Mönchengladbach Von Gladbach mit dem IC nach Holland

Mönchengladbach · Die Chancen auf eine durchgehende Intercity-Verbindung von Düsseldorf über Gladbach nach Eindhoven sind gut. Und das, obwohl der Lückenschluss 105 Millionen Euro kostet. In sechs Jahren könnten die ersten Züge rollen.

Bislang ist keine zweite deutsche Stadt dieser Größe dermaßen vom Fernverkehrsnetz der Bahn abgehängt wie Mönchengladbach. Dafür, dass sich das ändert, weiß Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners gleich drei Amtskollegen an seiner Seite, die gestern in der Landeshauptstadt gemeinsam mit Reiners ein großes Infrastruktur-Projekt vorstellten, das der Bund bezahlen soll. Denn Thomas Geisel (Düsseldorf), Rob van Gijsel (Eindhoven) und Antoin Scholten (Venlo) sind nicht nur davon überzeugt, dass der Bahn-Flaschenhals zwischen dem Niederrhein und den Niederlanden beseitigt gehört. Sie sind auch davon überzeugt, dass es so kommen wird.

Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit angesichts der Tatsache, dass für ein zusätzliches Gleis zwischen Dülken und Kaldenkirchen 105 Millionen Euro nötig sein werden. Diesen Betrag würde der Bund bezahlen, wenn das Projekt in den neuen Verkehrswegeplan aufgenommen wird. Dafür haben die vier Partner ein sehr gutes Argument. Der errechnete Kosten-Nutzen-Faktor liegt bei 7,9. Der Mindestwert für eine Förderung beträgt 1,0. Ein "Traumwert", wie nicht nur Düsseldorfs Verkehrsdezernent Stephan Keller findet. Denkbar ist auch, Teile der Finanzierung aus europäischen Töpfen zu bestreiten.

Schon Ende des Jahres dürfte mehr Klarheit herrschen. Denn bis dahin soll über den Bundesverkehrswegeplan entschieden sein. Wird die IC-Verbindung Düsseldorf-Eindhoven aufgenommen, könnte die Umsetzung 2017 beginnen. Damit zwischen Düsseldorf und Eindhoven tatsächlich IC-Züge fahren können, muss nicht nur ein zweites Gleis gebaut, sondern das bestehende ertüchtigt werden. Die Bauzeit wird auf drei bis vier Jahre geschätzt, so dass Anfang der 2020er Jahre die ersten Züge auf der Strecke unterwegs sein werden.

In Kurzfassung sieht das Konzept vor, dass der RE 13, heute die Zugverbindung von Hamm über Wuppetal, Düsseldorf, Mönchengladbach und Viersen nach Venlo, die "IC-Rolle" übernehmen soll. In welchem Takt die Bahnen dann fahren und wo sie halten, ist noch nicht vollends klar. Klar ist aber: Die Verbindung soll ausdrücklich eine schnelle sein. Viel mehr als die vier Stationen Düsseldorf, Gladbach, Venlo und Eindhoven scheinen nicht denkbar. ICE-Züge werden auch auf der neuen Strecke jedoch nicht fahren können. Ob die Deutsche oder die Niederländische Bahn die Strecke betreiben wird und wie die neue an die bestehende Verbindung zwischen Venlo und Rotterdam anschließt, ist offen.

Bei aller gemeinsamen Harmonie und interregionalen Zusammenarbeit gibt es indes hinter den Kulissen auch noch Streit: Der Viersener Landrat Dr. Andreas Coenen, der ursprünglich auch den Erfolg verkaufen sollte, hatte vor einigen Tagen seine Teilnahme abgesagt. Der Kreis Viersen unterstützt im Rahmen von RoCK - so der Name des Projekts - den zweigleisigen Ausbau der Strecke. Aber das von den vier Partnern beigefügte Betriebskonzept ist nicht im Sinne des Kreises Viersen, dessen Interesse Coenen nach eigenen Angaben vordringlich zu vertreten hat. Für einige Bahnfahrer aus dem Kreis Viersen würde das Projekt bedeuten, dass sie anders als bisher künftig in Mönchengladbach umsteigen müssen. Für die Düsseldorfer und Gladbacher gibt es eine markante Verbesserung: Bisher gibt es von Düsseldorf aus eine Verbindung über Emmerich im Norden und eine über Aachen im Süden. Dazwischen ist derzeit lediglich im Stundentakt ein Regionalzug nach Venlo unterwegs. Dort müssen Fahrgäste umsteigen, um nach Eindhoven, Rotterdam oder Den Haag zu gelangen.

Gladbach arbeitet seit Jahren an einem besseren Bahn-Anschluss. In der jüngsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses hatte Stadtplaner Jürgen Beckmann berichtet, er habe seit 25 Jahren mit dem Projekt zu tun und nun zum ersten Mal berechtigte Hoffnung auf Umsetzung. Für den Vorsitzenden des Bauausschusses Horst-Peter Vennen ist RocK ein "sehr spannendes Unterfangen, auch wenn wir noch nicht am Ziel sind". Klare Worte für den aktuellen Zustand fand gestern Venlos Bürgermeister Antoin Scholten: Der Stellenwert, den seine Stadt für deutsche Besucher genieße, "verträgt sich nicht mit dem vorsintflutlichen Bummelzug zwischen Kaldenkirchen und Dülken."

(RP)
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