Ulrich Elsen (SPD) und Dieter Breymann (CDU) im Interview Die Kultur muss uns was wert sein

Mönchengladbach · Die kulturpolitischen Sprecher von CDU und SPD, Dieter Breymann und Ulrich Elsen, sprechen über die Zukunft der Bücherei, die Aufbruchsstimmung in der Stadt, den Schildbürgerstreich an der Museumsbrücke und die Theaterfinanzen.

 Dieter Breymann (CDU, links) und Ulrich Elsen (SPD, rechts) sind die kulturpolitischen Sprecher ihrer Fraktionen.

Dieter Breymann (CDU, links) und Ulrich Elsen (SPD, rechts) sind die kulturpolitischen Sprecher ihrer Fraktionen.

Foto: Ilgner Detlef

Dieter Breymann ist zum Gespräch mit einem Anstecker in Form eines Esels erschienen.

Herr Breymann, Sie tragen einen Eselsanstecker? Als Hinweis auf die Seven Donkeys von Rita McBride?

Breymann Ja, der Anstecker wird eigentlich von den Karnevalisten in Wesel verwendet, aber er passt hervorragend zur geplanten Skulpturengruppe. ELSEN Ich habe auch einen, nur gerade nicht an dieser Jacke. Ich finde die Esel witzig im besten Sinne.

Mönchengladbach ist derzeit in vieler Munde. Es wird geplant. Es wird gebaut. Borussia ist in der Champions League. Wie wirkt sich die positive Stimmung auch auf die freie Kulturszene aus?

Breymann Ausgehend von einem negativen Moment, nämlich der Absage des Horst-Festivals und der damit verbundenen Kritik der Macher an Haltung der Stadt, ist etwas sehr Positives entstanden. Wir haben 100.000 Euro für die freie Kulturszene zur Verfügung gestellt und man spürt überall die Freude darüber, dass die freie Kultur jetzt Anerkennung und Wertschätzung erfährt. Diese Wertschätzung ist auch verdient, denn eine lebenswerte Stadt braucht immer auch eine kreative Szene. Und die hat Mönchengladbach. ELSEN Wir werden uns beide in unseren Fraktionen dafür einsetzen, dass die Förderung fortgesetzt wird. Die Mittel für 2015 wurden komplett abgerufen, alle wesentlichen Träger der freien Kulturarbeit haben profitiert. Die Kulturszene ist übrigens eng verbunden mit der hervorragenden Arbeit des Kulturbüros unter der Leitung von Thomas Hoeps.

Vor zehn Jahren wäre vieles undenkbar gewesen, was jetzt passiert. Es ist viel in Bewegung geraten, gerade auch in der Mönchengladbacher CDU.

Breymann Die CDU Mönchengladbach hat sich durch das Erlebnis der Opposition neu justiert, das ist richtig. Die politische Kultur innerhalb der Partei hat sich geändert und das hat Einfluss auch auf die Kulturpolitik.

Sie gelten beide als Befürworter des dauerhaften Umzugs der Gladbacher Stadtbücherei ins Vitus-Center am Bahnhof, das soeben in städtisches Eigentum übergegangen ist. Was spricht Ihrer Meinung nach für diese Lösung?

Elsen Wenn die Stadtbibliothek dauerhaft ins Vitus-Center ziehen würden, würde das den gesamten Bereich aufwerten. Das untere Ende der Hindenburgstraße ist problematisch, die Bücherei würde da guttun. Andererseits wissen wir natürlich nicht, ob es tatsächlich funktioniert. Deshalb muss im Vorfeld alles geprüft werden: die Kosten, die weitere Verwendung des Carl-Brandts-Hauses und die Wünsche der Bibliotheksnutzer. Im September können wir dann entscheiden, ob die Stadtbibliothek nur temporär oder dauerhaft ins Vitus-Center zieht.

Wenn eine temporäre Nutzung möglich ist, warum sollte dann ein dauerhafter Umzug nicht funktionieren?

Breymann Dauerhaft muss von einem größeren Raumbedarf ausgegangen werden. Bei einer temporären Nutzung reichen das Kellergeschoss und das Erdgeschoss aus, dauerhaft jedoch wäre auch das erste Obergeschoss erforderlich. Generell muss die Statik geprüft werden und man muss sehen, wie man mit den Dauermietern Rossmann und dem China-Restaurant umgeht. Wenn diese Schwierigkeiten beseitigt wären, wäre ich sehr für eine Dauerlösung. So bestünde die Möglichkeit, Stadtentwicklung und Kulturpolitik zusammenzuführen und meiner Meinung nach auch architektonisch extrem problematischen Bahnhofsvorplatz etwas Positives zu bewirken.

