Mönchengladbach Tunnel zum Museum Abteiberg

Mönchengladbach · "Mönchengladbach ist eine reale Stadt", sagt Gregor Schneider. "Eine Stadt ohne Fassade. Mit Brüchen und Spuren von all den unglaublichen Dingen, die hier passiert sind." Er spricht von den Braunkohlebaggern, von der "versetzten Heimat", den "sterbenden Dörfern".

 Gregor Schneider soll Touristen nach Gladbach locken.

Gregor Schneider soll Touristen nach Gladbach locken.

Foto: ddp

Und die wasserblauen Augen des 41-Jährigen werden ein wenig feucht. Schneider ist einer von ihnen, aus Rheydt zwar, der Stadt, die in Mönchengladbach aufgegangen ist. Aber Mönchengladbach hat ihm am Donnerstag eine der wichtigsten Liebeserklärungen gemacht, als Baudezernent Hormes sagte: "Wir glauben an Schneider und seine Kunst."

Touristenmagnet für die Stadt

Schon in wenigen Wochen, am 8. November, wird dieser in der internationalen Szene gefeierte Künstler der Stadt ein neues wegweisendes Wahrzeichen beschert haben. Kantig ist es, schwarz, abstrakt und erinnert an das schwarze Quadrat Malewitschs. Diese hohe augenfällige Skulptur wird nicht nur dafür sorgen, dass die Bürger staunen — erfreut wie auch skeptisch — , sondern sie wird auch dafür stehen, so hofft man in Mönchengladbach, dass Millionen Kunsttouristen auf den Abteiberg kommen.

Selbst auf der Biennale von Venedig, 2001, hatte Gregor Schneider Farbe bekannt für seine Heimat, eigens eine Rheydter Fahne nähen lassen, die er bei der Eröffnung hisste. Den Goldenen Löwen hat er trotzdem bekommen. "Ja, ich bin hier verwurzelt", sagt er. "Und ich arbeite mit meinen Räumen. Ich rekonstruiere sie, und so kann ich sie mit um die Welt nehmen wie ein Schneckenhaus."

Haus UR heißt die Arbeit, die ihn bekannt gemacht hat, eine mobile Immobile mit einer Abkürzung, die einerseits die Adresse angibt (Unterheydener Straße in Rheydt), die andererseits als Ur-Raum gedacht werden kann, aber auch für unbesetzten, unerforschten Raum steht.

Gregor Schneider ist es wichtig, dass jeder Mensch seine eigene Erfahrung in den für ihn zunächst fremden Räumen macht, ein persönliches Erlebnis, auch Ängstedurchläuft. So freut er sich schon auf die Reaktion der Museumsbesucher in Mönchengladbach.

Dank enormer Spendenbereitschaft und moralischem Rückhalt in der Unternehmerschaft geht die Außenskulptur namens "END" als zweiter Bauabschnitt des Abteiberg-Museums voran. Es ist eine gigantische, um die Ecke laufende Außenskulptur, ein schwarzer Tunnel, der von der Kuppe des Berges hinunter zum weißen Museum führt und dessen Außenmauer durchbricht. Es wird ein neuer, verwunschener Eingang werden, der den Zuweg über Leiter, Rampe und stockdunkle Absenkung im schwarzen Raum gewährt. Ein Abenteuer jedenfalls, was Verunsicherung mit sich bringen wird. Schneider spricht von "Nicht-mehr-zu-wissendes-Zutrauen".

Das Kaffeezimmer aus Haus UR

Ortswechsel zum zweiten Schneider-Standort im Museum Abteiberg: Neben der Abstellkammer steht jetzt ein weiteres Zimmer aus dem Hause U R: das Kaffeezimmer, in dem man rituell Riemchentorte und dampfenden Kaffee servierte, als das Haus noch bewohnt war. Jetzt ist es museal erstarrt; weder dampft der Kaffee, noch wird Kuchen serviert. Im Anbau des weißen Hollein-Baus ist der neuerworbene Schatz ganz in Schwarz inszeniert — ohne Anschluss an die Sammlung. Die Latten glänzen, Steckdosen und Fußleisten werden Geschichten erzählen, sagt Schneider. Die Torte wird man vermissen.

Eröffnung: 8.November, 12 bis 18 Uhr.

(RP)
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