Serie Was Macht Eigentlich? Vereint bei Sport und Spaß, ob 30 oder 85 Jahre

Mönchengladbach · Die Erste Vati-Riege des 1. FC Mönchengladbach war Vorreiter des Breitensports in deutschen Fußballvereinen. Jetzt feiert sie ihr 50-Jähriges. Ihre Mitglieder kommen aus drei Generationen, und alle spielen immer noch gemeinsam Fußball.

Die Vati-Riege des 1. FC Mönchengladbach
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Armin Trettin hat seine liebe Mühe, aber auch seinen Spaß. "Die sind ganz schön ehrgeizig, manchmal schwer zu bremsen. Aber alles prima Jungs" sagt er. "Jungs" trifft die Sache allerdings nicht so ganz. Denn es sind allesamt gestandene Männer, die 35 Mitglieder der Vati-Riege des 1. FC Mönchengladbach: Ärzte, Banker, Handwerksmeister, Juristen, Politiker zum Beispiel. Der Jüngste, Boris Wolkowski, ist 37, der älteste Aktive, Eberhard Königs, 85. Und der ist oft auch noch dann dabei, wenn gekickt wird, Was nach der "Pflicht" — dem den Körper "stählenden" Fitnessprogramm von Übungsleiter Armin Trettin — die heiß geliebte Kür der eineinhalb Stunden ist.

Eberhard Königs steht dann entweder im Tor (wenn in der Sporthalle gespielt wird) oder er ist Linksaußen, wenn es nach draußen auf den Rasen geht. Diese Positionen haben aber nichts mit dem Fußballer-Spruch von den "Blinden" zu tun, die entweder ins Tor oder auf Linksaußen gestellt werden. Sondern Königs' Einsatzrevier ist schlicht und einfach seinem Alter geschuldet, stolzen 85 Jahren eben. "Es macht mir immer noch Spaß", sagt Königs, einer der "Männer der ersten Stunde" in der Vati-Riege, der also seit 1963 dabei ist. Dr. Albert Lambertz zählt 79 Lenze, und ist noch sehr munter bei der Sache, "ein Vollblutstürmer", meint Armin Trettin.

"Wir sind alle richtig ehrgeizig. Und wenn einer Mist spielt, wird tüchtig geschimpft und geflucht", sagt Dr. Christof Wellens, 50 Jahre jung und der Präsident. "Aber wir nehmen auch Rücksicht auf diejenigen, die nicht mehr so fit sind. Auch sie sollen mitmachen und Spaß haben." Beim schnellen Spiel Vier gegen Vier in der Halle werden allerdings die Teams schon etwas nach Leistungsvermögen zusammengestellt. Doch weil sie alle Freunde sind, hat der schon mal aufgekommene Vorschlag, die Riege in zwei Altersgruppen zu teilen, keine Chance: "Wir kennen uns seit vielen Jahren, und es klappt doch prima miteinander. Was soll da eine Trennung?", sagt Dr. Wolfgang Johann.

Der Ex-Banker ist 73, seit 1974 dabei. Und hat gemerkt, dass regelmäßiges, noch so ausdauerndes Joggen allein nicht reicht, wenn er, obwohl gestandener Sportler, beim Fußballspiel gegen deutliche Jüngere nicht chancenlos sein will. Darum hat er sich mit einem halben Dutzend besonders ehrgeiziger Senioren aus der Vati-Riege zusammengetan zu einem zusätzlichen Gymnastik-Programm im Fitnessbereich des benachbarten Holiday Inn unter Trettins Leitung.

Dehnen, gründliche Gymnastik, Stärkung der Bauch- und Rückenmuskulatur: Das ist Armin Trettins Standard-Programm für die "Jungs" in der Vati-Riege, bevor er sie an den geliebten Fußball lässt: ,,Manche kommen allerdings bereits ein wenig früher, um schon etwas zu kicken." Der 60-jährige Diplom-Sportlehrer ist seit zwei Jahrzehnten Übungsleiter der Ersten FC-Vati-Riege, die am Freitag, 24. Mai, ihr 50-jähriges Jubiläum feiert.

