Explosion, die einen ganzen Stadtteil erschüttert. Die Druckwelle lässt Scherben wie Geschosse durch die Luft fliegen. Splitter durchschlagen die Scheiben von geparkten Autos. In den Nachbarhäusern fliegen Fenster aus den Rahmen. Dächer werden abgedeckt. Aus Liebeskummer hatte ein damals 22 Jahre alter Mann in einem Mehrfamilienhaus die Gasleitung manipuliert. Er selbst und seine Freundin werden schwer verletzt, ein Mann stirbt unter den Trümmern des eingestürzten Hauses.

5. Dezember 2012: An der Unterheydener Straße kommt es zu einer Gasexplosion in einem Fachwerkhaus. Es brennt im Obergeschoss. Zum Glück kann der 85 Jahre alte und bettlägerige Hausbesitzer frühzeitig mit dem Krankenwagen in Sicherheit gebracht werden.

10. August 2014: Die Altstadt entgeht nur knapp einer Gasexplosion. In einem Haus an der Waldhausener Straße hatten Unbekannte an der Leitung Manipulationen vorgenommen worden. Wäre der Gasaustritt nicht so frühzeitig erkannt worden, hätte es zu einer Katastrophe kommen können.

Wohnhaus in New York explodiert
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Immer wieder hört man von Gasexplosionen mit zum Teil verheerenden Folgen wie jetzt in Ludwigshafen - für den Mönchengladbacher Detlef Poullie, Installateurmeister und Dozent bei der Handwerkskammer Düsseldorf, zählt Erdgas dennoch zu den sicheren Energiequellen. Das sei zumindest bei modernen Gasinstallationen und geprüftem Material so. Aber wie sieht es aus, wenn die Rohre im Haus schon 40 Jahre und älter sind? Poullie weiß, was passieren kann: "Wie Autos unterliegen auch Gasleitungen einem natürlichen Verschleiß." Die alten Leitungen hätten keinen Korrosionsschutz, Roststellen seien keine Seltenheit, Dichtmittel oft verrottet. "Langsam entstehende Schäden an Gasleitungen im Haus oder Manipulationen fallen oft erst gar nicht auf", sagt Poullie. Dabei seien sie im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich.

Was viele nicht wissen: "Genauso wie Autos müssen auch Gasleitungen zum TÜV", sagt der Dozent. Seit 2008 sei eine Überprüfung alle zwölf Jahre gesetzlich vorgeschrieben, "besser ist es, alle vier bis fünf Jahre nachsehen zu lassen", findet der Handwerksmeister. Für eine ordnungsgemäße Instandhaltung der Gasanlage im Haus sei der Anschlussnehmer verantwortlich. Viele Menschen gingen aber zu unbedarft mit den Gasleitungen um. Poullie hat da schon einiges gesehen: Gasleitungen, die als Kleiderständer genutzt werden, Gasanlagen, die hinter aufgetürmten Streusalz-Säcken liegen.

Wer sich in Sicherheit wiegt, weil der Heizungsfachmann regelmäßig ins Haus kommt, liege falsch, sagt Poullie. Denn: "Der prüft nur die Heizung, nicht aber die Gasleitungen." Dies müsse ein von der NEW zugelassener Installateur machen. Für ein Einfamilienhaus koste ein solcher Check weniger als 100 Euro, sagt der Dozent. Das Geld sei gut in die Sicherheit investiert. Denn bei Unfällen werde auch der Hausbesitzer zur Schadensregulierung mit herangezogen, wenn er die Gasanlage nicht überprüfen ließ, wie vorgeschrieben ist.

Laut Poullie können auch alte Leitungen mit wenig Aufwand sicherer gemacht werden. Ein sogenannter "Gasströmungswächter" koste etwa 40 Euro. Dieses Blockiersystem hätte im Fall "Siepensteg" die Gasleitung sofort abgesperrt. Auch ein Brandschutzventil (etwa 35 Euro) gehört zu den bezahlbaren Sicherheitseinrichtungen.

"Man muss sich immer vor Augen halten, dass Brennstoff 365 Tage im Jahr in der Leitung steht", sagt Poullie.

(RP)
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