Mönchengladbach Was die Patienten auf dem Herzen haben

Mönchengladbach · Bei der RP-Telefonsprechstunde zum Thema Herzerkrankungen konnten die Leser gestern drei Kardiologen nach Herzenslust ausfragen. Dabei erfuhren sie unter anderem, was es mit so genannten Polypillen auf sich hat.

 Prof. Dr. med. Jürgen vom Dahl (v.l.), Prof. Dr. med. Ralf Koos und Dr. med. Jürgen Ohler standen den RP-Lesern am heißen Draht gestern Rede und Antwort.

Prof. Dr. med. Jürgen vom Dahl (v.l.), Prof. Dr. med. Ralf Koos und Dr. med. Jürgen Ohler standen den RP-Lesern am heißen Draht gestern Rede und Antwort.

Foto: Isabella Raupold

Das Telefon klingelt. Am Apparat ist eine 79-Jährige, die morgens und abends unter Herzrasen und Herzstolpern leidet. Ihr Hausarzt habe ihr ein Präparat mit Magnesium verordnet, erzählt sie. Dr. Jürgen Ohler, niedergelassener Kardiologe und einer der drei Experten am RP-Telefon, empfiehlt ihr, ein Langzeit-EKG machen zu lassen. "Wenn die Beschwerden durch Vorhofflimmern verursacht werden, hilft das verordnete Präparat nicht", erklärt er. Deshalb müsse per Langzeit-EKG abgeklärt werden, was hinter den Symptomen steckt. "Dabei muss man natürlich darauf achten, dass die Beschwerden auch während der Untersuchungsdauer aufgetreten sind", fügt er hinzu. "Sonst muss das EKG wiederholt werden."

Die Anruferin war eine der Leserinnen und Leser, die das Angebot der Telefonsprechstunde rund ums Herz in Anspruch nahmen. Drei renommierte Gladbacher Herzspezialisten - Professor Dr. Jürgen vom Dahl (Kliniken Maria Hilf), Professor Dr. Ralf Koos (Elisabeth-Krankenhaus) und Dr. Jürgen Ohler (niedergelassener Kardiologe) - saßen bereit, um all die Fragen zu beantworten, die Patienten im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Herzen haben. Die meisten Fragen drehten sich um Herzrhythmusstörungen. "Das ist kein Wunder, denn Herzrhythmusstörungen belasten im Alltag", weiß vom Dahl, Chefarzt im Maria Hilf. Vorhofflimmern ist eine weit verbreitete Erkrankung, die auch das Schlaganfall-Risiko deutlich erhöht. "20 Prozent aller Schlaganfälle werden durch Vorhofflimmern verursacht", so Ohler.

Auch der Anrufer, den vom Dahl gleich darauf am Apparat hat, leidet unter Herzrhythmusstörungen. Er habe eine Ablation gehabt, aber die Rhythmusstörungen seien nun zurückgekehrt. Bei einer Katheterablation wird mit Hitze oder Kälte gearbeitet und eine Narbe gesetzt, um die chaotischen elektrischen Impulse, die das Vorhofflimmern auslösen, zu stoppen. Vom Dahl empfiehlt dem Anrufer, ein EKG machen zu lassen. "Rhythmusstörungen fühlen sich für den Patienten gleich an", stellt er fest. "Aber sie können harmlos sein oder eben nicht." Das sei mittels EKG abzuklären. Eine andere Anruferin möchte weniger Tabletten einnehmen. Zwar leidet sie unter einer Herzerkrankung, hat Bluthochdruck und hohe Cholesterinwerte, aber die Anzahl der Tabletten ist ihr zu hoch. Koos, Chefarzt im Elisabeth-Krankenhaus, rät dringend von einer Reduktion ab. "Die Tabletten sind notwendig", sagt er. "Aber eine Langzeitblutdruckmessung kann durchaus sinnvoll sein." Danach könne man die Medikation anpassen.

Viele Patienten haben ein Problem damit, vielerlei Medikamente einnehmen zu müssen. "Die Therapietreue des Patienten nimmt ab, wenn die Zahl der Tabletten steigt", erklärt Ohler. Das heißt, die Patienten nehmen ihre Medikamente nicht so regelmäßig, wie es eigentlich nötig wäre. Hier gibt es jedoch einen neuen Ansatz: die Polypille nämlich. Dabei werden in einer Tablette verschiedenen Wirkstoffe gegen unterschiedliche Erkrankungen kombiniert, beispielsweise Fettsenker und Aspirin. "Diese Medikamente sind aber noch nicht auf dem deutschen Markt", erklärt vom Dahl. Sie könnten jedoch auf Dauer das Problem der Tablettenvielzahl lösen.

Die nächste Anruferin, die sich an die Kardiologen wendet, leidet unter Angstzuständen. Sie habe vor 20 Jahren einmal eine Herzmuskelentzündung gehabt. Damals habe man ihr gesagt, nun müsse alle zwei Jahre eine Katheteruntersuchung erfolgen. Das sei aber nicht geschehen. "Solche Routine-Untersuchungen mit Katheter werden ohne Anlass nicht mehr durchgeführt", sind sich alle drei Kardiologen einig. Nur bei Beschwerden werde man aktiv. "Die Patienten verstehen allerdings häufig nicht, dass die Untersuchung nicht notwendig ist, und reagieren mit Angst", erklärt vom Dahl abschließend.

(RP)
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