Mönchengladbach Vollzeit-Pläne für das Teilzeit-Auto

Mönchengladbach · In Kürze startet das Car-Sharing-Pilotprojekt der NEW. Ist es erfolgreich, könnten weitere Fuhrparks, etwa von Banken oder der Stadtverwaltung, mit einbezogen werden. Dadurch erhielte Gladbach eine ganz neue Mobilitäts-Komponente.

 Jörg Lachmann, Projektverantwortlicher bei der NEW (v. li.), Andreas Allebrod, Geschäftsführer der Drive-Car-Sharing GmbH, und Frank Kindervatter, NEW-Vorstand, freuen sich über die neue Kooperation.

Jörg Lachmann, Projektverantwortlicher bei der NEW (v. li.), Andreas Allebrod, Geschäftsführer der Drive-Car-Sharing GmbH, und Frank Kindervatter, NEW-Vorstand, freuen sich über die neue Kooperation.

Foto: Detlef Ilgner für NEW AG

Die Vision ist schon klar umrissen. "Wenn wir am Ende eine ,NEW Teilzeitauto GmbH' ausgliedern könnten, wäre das das Nonplusultra", sagt Jörg Lachmann, Projektbeauftragter für Car-Sharing bei dem Unternehmen, das immer noch in erster Linie als Energieversorger gilt. Sich in Zeiten von Energiewende und Marktliberalisierung - wie die Konkurrenz auch - aber immer mehr in neue Geschäftsfelder hinein diversifizieren muss. Ob Car-Sharing, also das gemeinschaftliche Nutzen von Fahrzeugen, das Zeug hat, zu einem dieser zusätzlichen Standbeine zu werden, wird - und kann - sich zeigen. In aller Ruhe überdies, nämlich 24 Monate lang. Wie berichtet, öffnet die NEW einen Teil ihres Fuhrparks für ein zweijähriges Pilotprojekt zum Car-Sharing - zunächst nur für eigene Mitarbeiter, Studenten und Angestellte der Hochschule. "Das betrifft aber immerhin schon einmal 17.000 Menschen", sagt Vorstand Armin Marx. "Man sollte uns ein Jahr geben, um eine erste Einschätzung treffen zu können, ob beispielsweise weitere Partner mit einsteigen können."

Denn die eingangs erwähnte Vision umfasst selbstredend mehr, als lediglich ein paar Dienstwagen, die gerade nicht im Einsatz sind, für Dritte freizugeben. Vielmehr könnte am Ende ein großes "Pool-Car-Sharing" stehen, von dem eine Vielzahl der in der Stadt lebenden Menschen profitiert. Nämlich wenn es gelänge, andere große Fuhrparks mit in das Angebot zu integrieren. Banken wären beispielsweise denkbare Partner. "Alleine die Stadtverwaltung hat rund 160 Fahrzeuge", sagt Lachmann. Davon eignen sich sicherlich nicht alle fürs Car-Sharing - die NEW etwa hat von ihren knapp 60 Fahrzeugen 18 als "Teilzeitautos" freigegeben. Aber selbst, wenn es am Ende insgesamt 100 Pkw wären, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, könnte dies eine völlig neue Mobilitäts-Komponente bedeuten. Für Mönchengladbach, wenn Leute zugunsten des Car-Sharings für kurzfristige Mobilität künftig möglicherweise auf Zweit- und Drittwagen verzichten - vielleicht noch mehr aber für den ländlichen Raum. Dort ließe sich das Konzept, "kommunale Fuhrparks in Mobilitätskonzepte einzuarbeiten", ganz prosaisch als "Kinder-Teams mit städtischen Fahrzeugen am Wochenende von Fußballplatz A zu Fußballplatz B fahren" übersetzen.

Das ist ferne Zukunftsmusik - noch ist das Pilotprojekt erst einmal besagter Versuchsballon. "Es geht um Fragen wie: Welcher Fahrzeugtyp kommt am besten an? Wird ein höheres Erlös durch einen höheren Verschleiß der Fahrzeuge aufgewogen? Wie werden die Buchungsportale genutzt?", sagt Marx. Die erste Überraschung gab es bereits: Anders als erwartet hat sich ausgerechnet die Zielgruppe der Studenten, bei der man die größte Nachfrage vermutet hatte, bei einer Facebook-Umfrage nur mäßig interessiert am Car-Sharing gezeigt. Nicht zuletzt deswegen wird das Pilotprojekt auch wissenschaftlich begleitet. So wird die Wirtschaftlichkeit im Rahmen von Kosten-Nutzen-Analysen in Master- und Bachelorarbeiten untersucht, unterstützt vom Team des NEW-Stiftungsprofessors Ulrich Nissen. Ein Student untersucht im Rahmen einer Abschlussarbeit aktuell bereits drei Szenarien: eines, in dem sich das Car-Sharing als unrentabel erweist, ein realitätsnahes und eines, das erhebliches Entwicklungspotenzial aufweist. Letzteres ist das mit der beschriebenen Vision verbundene. "Wie auch für die Elektromobilität gilt: Wenn Car-Sharing ein Markt werden wird, wollen wir ihn besetzen", sagt Marx.

Das Car-Sharing-Modell der NEW ist stationsbasiert - die 18 Fahrzeuge stehen an vier (NEW-)Standorten in Gladbach, einem in Viersen und einem in Erkelenz. Zwei der Wagen sind E-Autos - sie parken am Blauhaus. Bis 30. November gibt die NEW allen, die sich registrieren, einen 40-Euro-Startzuschuss. Die Gebühren setzen sich zusammen aus einem Zeitpreis und einer Kraftstoffpauschale. Kooperationspartner ist die Drive-Car-Sharing GmbH aus Solingen, hinter der wiederum der Kooperationsverbund des Marktführers Flinkster steht, der Car-Sharing-Gesellschaft der Bahn. Die Bordcomputer sind eingebaut, die Beschilderung der Stellplätze ist in Vorbereitung, in Kürze geht das System an den Start. Erste Aufschlüsse dürfte es schnell geben. "Wenn das Thema an einer Hochschule nicht funktioniert - wo soll es dann funktionieren?", fragt Marx.

(RP)
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