Sich bewegen, den Körper auch im Alter fit halten: Das ist die eine Antriebsfeder der Männer in der Vati-Riege. "Es ist gut, wenn man einmal die Woche etwas tut", sagt Eberhard Königs. "Ich merke schon, dass wir zuerst eine knappe Stunde Gymnastik machen."

Der gemeinsame Spaß nachher beim Bier (es darf aber auch Wasser sein), ist die andere. "Wir wissen den Flüssigkeitsverlust schon auszugleichen", hat Josef Vaeßen, der erste Präsident und begeisterte Chronist, bereits im April 1963, einen Monat nach der Gründung der Vati-Riege, festgehalten.

Viele der 28 Gründungsmitglieder, aus denen sich schnell ein fester Stamm von 20 Aktiven entwickelte, hatten sich gleich ein Ziel gesetzt: "Wir wollen das Sportabzeichen machen." Es hat geklappt, wenn nicht im ersten, dann im zweiten Jahr. Und ist bis heute fester Bestandteil des Programms. "Mehr als die Hälfte bei uns legt jedes Jahr erfolgreich die Prüfung ab", erzählt Armin Trettin. Rund 1500, altersbedingt meist goldene, Sportabzeichen sind im Lauf der fünf Jahrzehnte von den Männern der Ersten Vati-Riege erworben worden. "Dies zeigt, dass meine Jungs ganz schön fit sind."

Armin Trettin lässt es allerdings doch schon ein wenig ruhiger angehen als in den ersten Wochen unter Walter Wondorf. "Nach Rücksprache mit unserem Übungsleiter wird in Zukunft eine etwas ruhigere Gangart eingeschaltet", hat Jupp Vaeßen bereits im April 1963 festgehalten. Wondorf hatte seinen Schülern ein "Non-stop-Programm von 34 Minuten, die es in sich haben" (so Vaeßen), abverlangt; "Die meisten haben erst jetzt gemerkt, dass sie mit 30 Lenzen in puncto Leibesübungen fast schon Greise sind." Walter Wondorf hat sie dann aber bald fit gemacht — und blieb fast 30 Jahre Übungsleiter.

Die Vati-Riege ist aber kein reiner Spaß-Verein. Der 1. FC weiß schon, was er an ihr hat. Die "Vatis" zahlen zweimal Beitrag: den in die ganz normale Vereinskasse, und dazu den in die ihrer Riege. Und sie greifen auch mal außerdem in die Tasche, wenn der FC große Projekte hat. So war es beim Bau des Clubheims, den sie mit Barem, Sach- und Dienstleistungen tatkräftig förderten, und auch zuletzt beim Bau der neuen "Soccer-Arena" für den Fußball-Nachwuchs.

Die "Vatis" können und wollen sich dies leisten. Zumal sie wirtschaftlich nicht schlecht gestellt sind. Das zu sein, steht zwar in keiner Satzung. Aber Josef Vaeßen hat es schon 1963, als er zur Werbung neuer Mitglieder aufrief, deutlich gemacht: "Als Mindestalter werden 30 Jahre gefordert. Es müssen aber Männer sein, die in das Niveau unseres Vereins passen." Und der wurde im Volksmund "Fine-Heäre-Klub" genannt. Und die "feinen Herren" können sich, im Gegensatz zu ihrem Berufsleben, im Kreis der sportlich Gleichgesinnten einmal richtig austoben und auch mal gehen lassen.

Sie sind seit 50 Jahren ein eingeschworener Kreis, der sich neben dem Sport auch zu Jahresfahrten, Rad- und Wandertouren trifft. "Und in dem jeder nach dem ersten Jahr als Mitglied gleich in den erweiterten Vorstand kommt", erzählt Christof Wellens schmunzelnd. "Und aus der Vati-Riege tritt man nicht aus, aus der Vati-Riege stirbt man."

(RP/ac)
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