Mönchengladbach "Umwerfende" Liebe im Bürgerkrieg

Mönchengladbach · Mit "Romeo und Julia" inszeniert der Krefelder Hüseyin Michael Cirpici zum dritten Mal am Gemeinschaftstheater. Diesmal ein Schauspiel ohne Migrationshintergrund. Bei der Matinee schaltete der Regisseur sich per Telefon zu.

 Szene einer Probe für das Schauspiel "Romeo und Julia", noch nicht in Kostümen: Helen Wendt spielt die Julia, Jonathan Hutter den Romeo.

Szene einer Probe für das Schauspiel "Romeo und Julia", noch nicht in Kostümen: Helen Wendt spielt die Julia, Jonathan Hutter den Romeo.

Foto: Matthias Stutte

Irgendwie scheint der Regisseur Hüseyin Michael Cirpici (gesprochen: tschirpidschi) das Telefon als sein Lieblingsmedium entdeckt zu haben. Als er vor dreieinhalb Jahren für einen Gastspielabend mit seinem Theaterprojekt "Das Dorf" die Ausweichspielstätte TiN im Nordpark aufsuchte, ließ Cirpici einen Schauspieler mitten im Stück mit einem Verwandten in einem anatolischen Dorf telefonieren. Das war prägender Bestandteil der Bühnen-Realisierung. Als das Theater jüngst zur Einführungsmatinee des Shakespeare-Dramas "Romeo und Julia" ins Theatercafé lud, blieb der bereitstehende Stuhl für den Regisseur leer. Dramaturg Martin Vöhringer mühte sich um eine stichhaltige Erklärung für die Abwesenheit Cirpicis. Der sei leider ein wenig gehemmt, wenn er vor Publikum sprechen solle, zudem derzeit auch gesundheitlich nicht ganz auf dem Damm.

Doch auf Live-Erläuterungen des 1967 in Krefeld geborenen Schauspielers und Regisseurs mussten die Matinee-Gäste dann doch nicht verzichten. Vöhringer rief den Regisseur des Shakespeare-Liebesdramas per Mobiltelefon an. Und im Off entpuppte Hüseyin Michael Cirpici sich als liebenswerter, aufgeschlossener, sehr lebhafter und vor allem mitteilungsfreudiger Künstler. Aufgeräumt plauderte Cirpici von seiner ersten Begegnung mit dem Theater Mönchengladbach. Das geschah, als er 1985 zusammen mit einem Freund als Statist für Irene Schneiders Choreografie von Prokofjews Ballett "Romeo und Julia" engagiert wurde. Cirpici erinnert sich, halb belustigt, halb entsetzt, wie er für einen Zweikampf den eigentlich dafür vorgesehenen Degen auf der Seitenbühne nicht fand und nun wehrlos auf seinen Gegner traf. "Den musste ich aber erstechen", berichtete Cirpici. Durch Extemporieren und Tricks schaffte er das am Ende tatsächlich.

Spaß beiseite – in "Romeo und Julia" geht es keineswegs nur um romantische Gefühle und die ganz große, die "umwerfende Liebe", wie Helen Wendt, Darstellerin der Julia, bei der Matinee formulierte. "Der Kern des Stücks handelt von einer Liebe, die umgeben ist von Feindseligkeit", präzisierte Vöhringer. Denn die beiden Liebenden gehören verfeindeten Clans an: Romeo auf Seiten der Montague, Julia gehört zu den Capuleti. In dem Konflikt zweier Großfamilien hat der Dramaturg jedoch mehr entdeckt: "Es wird eine zerstrittene, verfeindete Gesellschaft gezeichnet, die Situation ist nahe an einem Bürgerkrieg", meint Vöhringer. Diese Anschauung bestätigte, abermals am Telefon, per Lautsprecher ins Auditorium übertragen, auch der Regisseur.

Leider hüllte sich Cirpici in Bezug auf das Bühnenkonzept in Schweigen. Er wolle nichts von der Spannung wegnehmen. Und so verriet er lediglich, dass "Asche" – nämlich die von Verstorbenen – im Bühnenbild von Sigi Colpe eine Rolle spiele.

Live-Musik wird es in "Romeo und Julia" auch geben. Saskia von Klitzing wird Schlagzeug und Percussion-Instrumente bedienen, auch mal die Saiten eines E-Basses mit einem Cellobogen zum Schwingen bringen. Und Julia Klomfaß spielt Klavier, Gitarre, Zither – und eine singende Säge.

Die Premiere ist für Samstag, den 5. April, 20 Uhr, im großen Saal des Theaters vorgesehen. Es gibt noch Karten, freilich auch für die nachfolgenden Vorstellungen. Reservierung per Telefon: 02166 6151-100.

(RP)
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