Mönchengladbach "Wegweiser" gegen gewaltbereiten Salafismus startet

Mönchengladbach · NRW-Innenminister Ralf Jäger: Immer mehr Minderjährige lassen sich im Internet und über WhatsApp radikalisieren.

OB Hans Wilhelm Reiners und Minister Ralf Jäger (v.l.).

OB Hans Wilhelm Reiners und Minister Ralf Jäger (v.l.).

Foto: Detlef Ilgner

In Mönchengladbach gibt es eine weitere Präventionsmaßnahme gegen den gewaltbereiten Salafismus. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) informierte gestern zum Start der neuen Beratungsstelle "Wegweiser" über die aktuellen Entwicklungen in der Szene. Nach wie vor gilt der Salafismus als die dynamischste islamistische Bewegung in Deutschland. 9000 radikale Anhänger gebe es zurzeit, berichtete Jäger, nannte aber zugleich die Zahl von drei Millionen hier lebenden friedlichen Muslimen.

"Wegweiser" wird es ab Anfang 2017 an dreizehn Standorten in NRW geben. In Mönchengladbach ist das Pari-Team Träger der Beratungsstelle. Zusammen mit einer studierten Islamwissenschaftlerin, Vertretern von Polizei, Ministerium, Schul- und Jugendamt sowie Integrationsrat soll dort Menschen geholfen werden, damit sie nicht in die Salafisten-Szene abrutschen. Im Gegensatz zum Präventionskonzept "Kopfsache", das Schülern viele abschreckende Informationen zum Thema "Radikalisierung" liefert, wird bei "Wegweiser" konkreten Hinweisen nachgegangen. Eltern, Lehrer, Geschwister können sich an die Beratungsstelle wenden, wenn sie bei ihren Kindern, ihrem Bruder und ihrer Schwester Tendenzen entdecken, die auf eine Hinwendung zum Salafismus hinweisen könnten. "Es sind überwiegend Frauen, die sich melden, weil sie eine Veränderung bemerken", sagte Ralf Jäger gestern im Mönchengladbacher Rathaus. Dies sei die Erfahrung seit März 2014, als die ersten "Wegweiser" an drei Standorten in NRW an den Start gingen. Seitdem habe es über 4500 Anfragen gegeben. Das Modell findet auch im Ausland Interesse. Unter anderem hätten sich Vertreter aus den USA, den Niederlanden, Frankreich und Österreich danach erkundigt.

Laut Jäger habe sich seit 2014 die Klientel für Wegweiser erheblich verjüngt. "Mittlerweile ist die Hälfte minderjährig", sagte der Minister. Die Jugendlichen hätten sich über Internet und WhatsApp radikalisiert. Viel Missionierungsarbeit leisteten die Salafisten aber auch über die Home-Dawa, also über Bekehrungen in Privatwohnungen, erklärte Burkhard Freier, Leiter des Verfassungsschutzes NRW.

Nach den leidvollen Erfahrungen mit Salafisten in der Stadt ist Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners froh, dass Mönchengladbach zu einem Wegweiser-Standort wurde. Denn auch hier beschäftigen radikale Salafisten nach wie vor Polizei und Staatsschützer. "Wir sind zwar kein Hotspot mehr, aber auch wir haben eine kleine zweistellige Zahl von möglichen Gefährdern im Visier", sagte Polizeipräsident Mathis Wiesselmann. Info per E-Mail an: wegweiser@pariteam-mg.de

(RP)
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