Pesch Vom Glück verlassen?

Pesch · Von Karneval, Kleingärtnern und Killerwelsen: Die Honschaft Pesch am Volksgarten wird bald 700 Jahre alt, doch es gibt nur noch wenige Zusammenschlüsse oder Vereine, die ein solches Jubiläum feiern würden. Pesch ist ein ruhiger Vorort, dem nun auch noch seine Kirche weggenommen wird.

 Sie haben alles, was Heinz Kreuzberg über Pesch gesammelt hat, behalten: Gerda Kreuzberg mit Schwager Peter Kreuzberg.

Sie haben alles, was Heinz Kreuzberg über Pesch gesammelt hat, behalten: Gerda Kreuzberg mit Schwager Peter Kreuzberg.

Foto: Detlef Ilgner

Es war ein 1,70 Meter langer Raubfisch, der den Volksgarten, Pesch und Mönchengladbach quasi über Nacht weltbekannt machte. Kuno wurde er genannt, der "Killerwels", der vor acht Jahren einen Dackel verschluckt haben sollte. Da war was los vor Peter Kreuzbergs Haustür in Pesch, als die internationale Presse sich zum Wettangeln am Volksgartenweiher versammelte, inklusive Stefan Raab und Tom Gerhardt.

Die Welt interessierte sich für den Stadtteil, der gemeinsam mit Hardterbroich an den Volksgarten grenzt. "Ich war bei Kuno aber nicht gucken", verrät der 77-jährige Peter Kreuzberg. Wenn er aber über die Honschaft nachdenkt, dann muss er sagen: In Pesch ist nicht mehr allzu viel los. "Das Gemeinschaftsleben geht gegen null", sagt der Senior. Und das trotz 13 487 Einwohnern, die die Stadtverwaltung im vergangenen Juni für Hardterbroich und Pesch zusammen zählte.

Dass das aber nicht immer so war, davon können er und seine Schwägerin Gerda Kreuzberg berichten. Die beiden Senioren sitzen in dem Büro, in dem ihr Bruder und Ehemann Heinz Kreuzberg sein Geschichtsbuch "Unser Pesch" verfasst hat. Vor ihnen auf dem Tisch liegen bergeweise Fotos und Unterlagen, die Heinz Kreuzberg zusammen getragen hatte. Das Buch berichtet von einem heiteren und aktiven Ortsteil, in dem eine der größten Fest- und Turnhallen Deutschlands standen.

Der TV Jahn trainierte in der mehrere tausend Besucher fassenden Volksgartenhalle, die 1920 erbaut worden, im Krieg aber im Bombenhagel stark beschädigt worden war. Die 1935 gegründete Karnevalsgesellschaft Halt Uut Pesch feierte dort jährlich am Rosenmontag glorreiche Sitzungen. Glaubt man alten Berichten, dann waren es prunkvolle Feste in dem Prachtbau. Er stammte aus einer Zeit, in der Pesch rasant wuchs als ein Wohnort der Industriearbeiter, die es in Massen nach Gladbach zog. Die meisten Straßen sind gerade einmal 100 Jahre alt.

Heute steht an der Stelle jedoch keine Halle mehr, sondern ein Seniorenheim des Roten Kreuzes. Der TV Jahn hat sich eine neue, aber viel kleinere Halle gebaut, Karneval wird mittlerweile außerhalb Peschs beim Landesbetrieb Straßenbau NRW an der Breitenbachstraße gefeiert (heute ist Sessionseröffnung), Zirkusse gastieren nicht mehr auf der Krall'schen Wiese, sondern im Nordpark oder an der Lürriper Straße, Schützenfeste gibt es in Pesch nicht mehr und jetzt lässt das Bistum in die Kirche Herz Jesu auch noch Wohnungen bauen.

Die Katholiken müssen jetzt nach Hardterbroich oder nach Hermges. Alles zusammen behagt Peter Kreuzberg nicht besonders: "Das macht uns Sorge. Die Pfarre war das Fundament hier." Nimmt man allein dies, dann scheint Pesch vom Glück verlassen.

Die andere Seite von Pesch ist wiederum die, dass in den Kleingärtneranlagen Am Stammen und Pesch, die direkt nebeneinander liegen, das Gärtnerwesen regelrecht kultiviert wird und das Panikorchester als selbst ernannte "Rentner-Boygroup" jegliche Feste in der Pescher Anlage zur vergnüglichen Sause macht.

Dass es mit dem Volksgarten wohl kaum ein schöneres Naherholungsgebiet in Mönchengladbach gibt, das schon seit Jahrhunderten besteht und schon vor der ersten urkundlichen Erwähnung Peschs im Jahr 1312 bestand. Und dass in Pesch die Fäden sämtlicher Real-Filialen Deutschlands zusammen laufen.

Und falls es doch einmal droht, langweilig zu werden, gibt es immer noch Kunos Geschichte. Er soll Nachfahren, Geschwister und Vorfahren in dem Weiher haben.

(RP)
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