Mönchengladbach Was die Pharma-Branche an Ärzte zahlt

Mönchengladbach · Mindestens 82 Kliniken und Ärzte in der Stadt erhielten 2015 Zahlungen der Pharmaindustrie, etwa als Honorare oder für den Besuch von Fachkongressen. Aber längst nicht alle Empfänger wollen diese Geldflüsse veröffentlicht sehen.

 Das Bethesda-Krankenhaus (hier Direktor Helmut Häfner) steht mit rund 8700 Euro in der Liste.

Das Bethesda-Krankenhaus (hier Direktor Helmut Häfner) steht mit rund 8700 Euro in der Liste.

Foto: Raupold Isabella

Die Pharmaindustrie hat im vergangenen Jahr Geldbeträge an Ärzte und Krankenhäuser in Mönchengladbach in Höhe von exakt 136.349,72 Euro gezahlt. Insgesamt erhielten 82 Empfänger Zahlungen von der Branche. Das geht aus einer Datenbank des Rechercheverbunds "Correctiv" und von "Spiegel Online" hervor, die aus Veröffentlichungen von Unternehmen und Ärzten zusammengestellt wurde. Allerdings sind darin nur Zahlungen an diejenigen Empfänger gelistet, die einer Veröffentlichung auch zugestimmt haben. Bundesweit waren damit nur 29 Prozent der Begünstigten einverstanden. Demnach dürften auch in Mönchengladbach viele Empfänger unveröffentlicht sein.

Größter Empfänger waren die Kliniken Maria Hilf. Insgesamt 80.183 Euro wurden von Unternehmen wie Merck, Novartis, Roche, Bayer und Pfizer (namhafte Hersteller von Arzneimitteln) an das Franziskushaus und weitere knapp 3400 Euro an das Haus an der Sandradstraße gezahlt. Die meisten Mittel sind als Sponsorengelder verbucht. Und das hat auch seinen Grund, sagt Jürgen Hellermann, Geschäftsführer der Kliniken: "Wir führen viele Kongresse von Fachgesellschaften durch, aber auch Informationsveranstaltungen für Patienten wie den Tag des Hörens. Dafür haben wir Sponsorenverträge mit Herstellern." Fachbeobachtungen zur Anwendung von Arzneimitteln und Drittmittelstudien sind in der Datenbank nicht enthalten. "Das Sponsoring läuft seit Jahren nach einem Kodex, in dem vorgeschrieben ist, dass bestimmte Kosten für Abendveranstaltungen oder Rahmenprogramm nicht bezahlt werden dürfen", sagt Hellermann. "Mein Eindruck ist: Dieser Kodex funktioniert gut."

Für das Krankenhaus Bethesda weist die Datenbank Zahlungen in Höhe von 8687,50 Euro aus. Das seien Gelder, mit denen Fortbildungsveranstaltungen für die niedergelassenen Ärzte gesponsert würden, erklärt Helmut Häfner, Geschäftsführer des Krankenhauses, das zum Johanniterverbund gehört. Mit durchschnittlich 500 Euro unterstützt die Pharmaindustrie diese Seminare, die das Bethesda wie alle anderen Krankenhäuser regelmäßig durchführt. "Davon werden die Honorare der externen Referenten bezahlt oder auch die Fahrtkosten", erläutert der Geschäftsführer. "Im Allgemeinen deckt das aber nicht die Gesamtkosten der Veranstaltung." Das Elisabeth-Krankenhaus kam in dem Zeitraum auf rund 12.700 Euro.

Unter den Ärzten, die mit der Veröffentlichung einverstanden waren, ist der Kinderarzt und führende Impfspezialist Ralph Köllges der "größte" Gladbacher Empfänger. Für ihn sind rund 28.600 Euro an Honoraren und Spesen verbucht. "Das sind allesamt Beträge, die mir gezahlt wurden, weil ich Impfseminare und Schulungen in ganz Deutschland gehalten habe", sagt Köllges. Im Jahr seien das etwa 50 Seminare, die überdies mit großem Zeitaufwand mittwochs und an Wochenenden verbunden seien.

Im Allgemeinen wurden Ärzten Teilnahmen an Fachtagungen und Reisekosten von den Unternehmen finanziert oder Honorare für Vorträge gezahlt. Kliniken wie auch Ärzte betonen, in keinem Fall hätte dies Einfluss auf das Verordnungsverhalten. Die Ärztekammer Nordrhein bemängelt, die Autoren der Datenbank stellten die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidungen infrage, was falsch sei. "Auf diese Weise kommen die Beträge in ein falsches Licht", meint Dr. Heribert Hüren, Kreisvorsitzender der Ärztekammer in Mönchengladbach. "Wenn wir wollen, dass die Ärzte sich fortbilden und gut ausgebildet sind, dann müssen sie diese Gelder in Anspruch nehmen."

Die Datenbank ist im Internet einzusehen unter https://correctiv.org/euros.

(RP)
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