Mönchengladbach Von falschen Handwerkern und Frauen in Schaufenstern

Mönchengladbach · Wer sich auch nach sechzig Jahren noch viel von vergangenen Tagen erzählt, hat viel erlebt. Die Abiturientinnen des Gymnasiums am Geroweiher haben nach ihrer Abschlussprüfung im Jahr 1955 eine rekordverdächtige Bilanz aufgestellt: Seit 1955 trifft sich die Klasse einmal im Jahr zum Ehemaligen-Treffen. Immer am letzten Samstag im Juni. Wie auch jetzt wieder im Café "Laube" an der Viersener Straße. "Die Treffen verlaufen immer sehr harmonisch, die Freude aufs Wiedersehen ist immer riesig", so Hilla Strähn, eine der Damen, die es wieder einmal zum Treffen geschafft hat.

 60 Jahre nach dem Abitur trafen sie sich wieder.

60 Jahre nach dem Abitur trafen sie sich wieder.

Foto: Detlef Ilgner

Von ursprünglich vierzehn Mitschülerinnen sind drei verstorben, acht sind in diesem Jahr wieder gekommen. Sie sind nicht nur in Gladbach wohnhaft, reisen aus Münster oder Köln in die Vitusstadt an. Manche Anekdote ist so kurios, dass sie jedes Jahr aufs Neue erzählt werden muss. So die Geschichte der angeblichen Handwerker, die die ehemalige Mädchenschule mit Blaumännern betraten. "In Wahrheit waren es aber Jungs vom GHTC", so Steffi Engels, die sich noch sehr gut an die kreativen Anbandelungs-Versuche erinnern kann.

In Erinnerung geblieben sind auch die vielen Klassenausflüge, wie ein ganz besonderer, nämlich der nach Amsterdam. Lehrerin Johanna Schipperges, von ihren Schülerinnen nur liebevoll "Schipp" genannt, machte den Besuch des Amsterdamer Rotlichtviertels zur pädagogischen Erfahrung. Ilse Schraut erinnert sich noch genau an die Worte ihrer Lehrerin: "Sie sagte, wir müssten das mal gesehen haben. Wir waren alle völlig verstört", blickt Ilse Schraut mit einem Lachen zurück.

Johanna Schipperges war bis zu Ihrem Tod vor sechs Jahren fester Bestandteil des Klassentreffens, bis sie im Alter von 98 Jahren starb. Das Verhältnis zu Ihrer Lehrerin sei ein sehr inniges und besonderes gewesen, da sind sich alle ehemaligen Schülerinnen einig. Aber auch untereinander war man stets mehr, als nur gemeinsam in einer Klasse: "Wir sind fast schon wie Verwandtschaft. Immer haben wir uns gegenseitig informiert, wenn bei jemandem etwas passiert ist oder sich geändert hat.

", so Elisabeth Schippers. Auch wenn die Wege sich zumindest räumlich änderten und in Richtung Kommunalpolitik, Lehrerberuf oder Entwicklungshilfe in Afrika gingen, schneiden sie sich zumindest einmal im Jahr wieder. Immer im letzten Sonntag im Juni. Denn wer sich auch nach sechzig Jahren noch so viel und gerne erzählt, hat nicht nur viel erlebt, sondern gehört auch zusammen.

(RP)
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