Mönchengladbach Wenn die eine Hand wegnimmt, was die andere gibt

Mönchengladbach · Der Betroffenenverband ehemaliger Heimkinder bringt Probleme mit der "Stiftung Anerkennung und Hilfe" zur Sprache.

Beim zweiten Heimfonds sollte vieles besser werden: weniger Bürokratie, schnellere Hilfe. Aber auch hier gibt es Probleme, wie bei der Mitgliederversammlung des Betroffenenverbandes 1. Community in Mönchengladbach deutlich wurde. Der zweite Heimfonds wendet sich an ehemalige Heimkinder, die seinerzeit in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrien untergebracht waren. Bund, Länder und Kirchen haben den Fonds als Stiftung eingerichtet. 9000 Euro können die Betroffenen, die Leid und Unrecht in den Einrichtungen erfahren haben, beantragen. Aber nicht jeder bekommt die volle Summe ausgezahlt.

In der Mitgliederversammlung wird von einem konkreten Fall berichtet, der aber kein Einzelfall bleiben dürfte. Bei der Antragstellung wird abgefragt, ob die Berechtigten schon eine Leistung der Kirchen in Höhe von 5000 Euro erhalten haben. Zu dieser Zahlung hatten sich die Kirchen in NRW bereiterklärt, um erlittenes Leid, insbesondere sexuellen Missbrauch, anzuerkennen. Diese Zahlung wird jetzt aber von den 9000 Euro abgezogen. "Die eine Hand nimmt wieder weg, was die andere gibt", kritisiert Uwe Werner vom Vorstand der Community diese Regelung, die in der Stiftungssatzung zu finden ist. Die Mitgliederversammlung entschied, eine Resolution zu verfassen und sie Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, bei deren Ministerium die Stiftung angesiedelt ist, zukommen zu lassen. Auch die eine Million, die für die wissenschaftliche Aufarbeitung vorgesehen ist, sehen die Betroffenen kritisch. "Die ehemaligen Heimkinder, die das Leid erfahren haben, bekommen 9000 Euro, ein Professor bekommt 25.000 Euro für eine Studie", vergleicht Uwe Werner.

"Viele der Betroffenen, denen als Kinder so viel Leid und Unrecht angetan wurde, haben im späteren Leben nie die Kurve gekriegt", sagt der Vereinsvorsitzende. "Wir müssen auch für die sprechen, die ihr Recht nicht einfordern können. Wenn wir noch jünger wären, würden wir anders kämpfen. Aber jetzt geht es darum, schnell zum Ziel zu kommen."

Die ehemaligen Heimkinder planen auch, ein internationales Symposium im nächsten Frühjahr zu veranstalten und ihr eigenes Material zu den Vorgängen in den Heimen auszustellen. "In Österreich ist das schon passiert. Daraufhin hat es eine Gedenkveranstaltung in der Nationalversammlung gegeben und die Betroffenen bekommen heute eine monatliche Rente von 300 Euro", sagt Werner.

(arie)
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