Die Bibliothek an der Blücherstraße liegt idyllisch im Gründerzeitviertel. Viele Gladbacher schätzen diesen Standort. Was sagen Sie den Leuten, die an der Blücherstraße festhalten wollen? Und der Stifterfamilie?

Elsen Zum einen haben wir hohen Respekt vor den Stiftern, den wir darin zum Ausdruck gebracht haben, dass wir das Haus in Carl-Brandts-Haus umbenannt haben. Das Haus wird auch mit Sicherheit weiterhin kulturell genutzt werden. Auch bei einem dauerhaften Umzug ins Vitus-Center würden dort die Volksvereins- und die Franziskanerbibliothek sowie die bedeutende Exlibris-Sammlung verbleiben. Wir haben großen Respekt, aber eine Stiftung kann auch nicht über Jahrhunderte die Stadtentwicklung beschränken. Zum anderen wird die Bibliothek oft als ruhig und still gelobt, aber es ist nicht Aufgabe einer modernen Bibliothek, ruhig und still zu sein. Die Bibliothek ist heute Treffpunkt, ein sehr lebendiger Ort.

Breyman Eine Bibliothek hat heute andere Funktionen als früher. Es muss Ruhebereiche zum konzentrierten Arbeiten geben, aber auch Orte, um sich zu treffen. Die sehr erfolgreiche interkulturelle Familienbibliothek in Rheydt ist da ein gutes Beispiel. Sie trägt außerdem zur Belebung der Innenstadt auch am Sonntag bei.

Wie sieht es mit den Gebäuden des BIS an der Bismarckstraße aus? Auch hier handelt es sich um eine Stiftung. Warum kümmert man sich darum nicht entsprechend?

Breymann Das Haus, in dem die Kaesbach-Sammlung untergebracht war und Joseph Beuys seine ersten Ausstellungen hatte, gehört zur kulturellen Identität der Stadt. Darin müssen auch kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Allerdings sollte sich Politik nie selbst Denkverbote auferlegen. Es wäre fatal, nicht über alles nachdenken und diskutieren zu dürfen. ELSEN Die Sanierung der Gebäude kostet 725 000 Euro, das Geld steht, so leid es uns tut, jetzt nicht zur Verfügung. Es ist für 2018 eingeplant.

Das Museum Abteiberg ist eins der großen Highlights der Stadt. Aber wer ist für den Bau der Museumsbrücke verantwortlich, die - wie wir jetzt erfahren - auf eine Garage gesetzt wurde und ein Statikproblem hat?

Elsen Als ich davon gehört habe, habe ich an Schilda und seine Bürger gedacht. Allerdings sind wir bei der sieben Millionen Euro teuren Sanierung des Museums auch auf sehr interessante Konstruktionen gestoßen. Bei der baulichen Ausführung hat der Architekt im Zweifel auf die Kreativität und Ästhetik gesetzt.

Es ist geplant, den Abteiberg und den Hans-Jonas-Park stärker herauszuarbeiten.

Breymann Ja, man kann das sehr spannend neu ordnen, den Platz zwischen Minto und Sonnenhaus gestalten und den Übergang vom Haus Erholung in den Park. Und das Café mit Außenterrasse am geplanten Neubau würde dem Museum sehr zugutekommen.

Wie sehen Sie die Zukunft der größten kulturellen Einrichtung der Stadt, des Theaters? Der Etat ist ziemlich auf Kante genäht. Das Theater wird mehr Geld brauchen.

Elsen Zunächst einmal arbeitet die Geschäftsführung des Theaters exzellent. Es war richtig, es in die neue Betriebsform zu überführen. Es war den Trägern immer klar, dass wir beim Etat noch etwas drauf legen müssen. 2016 werden wir die Gespräche zum Konzept Theater mit Zukunft 3 aufnehmen. BREYMANN Die Personalkosten steigen nun mal, das ist klar. Aber das Theater muss uns das wert sein. Ohne Theater keine Urbanität. Wir bekennen uns klar zum Theater.

Das Gespräch führten Angela Rietdorf, Dirk Richerdt, Inge Schnettler und Dieter Weber.

(RP)
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