Borussia Mönchengladbach Uefa-Cup 1979: Letzter Triumph für lange Zeit

Mönchengladbach · Der Pokal werde der letzte Titel für viele Jahre sein, prophezeite Berti Vogts. Er behielt recht: Borussias goldene Jahre waren vorbei.

Siege und Dramen: Borussias Europapokal-Geschichte
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Es war die Krönung des erfolgreichsten Jahrzehnts der Vereinsgeschichte: Am 23. Mai 1979 gewann Borussia gegen Roter Stern Belgrad das Finale des Uefa-Pokals. Mit 1:0 (Hinspiel 1:1) hatte sich das Team von Trainer Udo Lattek durchgesetzt - oder besser: durchgekämpft. Ein glücklicher Elfmeter, verwandelt durch Allan Simonsen, ermöglichte das Tor des Abends. Nachdem Berti Vogts die Trophäe in den Düsseldorfer Nachthimmel gestemmt hatte, sagt er die Worte, mit denen er Jahrzehnte später noch zitiert werden würde: "Schaut euch diesen Pokal an. Es wird der Letzte sein, den Borussia für lange Zeit gewinnen wird." Zum Leid der Fans sollte der Mannschaftskapitän recht behalten.

Doch Vogts war zu diesem Zeitpunkt nicht der Einzige, der ahnte, dass Borussia nur schwer an das Niveau der vergangenen Jahre würde anknüpfen können. Das Team befand sich in einem Umbruch: Viele Spieler, die an den fünf Deutschen Meisterschaften, dem Pokalsieg und einem weiteren UEFA-Pokalgewinn in der 1970er Jahren beteiligt waren, hatten den Verein bereits verlassen (Stielike, Bonhof), planten den Weggang (Simonsen) oder hatten bereits, wie Vogts nach dem Finale, die Spielerkarriere beendet (Heynckes). In der Bundesliga hatte die ruhmreiche Fohlenelf in der Saison 1978/79 lange Zeit gegen den Abstieg gespielt und die Spielzeit schließlich auf dem zehnten Platz beendet - damals das zweitschlechteste Abschneiden in der jungen Bundesligasgeschichte Borussias.

Auch unmittelbar vor dem Finalrückspiel in Düsseldorf waren die Vorzeichen schlecht. Zwischen der Vereinsführung und den Spielern gab es Uneinigkeit über die Siegprämie. Zudem reagierte Gladbachs Stadtführung verschnupft darüber, dass sich Borussia für das Düsseldorfer Rheinstadion und nicht für den heimischen Bökelberg als Austragungsort für das Finale entschieden hatte. Den sportlichen Umständen und der Unruhe im Umfeld entsprechend fiel auch die Einschätzung von Udo Lattek, der Borussia verlassen sollte, in der Pokalnacht aus: "Für mich ist der Pott mit dieser Mannschaft der schönste Titel. Wertvoller noch als Deutsche Meisterschaften oder DFB-Pokale. Denn von der Mannschaft Borussias, die in dieser Saison völlig umgekrempelt werden musste, hatte man einen solchen Höhepunkt am Schluss einer durch das Wetter völlig verkorksten Saison nicht erwarten können." Jupp Heynckes, der nach einem Jahr als Co-Trainer Lattek in der folgenden Saison 1979/80 beerben sollte, formulierte einen Tag später das neue Saisonziel: "Für uns heißt es zunächst, nicht abzusteigen."

Doch bevor sich die Verantwortlichen bei Borussia mit dem Umbau der Mannschaft beschäftigen sollten, stand die Feier der Gewinner an. Nach dem 33. Spieltag, bei dem Borussia den Klassenerhalt perfekt machen konnte, gab es am 2. Juni 1979 auf dem Kapuzinerplatz einen Empfang für die Mannschaft. Bei Freibier und Würstchen feierten 3500 Bürger die Cup-Gewinner. Dann sprengte eine Gruppe alkoholisierter Randalierer die Party, die daraufhin abgebrochen werden musste.

Gründe, im großem Rahmen zu feiern, gab es in den folgenden Jahren für Borussias-Fans nicht mehr. Zwar erreichte ihr Verein ein Jahr später erneut das Uefa-Cup-Finale, in dem er gegen Eintracht Frankfurt unterlag, und war in den 1980er Jahren noch mehrmals im oberen Tabellendrittel vertreten. Doch eine Top-Mannschaft, die mit ihrer Spielphilosophie deutschlandweit die Massen begeisterte, war die neue Borussia längst nicht mehr. Hatten die Gladbacher in den 1970ern lange die Meisterschaften mit dem FC Bayern München praktisch unter sich ausgemacht, entwickelten sich die Borussen mit den Jahren immer mehr zu einer gewöhnlichen Bundesligamannschaft.

In Mönchengladbach, wo Borussia schon aufgrund der Größe der Stadt eine wichtigere Rolle einnahm als in anderen Orten der Republik, wog das schwer. Statt der Bilder, wie gefeierte Helden mit Pokalen im Cabriobus durch die Innenstadt gefahren werden, sahen Fernsehzuschauer fortan häufig Aufnahmen von einem mäßig besuchten Bökelberg. Rund 18 500 Zuschauer kamen in der Folgesaison am Schnitt zu den Heimspielen. Eine Entwicklung, die sich in den weiteren Jahren trotz kleinerer Ausreißer nach oben verfestigen sollte. Zum Ende des Jahrzehnts, in der Saison 1988/89, waren es sogar nur noch 13 600.

Ende der 1970er war das Grundproblem des Klubs bereits offensichtlich. Trotz der großen Erfolge besaß der Verein zu wenig Geld, um Stars langfristig halten zu können. Ein entscheidender Grund dafür war die Infrastruktur. Der FC Bayern München, der gemeinsam mit Borussia 1965 in die Bundesliga aufstieg, bezog als Verein am Austragungsort der Olympischen Spiele 1972 das Olympiastadion mit knapp 70 000 Plätzen. Andere Bundesligisten spielten aufgrund der Heim-Weltmeisterschaft von 1974 ebenfalls in modernen Stadien. Borussia hingegen musste weiter auf dem Bökelberg antreten. Der wurde zwar Stück für Stück ausgebaut, blieb aber mit seiner Kapazität von zuletzt maximal 34500 Zuschauern deutlich zu klein, um den Verein wirklich konkurrenzfähig zu machen. Auch das Ausweichen bei besonders attraktiven Spielen aus finanziellen Erwägungen ins Düsseldorfer Rheinstadion half da nur bedingt. Die Zuschauereinnahmen waren auch deshalb ein so wichtiger Faktor, da andere Einnahmequellen wie Merchandising, TV-Rechte und Sponsoring kaum oder nur in geringem Maße erschlossen waren.

16 Jahre dauerte es, bis Borussia wieder einen Titel feiern konnte. Die von Trainer Bernd Krauss geführte Mannschaft gewann 1995 das DFB-Pokalfinale in Berlin mit 3:0 gegen den damals noch zweitklassigen VfL Wolfsburg. Der Erfolg des Teams um Stefan Effenberg, Martin Dahlin und Karlheinz Pflipsen ist bis heute der letzte Titel Borussias geblieben.

(RP)
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