Mönchengladbach Von der Liebe zu Rost und Reifen

Mönchengladbach · "Car Culture" - so hieß die gestrige Auto-Show am Nordpark. Neben Old- und Youngtimern dominieren jedoch die Tuning-Fahrzeuge.

Großes Tuning- und Oldtimertreffen im Nordpark
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Großes Tuning- und Oldtimertreffen im Nordpark

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Kein Staubkorn darf zurückbleiben, keine Schliere den Blick auf die Felgen von Björn Weißens Lupo trüben. Erst werden die vorderen Felgen poliert, dann die mittleren, als er das Tuch vom sechsten Reifen absetzt, ist einige Zeit verstrichen.

Ein VW Lupo und sechs Reifen? "Blacklupo" heißt Weißens Konstruktion, an dem "normalen" Lupo hängt noch ein Anhänger, die Rückbank eines zweiten Lupos. Das einzig normale am vorderen Teil des Gespanns ist allerdings auch, dass der vier - mit Swarowski-Steinen besetzte - Räder hat. An allem anderen hat sein Besitzer rumgetüftelt. Zwei Seiten umfasst die Liste der Änderungen, die Markus Weißen vorgenommen hat, seit er vor sieben Jahren anfing, an seinem Lupo herumzuschrauben: "Ich wollte einfach mal richtig Gas geben und etwas besonderes haben." Das hat er geschafft, wer hat schließlich schon mehrere (!) Flachbildschirme im Auto? Das ist wohl nicht nur aufgrund der Größe des Fahrzeugs eine Besonderheit. Auch die gesamte Innenverkleidung samt Motorraum besteht auf weichem, beigen und hellblauen Leder. Hier hat Björn Weißen sein Hobby zum Beruf gemacht: Der gelernte Installateur ist mittlerweile selbstständiger Sattler und kümmert sich um die Innenausstattung von Autos oder Booten.

 Wenn Mama und Papa am Auto schrauben, darf der Nachwuchs nicht fehlen: Viele Kinder begleiteten ihre Eltern mit zur "Car Culture" im Nordpark.

Wenn Mama und Papa am Auto schrauben, darf der Nachwuchs nicht fehlen: Viele Kinder begleiteten ihre Eltern mit zur "Car Culture" im Nordpark.

Foto: Raupold

So gut das Leder auch aussieht: Die meisten Tuning-Fans würden wohl keine fremde Hand an ihren geliebten Wagen lassen. Schon früh am Morgen ist der Parkplatz am Nordpark voll mit Karossen, die auf der Straße alle Blicke auf sich ziehen. Der Erlös der "Car Culture" geht auch in diesem Jahr wieder an den Verein "Lichtblicke". Hier werden Erfahrungen ausgetauscht über Motorenabdeckungen, Edelstahl, Stoßstangen, Rückleuchten und...

Für Tuning braucht man jedoch nicht nur technisches Verständnis. Wer auffallen will, muss kreativ sein. Ein Aquarium (ohne Fische) im Rücksitz eignet sich da schon ganz gut. Aus ganz Deutschland ist die Szene angereist, um sich an Besonderheiten zu überbieten. Aber nicht nur den auffälligen Wagen wird am Tuning-Tag Respekt gezollt, sondern auch dem 20 oder 25 Jahre alten BMW, der immer noch Neuwagen auf der Autobahn abhängt. "Es ist ja schon eine Kunst, einen so alten Wagen so zu pflegen und instand zu halten", sagt Besucher Marco Koch begeistert.

Noch ein weiteres Grüppchen fällt zwischen den vor Technik und PS strotzenden Maschinen auf. Fünf Autos in einer Reihe, deren Teile vor sich hinrosten. "Kratzer und Beulen stören uns überhaupt nicht", erklärt Marius Tomczak, mit dessen Escort im Jahr 2009 alles anfing. Technisch sind die Wagen alle in Ordnung, doch was zählt, ist das Äußere: Seiten oder Motorhaube werden abgeschliffen, der Rost kann sich in die Karosse fressen. So entstehen ganz eigene Muster, die der "Rat Look Crew" mit Hochglanzlack keiner nachmacht. "Wenn andere es hässlich finden, ist es für uns gerade richtig", erklärt Tomczak lachend. Mit Surfbrettern oder Koffern auf dem Dach montiert, wirken die kleinen Kunstwerke wie aus der Zeit gefallen. Die Gruppe ist eher entspannt, lautes Motorengeheule und Protzvergleich nichts für sie. Doch in allen Ecken Deutschlands finden sie gleichgesinnte Tuning-Fans. Dafür kommen sie von weither, fahren nach Mönchengladbach oder auch nach Bayern. "Nächstes Jahr wollen wir unsere eigene Veranstaltung aufziehen", sagt Tomczak.

(ansc)
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