Mönchengladbach Was ist los mit der Justiz?

Mönchengladbach · Nach dem mutmaßlichen Kinderschänder kam jetzt auch noch ein verurteilter Gewalttäter wegen Formfehlern frei. Mit Personalmangel hat das für den Landgerichtspräsidenten nichts zu tun. Politiker mahnen zu Besonnenheit.

Mönchengladbach: Was ist los mit der Justiz?
Foto: Isabella Raupold

Für Dr. Bernd Scheiff, Präsident des Landgerichts, ist nach dem bisherigen Kenntnisstand klar: Weder organisatorische Defizite noch Personalmangel sind die Ursachen für die Justizpanne. Scheiff sprach gestern auf Anfrage der RP "von einem bedauerlichen Zusammentreffen unglücklicher Umstände". Amts- und Landgericht leisteten regelmäßig gute Arbeit. "Wenn hier Sand im Getriebe war, werden wir dem nachgehen, um dies für die Zukunft zu vermeiden", versichert der Präsident.

Zurückhaltend äußerten sich sowohl Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD) als auch der Landtagsabgeordnete Norbert Post (CDU). "Jeder Fall ist ein Einzelfall und muss sorgfältig betrachtet werden", sagte Bude. "Wenn in wenigen Tagen zufällig zwei solcher Fälle passieren, sagt das zunächst einmal nichts über die Leistung des Gerichts", so Norbert Post. "Sollte sich nach sorgfältiger Prüfung herausstellen, dass die Justiz zu wenig Personal hat, wäre dies allerdings symptomatisch für die Folgen der Sparnotwendigkeit der öffentlichen Hand in vielen Bereichen", so Norbert Bude.

Erfolg für Gladbacher Anwalt

Der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Daniel Hagmann, Fachanwalt für Strafrecht, war mit seiner Verfassungsbeschwerde erfolgreich. Der Mann, den er im Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung verteidigte, kam nach 20 Monaten aus der Untersuchungshaft. Dabei ist der mutmaßliche Gewalttäter bereits verurteilt. Dreieinhalb Jahre Gefängnis lautete das Urteil des Amtsgerichtes am 31. März 2008.

Der Richter sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte eine Frau mit der Faust geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hatte. Nachdem seinem Opfer die Flucht gelungen war, habe er sie verfolgt, an den Haaren zu Boden gerissen und über den Asphalt geschleift, bis sie erneut ohnmächtig wurde. Außerdem besaß er unerlaubt eine Waffe, mit der er auch schoss.

Wie Rechstanwalt Hagmann gestern berichtete, legte sein Mandant ein Geständnis ab. Trotzdem wurde gegen das Urteil Berufung eingelegt. "Mein Mandant kann sich nicht erklären, wie er zu so etwas fähig sein konnte", sagte der Verteidiger. Deshalb sollte ein Gutachten klären, ob verminderte Schuldfähigkeit in dem Fall eine Rolle spielen könnte. "Das ist eine ganz normales Sache. Wir haben keine Schuld daran, dass dieses Verfahren so lange dauerte", so Hagmann.

Bis zur Berufungsverhandlung vor dem Landgericht vergingen zehn Monate. Zu lang, wie der Verteidiger fand und jetzt auch das Bundesverfassungsgericht. Dort hatte der Verteidiger Beschwerde eingelegt. Es gebe keine sachlichen Gründe, warum zwischen einem bereits verzögerten Akteneingang und der Berufsverhandlung sieben Monate vergingen.

(RP)
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